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Wahl in den Niederlanden: Wer ist Rechtspopulist Geert Wilders eigentlich?


Wahlsieger Geert Wilders
Dafür zahlt der "niederländische Trump" einen hohen Preis


23.11.2023Lesedauer: 4 Min.
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Geert Wilders: Er lässt sich nach Bekanntwerden der ersten Wahlprognose von seinen Anhängern feiern. (Quelle: reuters)

Geert Wilders wird nach 25 Jahren ziemlich sicher die Oppositionsbank verlassen. Der 60-Jährige hetzt viel gegen Muslime. Dafür zahlt der Wahlsieger einen hohen Preis.

Im dunkelblauen Anzug und mit roter Krawatte kam Geert Wilders zu seiner Wahlparty am Mittwochabend. Mit seinen wasserstoffblondierten und zurückgelegten Haaren, der gebräunten Haut ähnelt Wilders einmal mehr seinem großen Vorbild: Donald Trump.

Nicht umsonst wird Wilders immer wieder mit dem Ex-US-Präsidenten verglichen, beide ähneln sich sowohl optisch als auch inhaltlich. Nach knapp 25 Jahren auf der Oppositionsbank kommt Wilders Trump auch im nächsten Schritt etwas näher – an die Macht nämlich. "Die Niederländer müssen wieder Nummer eins sein", sagte er am Mittwochabend. Die Parallelen zu Trumps Slogan "Make America great again" (zu Deutsch: Amerika wieder groß machen) – sicher nicht zufällig.

Wilders holte auf den letzten Metern einen Wahlsieg

Am Mittwoch wählten die Niederländer ein neues Parlament. Mark Rutte, 13 Jahre Ministerpräsident, trat nicht mehr an. Rutte von der VDD hatte immer eine Koalition mit Wilders rechtspopulistischer "Partei für die Freiheit" (PVV) ausgeschlossen. Seine Nachfolgerin, Dilan Yesilgöz, wollte keine Koalition ausschließen, übernahm sogar Themen von Wilders. Erst dadurch ebnete sie ihm den Weg zum Wahlsieg, analysieren erste Experten.

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Yesilgöz lag lange vor Wilders, dazu stieg mit Frans Timmermans ein politisches Schwergewicht für die Grünen und Sozialdemokraten in den Wahlkampf ein, er trat extra als Klima-Kommissar in Brüssel zurück. Wilders hat erst in den vergangenen Tagen den großen Rückstand aufgeholt und den Wahlkampf bis zum Schluss spannend gehalten. Noch am Mittwoch gingen Beobachter von einem Kopf-an-Kopf-Rennen aus, am Ende gewann Wilders deutlich, holte 37 Sitze im Parlament. Von einem "Monstersieg" schreibt die niederländische Tageszeitung "De Volkskrant" am Tag nach der Wahl.

Knapp 25 Jahre Oppositionsbank

Bei der ersten Hochrechnung (da waren erst 35 Sitze für die PVV sicher) konnte Wilders es offenbar selbst nicht glauben. Ungläubig reißt er die Arme hoch, nimmt die Hände vors Gesicht, strahlt übers ganze Gesicht. Das Video dazu hat er selbst auf X (vormals Twitter) geteilt.

Video | Laut Hochrechnung Wilders bei Wahl vorn
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Quelle: reuters

Wilders, der immer wieder gegen Einwanderer und den Islam hetzte, hat selbst einen Migrationshintergrund. Der 60-Jährige ist Kind einer niederländisch-indonesische Mutter und eines niederländischen Vaters. Wilders arbeitete in der Versicherungsbranche. Früher war der Wahlsieger Mitglied in der konservativen VDD, betreute einst den jungen Rutte als Abgeordneten. Dann kam es aber zum Bruch und Wilders gründete seine eigene Partei. Wilders ist alleiniges Mitglied der PVV, politische Ausrichtung und Listen für die Wahlen kann der Rechtspopulist dadurch allein auswählen. Seit 1998 sitzt er im niederländischen Parlament – immer auf der Oppositionsbank.

Schuldig gesprochen, aber straffrei geblieben

2010 stützte Wilders PVV die Koalition von Rutte, ohne selbst Mitglied in der Regierung gewesen zu sein. Als nach 18 Monaten die Minderheitsregierung zerbrach, weil sich die Parteien über Sparmaßnahmen verkrachten, wurde Wilders gemieden.

Wilders erzeugte immer wieder Aufruhr, wurde schon wegen Volksverhetzung angeklagt. Am Wahlabend 2014 rief er seinen Anhängern zu: "Wollt ihr in dieser Stadt und in den Niederlanden mehr oder weniger Marokkaner?" Die Menge rief "weniger, weniger", Wilders versprach, "das" zu regeln. Schnell kamen Vergleiche zu Joseph Goebbels Sportpalastrede ("Wollt ihr den totalen Krieg?") auf. 2020 wurde er dafür wegen der Beleidigung zwar schuldig gesprochen, eine Strafe verhängte das Gericht allerdings nicht.

