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Genf: USA und China verhandeln im Zollstreit


Gespräche in Genf für USA und China
Es geht darum, das Gesicht zu wahren

Von t-online, reuters
Aktualisiert am 11.05.2025 - 09:52 UhrLesedauer: 4 Min.
USA-TRUMP/TARIFFS-TARIFFS-FORMULAVergrößern des Bildes
Donald Trump: Der US-Präsident hat Zölle gegen etliche Länder verkündet. (Quelle: Carlos Barria/reuters)
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Die USA und China beraten in Genf über einen Ausweg aus dem Zollstreit. Dabei geht es um mehr als nur den Handel zwischen beiden Ländern.

China und die USA setzen am Sonntag in Genf ihre vertraulichen Gespräche zur Beilegung ihres Zollkriegs fort. Nach einem offenbar für beide Seiten vielversprechenden ersten Treffen am Samstag geht es aus Sicht von Beobachtern darum, aus einer Situation herauszukommen, in der beide Seiten eigentlich nur verlieren können. Dabei gilt es, nach dem Auftürmen der Zollhürden, das Gesicht zu wahren. China steht im Zentrum des Handelskriegs von US-Präsident Donald Trump.

Trump lobte die Gespräche. Beide Seiten hätten "einen vollständigen Neustart … auf freundschaftliche, aber konstruktive Weise" ausgehandelt. "Ein sehr gutes Treffen heute mit China in der Schweiz. Vieles wurde besprochen, vieles vereinbart", schrieb er danach auf seiner Online-Plattform Truth Social. "Wir wollen zum Wohle Chinas und der USA eine Öffnung Chinas für amerikanische Unternehmen. Große Fortschritte!!"

Ein Blick auf die Gespräche – und warum sie auch für Deutschland und die EU wichtig sind:

USA oder Zur Kasse bitte

Wenige Stunden vor den Gesprächen hatte Donald Trump seinen Standpunkt noch einmal wiederholt: "China sollte seinen Markt für die USA öffnen – das wäre so gut für sie!!!" Zugleich hatte er ein erstes Lockangebot hinterhergeschoben und die Zahl von "80 Prozent Zoll auf China" in den Raum gestellt. Dies erscheint noch immer hoch, doch im April hatte der Republikaner einen Zoll von 145 Prozent auf chinesische Waren angeordnet, den die Volksrepublik mit einem Gegenzoll von 125 Prozent auf amerikanische Güter konterte.

  • Jobs: Kehrt die Industrie zurück und produziert in den USA, um Zölle zu vermeiden, entstehen dadurch auch neue Arbeitsplätze. Auch in der für Trump wichtigen Industriearbeiterschaft
  • Staatseinnahmen: Zölle auf Einfuhren spülen Geld in die US-Staatskasse, im Gegenzug lassen sich Steuern senken.

Wirtschaft funktioniert zwar etwas komplexer, aber für Trump ist es erst einmal so simpel. Mit Blick auf China kommt noch ein strategischer Punkt hinzu. Das Land ist ein wichtiger Rivale im indopazifischen Raum – geopolitisch, militärisch und auch technologisch.

China – Gefahr für den Aufstieg

China ist längst mehr als die Fabrik der Welt. Das Land ist Hochtechnologieland – was nicht nur Deutschlands Automobilwirtschaft im Wettbewerb um Anteile bei der Elektromobilität merkt.

Die USA sind der wichtigste Markt für chinesische Unternehmen. Doch treffen die Zölle das Land längst hart. So haben die USA auch Aufschläge für Schiffe verhängt, die in China gefertigt wurden und US-Häfen anlaufen. Unternehmen wie Apple verlegen ihre Produktion von China nach Indien. Trumps Zollpolitik gefährdet den wirtschaftlichen und politischen Aufstieg des Landes.

