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Nach Tod von Benedikt XVI.: Wann gibt es wieder zwei Päpste?


Rücktritt schuf Besonderheit
Wann treffen sich je wieder zwei Päpste?

  • Lars Wienand
Von Lars Wienand

31.12.2022Lesedauer: 4 Min.
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Zwei Päpste: Der emeritierte Papst Benedikt XVI. mit seinem Nachfolger Papst Franziskus im Oktober 2019.Vergrößern des Bildes
Zwei Päpste: Der emeritierte Papst Benedikt XVI. mit seinem Nachfolger Papst Franziskus im Oktober 2019.

Mit dem Tod von Papst Benedikt XVI. endet die Zeit von zwei Päpsten gleichzeitig. In naher Zukunft könnte es das aber wieder geben.

Am 11. Februar 2013 war es urplötzlich vorbei mit einem Kalauer: "Treffen sich zwei Päpste ...", das sollte jetzt Realität werden: An dem Tag kündigte Benedikt XVI. während eines Konsistoriums an, zum Ende des Monats Februar "auf das Amt des Bischofs von Rom, des Nachfolgers Petri, […] zu verzichten". Als dann am 13. März das Konklave Papst Franziskus zum neuen Oberhaupt der Katholischen Kirche wählte, gab es sie tatsächlich: zwei lebende Päpste, den Papst und den emeritierten Papst. 3.580 Tage währte die ungewöhnliche Konstellation.

Video | Der emeritierte Papst Benedikt XVI. ist tot
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Quelle: t-online

Benedikt XVI., der am Silvestertag um 9.34 Uhr im Alter von 95 Jahren gestorben ist, hatte gespürt, wie ihn die Kräfte verlassen – und 2013 die aufsehenerregende Entscheidung getroffen: Er sei "zur Gewissheit gelangt", dass seine Kräfte infolge des vorgerückten Alters nicht mehr geeignet seien, "um in angemessener Weise den Petrusdienst auszuüben". Benedikt wurde mehr als zwei Jahre älter als der älteste Papst der Geschichte, es wären sehr lange Amtsjahre für ihn geworden.

Verbindung zum zurückgetretenen Mittelalter-Past

Als Papst Benedikt seinen bevorstehenden Verzicht erklärte, erschienen zwei Besuche von ihm plötzlich in ganz anderem Licht: Der zweite Papst in der Geschichte der Kirche, der sein Amt niedergelegt hatte, hatte viel Zeit dem Papst gewidmet, der als erster freiwillig seinen Amtsverzicht erklärt hatte. Wegen dieser Verbindung tauchte bald die nie letztlich beantwortete Frage auf: Wie lange hatte Benedikt XVI. sich schon mit dem Gedanken ans Aufhören beschäftigt?

Eine ungewöhnliche, damals aber wenig beachtete Geste im April 2009 rückte nachträglich noch einmal ins Bewusstsein: Drei Wochen nach dem schweren Erdbeben in L'Aquila hatte er nicht nur die Überlebenden der Katastrophe besucht, sondern auch die Basilika Santa Maria di Collemaggio. Inmitten der Zerstörung war der Glasschrein von Papst Coelestin V. unversehrt geblieben. Coelistin V. war der Papst, der im Jahr 1294 nur wenigen Monate nach der Papstwahl seinen Verzicht erklärt hatte und zum Einsiedler wurde. Es war eine Zeit der zwei Päpste.

Coelestin hatte Rücktritts-Regel geschaffen

Auf dem Schrein seines Vorgängers legte Benedikt XVI. nach einem kurzen Gebet die weiße Wollstola nieder, die er nach seiner Papstwahl 2005 auf die Schultern genommen hatte. Das "Pallium" genannte Textilstück signalisiert die Autorität des Kirchenoberhaupts. Es könnte das Zeichen gewesen sein, dass der Deutsche Joseph Ratzinger sich dem Italiener Pietro Angelari nahe fühlte, der 1294 gegen seinen Willen zum Papst Coelistin V. wurde.

