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Migranten an Belarus-Grenze: Polen will Soldaten Waffeneinsatz erlauben


Grenze zu Belarus
Polen: Soldaten dürfen Migranten bald mit Schüssen abwehren

Von t-online, cck

Aktualisiert am 27.07.2024Lesedauer: 3 Min.
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Migranten auf der belarussischen Seite der Grenze: Ein polnischer Soldat starb kürzlich, nachdem er von einem mutmaßlichen Migranten mit einem Messer attackiert wurde. (Quelle: Attila Husejnow/imago-images-bilder)
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Die Lage an der Grenze zu Belarus eskaliert immer wieder. Nun will die Regierung den Sicherheitskräften deutlich mehr Freiheiten einräumen.

Das polnische Parlament hat ein Gesetz beschlossen, das den Sicherheitsdiensten den Einsatz von Gewalt, einschließlich Schusswaffen, in bestimmten Situationen an der Grenze ermöglicht. So soll die strafrechtliche Verantwortung aufgehoben werden, wenn Sicherheitskräfte an der Grenze in Notwehr handeln oder "Angriffe an der Grenze" abwehren. Das Gesetz geht nun an den Senat und anschließend an den Präsidenten Andrzej Duda, bevor es rechtskräftig werden kann.

Im Parlament, dem Sejm, stimmte eine überwältigende Mehrheit von 401 Abgeordneten dafür, 17 waren dagegen. Und auch in der polnischen Bevölkerung stößt das Vorhaben Umfragen zufolge auf Unterstützung. Eine Umfrage, die die Zeitung "Rzeczpospolita" veröffentlichte, ergab, dass rund 86 Prozent der Meinung sind, dass Soldaten Waffen einsetzen dürfen, um gewaltsame Migranten abzuwehren. Doch es gibt auch deutliche Kritik von offiziellen Stellen.

Große Zweifel an Verfassungsmäßigkeit

Der polnische Ombudsmann für Menschenrechtsfragen, Marcin Wiącek, merkte bereits an, dass er große Zweifel habe, dass das Gesetz mit der Verfassung vereinbar ist und kritisierte, dass die Voraussetzungen für die Strafbefreiung sehr vage definiert seien. Das Wichtigste im Staat sei die gesetzliche Garantie dafür, dass niemandem sein Leben in einer anderen Situation als der absoluten Notwendigkeit entzogen werde, sagte er vergangene Woche laut der Zeitung "Gazeta Prawna".

Auch Michael O’Flaherty, Menschenrechtskommissar des Europarats, zu dem etwa der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gehört, warnte Polen, dass dieses Gesetz sowie weitere Maßnahmen an der Grenze internationales Recht verletzten. So gebe es hinreichende Beweise, dass Menschen abgeschoben worden sind, obwohl sie zuvor um Asyl in Polen gebeten haben.

Video | So hat Polen seine Grenze hochgerüstet
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Die Situation an der Grenze ist ein zentrales Thema der polnischen Innenpolitik. Seit 2021 reisen verstärkt Migranten aus Staaten wie Syrien und Irak über die Grenze in die EU ein, fliegen zuvor nach Belarus oder Russland. Polen und die EU werfen Belarus und Russland vor, die Migrationsbewegung zu orchestrieren. Als Reaktion errichtete Polen einen Grenzzaun an weiten Teilen der Grenze, das unterband die Migrationsroute allerdings nicht. Lesen und sehen Sie hier Eindrücke von der Grenze. Polen sieht die illegalen Einreisen als ein Instrument der hybriden Kriegsführung von Russland und Belarus gegen die EU.

21-jähriger Soldat an Grenze erstochen

Die Armee und der Grenzschutz berichten zudem immer wieder von eskalierender Gewalt an der Grenze zu Belarus. Im Mai war ein 21-jähriger polnischer Soldat getötet worden. Ein Migrant soll ihn durch den Grenzzaun hindurch erstochen haben, das Messer war mit Klebeband an einem Stock befestigt worden. Der Vorfall sorgte in Polen für einen Aufschrei. Kurz darauf musste ein Staatsanwalt seinen Posten räumen, nachdem seine Behörde vier Soldaten festnehmen ließ. Sie hatten mehrere Warnschüsse abgegeben, als eine Gruppe von Migranten versuchte, den Grenzzaun zu überwinden – erst in die Luft, dann auf den Boden. Ihre Festnahme löste in Polen eine Welle der Empörung aus.

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Innenminister Tomasz Siemoniak sagte laut der US-Nachrichtenagentur Reuters, das Gesetz sende jetzt "ein klares Signal der Unterstützung an die Menschen in Uniform, die an der Grenze gegen Aggression kämpfen". Verteidigungsminister Wladyslaw Kosiniak-Kamysz erklärte, die Migranten seien keine Asylsuchenden, sondern "Horden von Banditen, die versuchen, polnische Soldaten anzugreifen".

Kritik von Menschenrechtsaktivisten an neuer Regierung

Diese Rhetorik zeichne ein verzerrtes Bild, kritisierte Natalia Ciaston von der Nichtregierungsorganisation We are Monitoring. "Die Darstellung, dass es sich um gefährliche Kriminelle handelt, beruht wahrscheinlich auf einigen Einzelfällen, wie dem Angriff auf einen Soldaten, der natürlich verurteilt werden sollte, aber nicht auf alle anderen projiziert werden darf."

Menschenrechtsgruppen in Polen hatten gehofft, dass die Regierung unter Premierminister Donald Tusk die harte Linie der vorherigen nationalistischen Regierung aufgeben würde. Marcin Wolny von der Helsinki Foundation for Human Rights sagte der Nachrichtenagentur Reuters: "Ich glaube, die Regierung ist in die Fußstapfen ihrer Vorgänger getreten, weil es bequem war."

Verwendete Quellen
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