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Putin besucht Kaliningrad – ist das eine Warnung für die Nato?


Spannungen im Baltikum
Hat Putin mit diesem Besuch der Nato eine Warnung geschickt?

Von t-online, wan

Aktualisiert am 26.01.2024Lesedauer: 4 Min.
Wladimir Putin (l.) mit dem Arzt Kirill Barinow in Kaliningrad: Sein Besuch in der Enklave dürfte ein Signal an die Nato sein.Vergrößern des BildesWladimir Putin (l.) mit dem Arzt Kirill Barinow in Kaliningrad: Sein Besuch in der Enklave dürfte ein Signal an die Nato sein. (Quelle: IMAGO/Gavriil Grigorov/imago-images-bilder)
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Der russische Präsident Wladimir Putin fliegt zur Stippvisite nach Kaliningrad – und setzt damit auch ein Zeichen.

Schweden schickte zur Sicherheit schon mal Kampfjets in die Luft, als ein russisches Flugzeug in den Luftraum Richtung Ostsee flog. An Bord war kein anderer als Präsident Wladimir Putin, sein Ziel: die Enklave Kaliningrad. Dort ist nicht nur ein Teil der baltischen Flotte Russlands stationiert, sie grenzt auch direkt an den Nato-Staat Polen. Dort befindet sich die sogenannte Suwałki-Lücke. Der nur rund 100 Kilometer schmale Grenzstreifen trennt Belarus und Kaliningrad. Es ist die einzige Landverbindung zwischen Litauen und Polen. Russland könnte diese bei einem Angriff schließen und den baltischen Staaten so den Landweg zu ihren Nato-Verbündeten abschneiden.

Der Besuch von Putin sei geplant gewesen und kein Signal an die Nato, betonte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Einen Tag zuvor hatte das noch anders geklungen: Da warnte er nach Angaben der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Ria noch von einer Gefahr für Kaliningrad. Diese werde von den baltischen Staaten genährt, die zuletzt häufiger über eine militärische Bedrohung durch Russland sprachen.

Wollte Putin wirklich nur eine Universität in der Enklave besuchen und mit dem Gouverneur plauschen? Für den russischen Präsidenten spielt Symbolik eine große Rolle. Der Flug seiner Präsidentenmaschine nahe der Grenzen zu Estland, Litauen und Lettland dürfte ein Signal gesendet haben: Putin kann sich hier frei bewegen.

Expertin: Putin schickt klares Signal

Der Besuch kommt zu einer Zeit, in der mit dem Beitritt Finnlands zur Nato und dem baldigen Beitritt Schwedens die Ostsee und damit das Baltikum mehr oder weniger vom transatlantischen Verteidigungsbündnis kontrolliert werden. Der lettische Armeechef Leonīds Kalniņš hatte vor wenigen Tagen erst gefordert, das Gebiet unter Nato-Kontrolle zu stellen und es für russische Schiffe zu sperren.

Camille Grand vom European Council on Foreign Relations sagte dem britischen "Telegraph", dass der Besuch gleich mehrere Botschaften habe. Zum einen habe Putin den etwa 490.000 Bewohnern der Enklave versichert, dass sie Teil Russlands seien. "Meiner Ansicht nach war es aber ein klares Signal, dass das baltische Meer nach den Beitritten von Finnland und Schweden nicht Nato-Gebiet ist", so Grand. Putin habe vielmehr verdeutlicht, dass Russland in Kaliningrad militärisch gut aufgestellt sei.

Lawrow appelliert an Überlebensinstinkt westlicher Länder

Am Mittwoch hatte Putins Außenminister Sergej Lawrow den Westen vor einem Krieg mit Russland gewarnt. Bei einer Pressekonferenz in New York sagte er nach Angaben des US-Magazins "Newsweek", er hoffe, dass die Länder, die über eine Vorbereitung auf einen Krieg reden, einen Überlebensinstinkt haben.

Kaliningrad war schon immer eine russische Festung, seit 2021 wird die Enklave militärisch massiv ausgebaut. Nach Informationen des amerikanischen Centers for Naval Studies (CNA) soll dort unter anderem das 11. Armeekorps mit etwa 18.000 Soldaten stationiert sein. Es habe Panzer und gepanzerte Fahrzeuge als Ausrüstung. Zur baltischen Flotte gehörten dort demnach 52 Schiffe, darunter auch vier neue Korvetten, die Marschflugkörper abschießen könnten sowie ein U-Boot. Der Hafen sei auch deshalb wichtig, weil er das ganze Jahr über eisfrei ist. Auf Land seien außerdem mehrere Raketenabschussrampen gebaut worden. In Kaliningrad sollen auch Atomsprengköpfe lagern. Das hat Russland allerdings nicht offiziell bestätigt.

GPS-Störungen sollen aus Kaliningrad kommen

Dass es nicht nur bei Warnungen bleibt, zeigen jüngste Berichte über elektronische Störsender in der Ostsee und ihren Anrainerstaaten. Von dort wurden in den vergangenen Monaten vermehrt Störungen des GPS-Signals gemeldet. Der schwedische Militärsprecher Joakim Paasikivi sagte lokalen Medien, dass er die GPS-Störungen als russische Einflussnahme oder Teil einer hybriden Kriegsführung sehe. Diese kämen offenbar aus Kaliningrad.

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"Es sieht so aus, als ob zumindest ein Verdächtiger der Störattacken aus Kaliningrad ein geheimer russischer Cyber-Komplex mit dem Namen Kobol ist", schrieb Erik Kannike, ein Software-Ingenieur aus Estland, auf der Plattform X. Er beschäftigt sich schon seit Jahren mit russischen Störsendern. "Es gibt mindestens zehn Tobol-Einrichtungen, und eine ist in Kaliningrad", schrieb er.

"Die Möglichkeit, dass die russischen Cyber-Kapazitäten in der Oblast Kaliningrad so erhebliche Auswirkungen auf Polen und die baltische Region haben könnten, ist bemerkenswert", erklärte das amerikanische Institute for the Study of War (ISW) vergangene Woche.

Institut: Russland kann in weniger als fünf Jahren angreifen

Die Bedrohung der baltischen Staaten und damit auch Westeuropas wird mittlerweile von Experten als real angesehen. Die estnische Nachrichtenseite "Estonianworld" zitierte einen Bericht des Center for European Policy Analysis (CEPA), wonach sich ein Konsens über die Schwere und das Ausmaß der von Russland ausgehenden Bedrohung abzeichne. Es gebe allerdings noch keine Einigkeit darüber, wie man dieser begegnen solle.

Putins Besuch in Kaliningrad und die damit verbundene Symbolik dürfte den politisch Verantwortlichen vor Augen geführt haben, dass eine solche Einigung wohl dringlich ist. "In weniger als fünf Jahren könnte Russland wieder so weit aufrüsten, dass es zumindest die baltischen Staaten bedroht. Es stellt sich die Frage, ob die übrige Region innerhalb der Nato und erforderlichenfalls an der Seite der Nato schnell genug handeln kann, um ihre Widerstandsfähigkeit, Verteidigung und Abschreckung zu stärken", heißt es in dem CEPA-Bericht.

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