Wilders zahlt für sein Auftreten ohnehin einen hohen Preis: Er steht permanent unter Polizeischutz, seine Wohnanschrift ist – wie es sonst in den Niederlanden für Abgeordnete üblich ist – nicht öffentlich. Deshalb tritt er auch selten im Wahlkampf auf, nutzt – wie Trump früher – hauptsächlich die Plattform X, um seine Positionen zu verbreiten.

Zwei Katzen haben eigenen X-Account

2009 verweigerte ihm die britische Regierung die Einreise ins Vereinigte Königreich. Dort wollte er seinen 15-minütigen Film "Fitna" vorführen, in dem er den Koran als "faschistisches Buch" kritisiert. Außerdem verknüpft er Koranverse mit Aufnahmen von Terroranschlägen. Der Film rief einen Aufschrei in der muslimischen Welt hervor.

Wilders ist seit 1992 verheiratet, seine Frau ist in Ungarn geboren. Viel ist über sein Privatleben nicht bekannt. Öffentlich macht Wilders nur, wie die beiden Katzen Snoetje und Pluisje leben. Beide haben einen eigenen X-Account.

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Zu Russland scheint Wilders und seine PVV gute Kontakte zu haben. Der Kreml versucht seit zehn Jahren Beziehungen zur Partei aufzubauen, 2018 – und damit nach der rechtswidrigen Krim-Annexion – war Wilders selbst zu Gast in Moskau. Aus der Duma, dem russischen Parlament postete er ein Foto (wieder auf X) mit den Worten: "From Russia With Love" (zu Deutsch: Aus Russland mit Liebe).

Offenbar gibt es auch engere Verbindungen zum Kreml. Ein PVV-Abgeordeter war als "Wahlbeobachter" auf russische Kosten zu Gast in Moskau, berichtet die Investigativplattform "Follow the Money". Die PVV kritisierte auch zuletzt immer wieder die Sanktionen gegen Russland und Waffenlieferungen an die Ukraine. Erst im vergangenen Jahr votierte Wilders Partei als einzige gegen Untersuchungen, die zeigen sollten, wie Parteien aus dem Ausland unterstützt werden.

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Wilders fordert immer noch einen "Nexit"

Nach seiner eher zunehmenden Radikalisierung zeigte sich Wilders in diesem Wahlkampf eher gemäßigter. "Was wir vom Islam halten, steckt in unserer DNA", sagte Wilders dem Deutschlandfunk. "Das ist bekannt." Jahrelang trat er als Ein-Mann-und-ein-Thema-Partei auf, dieses Mal hielt er sich mit Hass auf den Islam und Muslimen zurück, spielte vor allem die sozialpolitische Karte. Er setzte vielmehr auf die Themen Einwanderung, Asyl (beides weniger), Gesundheit, Pflege (beides mehr) und die Existenzängste der Bevölkerung.

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Gemäßigt ist Wilders aber auch mit 60 Jahren noch nicht: Auch dieses Mal setzte er auf ein Referendum für den "Nexit", den Austritt der Niederlande aus der Europäischen Union, und auf einen "Asylstopp". In dem Grundsatzprogramm der PVV schreibt Wilders: "Asylbewerber schlemmen an köstlichen kostenlosen Kreuzfahrtschiff-Buffets, während niederländische Familien bei den Lebensmitteln sparen müssen."

"Ich denke, dass wir uns in vielen Dingen einigen können", sagte Wilders dem Deutschlandfunk vor der Wahl. Nun wird sich zeigen, wie kompromissfähig Wilders ist. Er muss eine Koalition aus mindestens drei Parteien schmieden. Noch ist sein Einzug in das "Torentje", den Amtssitz der niederländischen Ministerpräsidenten, nicht sicher.

Verwendete Quellen
  • X-Account von "Wilderspoezen"
  • X-Account von "Geertwilderspvv"
  • uni-muenster.de: "Geert Wilders", aufgerufen über web.archive.org
  • fr.de: "Sieger der Niederlande-Wahl: Das ist Geert Wilders"
  • deutschlandfunk.de: "Niederlande: Ist der neue Geert Wilders koalitionsfähig?"
  • volkskrant.nl: "Monsterzege Wilders zet hele politieke bestel onder hoogspanning" (niederländisch)
  • apnews.com: "Dutch election winner Geert Wilders is an anti-Islam firebrand known as the Dutch Donald Trump" (englisch)
  • france24.com: "Wilders: firebrand 'Dutch Trump' finally wins big" (englisch)
  • orf.at: "Niederlande: Rechtspopulist Wilders schuldig gesprochen"
  • ftm.nl: "Gelekte documenten bewijzen tot nu toe onbekende connecties tussen Rusland en de PVV" (niederländisch)
  • nltimes.nl: "Leaked documents show connections between PVV and Russia" (englisch)
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