China antwortet zum einen ökonomisch: Die Einfuhr von Flugzeugen des US-Konzerns Boeing wurde gestoppt. Zum anderen strategisch: Der Export von kritischen Rohstoffen wie seltenen Erden in die USA wurde gekappt. Beide Seiten haben in dem Konflikt viel zu verlieren.

Das Szenario

Die derzeitigen Zollschranken von über 100 Prozent gelten Experten als faktisches Handelsembargo. Als bestes Szenario in diesem frühen Stadium der Verhandlungen könnte eine Senkung auf ein Niveau gelten, das den Warenverkehr in beide Richtungen ermöglicht – auch wenn damit noch immer hohe Belastungen für Unternehmen verbunden wären.

Die beiden Seiten scheinen deutlich weiter voneinander entfernt als während des Handelskonflikts in Trumps erster Amtszeit von 2017 bis 2021. Für das Treffen von US-Finanzminister Scott Bessent und dem US-Handelsbeauftragten Jamieson Greer mit Chinas Vizeministerpräsidenten He Lifeng waren die Aussichten auf ein schnelles Ergebnis dementsprechend mau.

Scott Kennedy, Experte für chinesische Wirtschaftsangelegenheiten am Center for Strategic and International Studies in Washington, erklärte: "Sie werden an diesem Wochenende nichts klären, außer zu versuchen, festzustellen, ob es überhaupt einen Prozess geben wird und welche Tagesordnungspunkte auf dem Programm stehen werden."

Ryan Hass von der Denkfabrik Brookings Institution sagte: "Ich gehe davon aus, dass Peking auf der gleichen 90-tägigen Zollbefreiung bestehen wird, die alle anderen Länder erhalten haben, um günstige Bedingungen für Verhandlungen zu schaffen."

Durchbrüche auf Verhandlungsebene seien jedoch unwahrscheinlich: "Da die US-Entscheidungen zur Erhöhung der Zölle willkürlich getroffen wurden, kann auch eine Entscheidung zur Deeskalation der Zölle willkürlich getroffen werden."

Es geht erst einmal um kleine Schritte. Und für beide Seiten darum, das Gesicht zu wahren.

Ein kleiner Passus im US-UK-Deal

US-Präsident Donald Trump und der britische Premier Keir Starmer erzielten in der vergangenen Woche eine Übereinkunft über einen Handels-Deal zwischen beiden Ländern. So darf Großbritannien jährlich 100.000 britische Autos in die USA zu einem verringerten Zollsatz liefern. Im Gegenzug kauft die britische Wirtschaft jährlich Ethanol im Wert von 700 Millionen Dollar in den USA ein, unter anderem, um damit Bier zu produzieren.

Geben und Nehmen. So steht es im kleinen Memorandum, das das Weiße Haus veröffentlichte. Ein wichtiger Punkt wird unterschätzt: Die USA verankerten einen Passus zu Lieferketten. Entlang "sicherheitsrelevanter Bereiche" soll auf Produkte des strategischen Rivalen China verzichtet werden.

Erst einmal gilt das nur für den Handel zwischen dem Vereinigten Königreich und den USA. Aber China ist alarmiert. Was, wenn das Abkommen zur Blaupause für weitere Handelsdeals, die Trump anstrebt, wird?

Auch deshalb ist China nun zu Verhandlungen in Genf bereit. Das Land muss mit den USA eine Lösung finden.

Die Gespräche in Genf sind auch für die EU und die Exportnation Deutschland wichtig. Scheitert ein Ausgleich zwischen China und den USA, dürften die chinesischen Waren, die einst für US-Kunden vorgesehen waren, auf anderen Absatzmärkten landen. Etwa in Europa. Nicht vorteilhaft für Deutschlands Exportwirtschaft. Und sollte Trump in den Handelsgesprächen mit der EU ebenfalls auf einen China-Passus drängen, drohen wichtige Lieferketten abzureißen, gerade auch für Unternehmen in Deutschland.

In Genf liegt mehr auf dem Tisch als ein Deal zwischen China und den USA.

Verwendete Quellen

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