Irans Waffengewalt | Fünfjährige erblindet: "Mein Augapfel explodiert"

Die regimekritischen Proteste im Iran halten seit mehr als sieben Monaten an. Wie brutal das Regime gegen die Demonstrierenden vorgeht, enthüllt ein neuer Bericht.

Das iranische Regime lässt systematisch auf die Augen von Demonstrierenden schießen und setzt damit Erblindung als Waffe gegen die regimekritischen Proteste ein. Das berichtet "IranWire". Das Nachrichtenportal sprach mit über 30 Betroffenen und veröffentlichte deren Geschichten. Insgesamt sollen den Berichten zufolge allein in Teheran und Kurdistan mindestens 580 Demonstrierende ein oder beide Augen verloren haben.

Die sogenannten Sicherheitskräfte des Landes, die eng mit dem Regime des Landes verknüpft sind, scheinen wahllos und absichtlich mit Pellets, Tränengas, Paintball-Geschossen und anderen Projektilen auf die Augen der Demonstrierenden zu schießen.

Ziel sei es, die Menschen einzuschüchtern, damit sie sich nicht an den Protesten gegen das Regime beteiligen, schreibt "IranWire". Laut Ärzten und Psychologen sei der Verlust eines Auges eine der traumatischsten Erfahrungen, die ein Mensch erleben kann. Bilder und Berichte der Betroffenen zeugen von hoher Brutalität.

Fünfjährige von 20 Metallkugeln getroffen

Unter den Opfern ist die fünfjährige Benita Kiani Flavarjani. Sie spielte dem Bericht von "IranWire" zufolge im November mit ihrer Cousine im Haus ihres Großvaters in der Stadt Isfahan. Als sie Schüsse hörten, gingen die beiden Mädchen auf den Balkon des Hauses, ihre Mutter konnte sie nicht mehr zurückhalten.

Auf dem Balkon trafen etwa 20 von der Polizei abgefeuerten Metallkugeln den Kopf des Mädchens. Im Haus habe das Mädchen geschrien: "Ich brenne, ich brenne." In ihrem Kopf steckten mindestens 16 Kugeln, sie verlor ihr rechtes Auge. Die Behörden sollen die Familie unter Druck gesetzt haben, über den Vorfall zu schweigen, heißt es in dem Bericht.

"Schluchzen vor Schmerz"

Die Schüsse auf Augen begannen den Recherchen von "IranWire" zufolge bereits zu Beginn der Proteste im September 2022 nach dem Tod der Kurdin Jina Mahsa Amini. Bereits während der ersten Woche der landesweiten Proteste wurde der Kurdin Elaheh Tavakolian ins Gesicht geschossen. Sie verlor auf einem Auge ihre Sehkraft.

Auf Instagram postete sie ein Video von sich im Krankenhaus und schrieb auf Persisch: "Die Welt darf mein Flehen, mein Stöhnen und mein Schluchzen vor Schmerz nicht vergessen." Mittlerweile werden Bilder von ihr mit einem weißen Herz auf ihrem verlorenen Auge weltweit von Demonstrierenden verbreitet.

43-Jähriger wollte Frau helfen und verliert ein Auge

Behzad Hamrahi verlor sein linkes Auge, als er am 15. November gegen das Regime demonstrierte. Er habe einer Frau geholfen, die von Sicherheitskräften an ihren Haaren mitgezogen wurde. Hamrahi habe sie befreit, als die sogenannten Sicherheitskräfte ihm "aus nächster Nähe mit einem Paintball ins Auge" schossen, erzählt er "IranWire". Der Paintball habe seine Brille zerbrochen und sei in sein Auge eingedrungen.

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Bewaffnete Bereitschaftspolizisten schleppten ihn dem Bericht zufolge über den Parkplatz, während sie ihn traten und mit Schlagstöcken schlugen. Sein Auge habe stark geblutet. Sein Augapfel musste entfernt und gegen einen künstlichen ersetzt werden. Es vergehe kein Moment, in dem er nicht daran denke, was an dem Abend passiert ist. "Jeden Moment höre ich, wie mein Augapfel explodiert", zitiert "IranWire" den 43-Jährigen.

Die Tatsache, "dass Augenklappen unter Demonstrierenden im Iran zu einem Symbol des Stolzes geworden sind", zeige eine klare Verbindung zwischen den Demonstrationen und der Erblindung als Waffe zur Unterdrückung der Proteste.