Nach unterschiedlichen Angaben war er da 79 oder sogar schon 84 Jahre alt und gab nach fünf Monaten das Amt ab, um wieder sein früheres Leben führen zu können. Vor seinem Rücktritt hatte er verfügt, dass es Päpsten möglich ist, das Amt an die Kardinäle zu übertragen. Es war der Grundstein für den Rücktritt von Benedikt XVI.

Die Zeit nach dem Rücktritt von Coelistin V. war allerdings nicht der einzige Zeitraum in der bewegten und von Machtkämpfen reichen Geschichte der römisch-katholischen Kirche, in der es mehrere Päpste gab: Die Kirchengeschichte kennt vom 3. Jahrhundert bis 1449 reichlich Gegenpäpste, die in Konkurrenz zu einem gewählten Papst von konkurrierenden Machthabern zum Papst ernannt wurden, und bei denen manchmal nicht klar war, wer der rechtmäßige Papst war. Päpste mussten gegen ihren Willen abdanken.

Einen freiwilligen Rückzug eines Papstes hatte Joseph Ratzinger noch öffentlich abgelehnt, als sein Vorgänger Johannes Paul II. unter den Augen der Welt litt: Der Papst habe eine einzigartige Verantwortung, die ihm von Gott anvertraut worden sei und die nur dieser zurücknehmen könne, sagte Ratzinger in einem TV-Interview. Als Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre und Dekan des Kardinalskollegiums war er Johannes Pauls II. enger Begleiter in theologischen und kirchenpolitischen Fragen und erlebte das Leiden aus nächster Nähe mit.

Franziskus: "Benedikt hat die Tür geöffnet"

Er gab in dem Interview aber nur wieder, was die beiden letzten betagten Päpste erklärt hatten: So sei "Vaterschaft nicht kündbar", hatte Paul VI. verkündet, Papst von 1963 bis 1978 und mit 80 Jahren verstorben. Johannes Paul II., auf dem Heiligen Stuhl von 1978 bis 2005, hielt trotz schwerer Krankheit bis zu seinem Tod mit 84 Jahren an seiner Überzeugung fest, dass "man nicht vom Kreuz heruntersteigt".

Benedikt XVI., der 265. Papst, brach im Alter von 85 Jahren mit der ungeschriebenen Regel. Er verstand sein neues Leben aber anders als vor ihm Papst Coelistin V. "Eine Rückkehr in die Privatsphäre kann es nicht mehr geben. (...)", erklärte er am vorletzten Amtstag. "Ich gebe das Kreuz nicht auf, sondern bleibe auf neue Weise an der Seite des gekreuzigten Herrn." Einmal Papst, immer Papst, wenn auch nicht mehr in der Ausübung des Amtes.

Er nahm den Titel eines emeritierten Papstes an und trug weiterhin eine weiße Soutane. "Es war eine schwierige Entscheidung", zog er Ende Februar 2021 in einem seiner sehr seltenen Interviews bei "La Stampa" Bilanz. "Aber ich habe es nach bestem Wissen und Gewissen gemacht, und ich denke, ich habe das Richtige getan."

Sein Nachfolger Franziskus ist gerade 86 geworden und hat auch schon über das Ende seiner Amtszeit nachgedacht. "Im Moment habe ich nicht das Gefühl, dass der Herr dies von mir verlangt", verriet er dem mexikanischen Sender Televisa über einen Rücktritt. "Wenn ich das Gefühl hatte, dass er mich darum bittet, dann ja." Er wolle dann als emeritierter Bischof von Rom Beichten abnehmen. Benedikt habe mit großem Mut die Tür geöffnet, hatte er dem gleichen Sender bereits 2015 gesagt. "Heute sollte ein emeritierter Papst nicht als außergewöhnlich angesehen werden."

Es könnte sich also wieder zwei Päpste treffen.

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