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Schweiz muss nach Votum gegen Einwanderung mit EU-Maßnahmen rechnen


Nach Zuwanderungsentscheid
Schweiz muss mit EU-Maßnahmen rechnen

Von afp, dpa, ap
Aktualisiert am 10.02.2014Lesedauer: 3 Min.
Der Zuwanderungsentscheid in der SchweizVergrößern des BildesDie Schweiz will zukünftig die Einwanderung ins Land deckeln (Quelle: dpa-bilder)
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Die Schweiz muss mit EU-Maßnahmen gegen die Auswirkungen der Volksinitiative "Gegen Masseneinwanderung" rechnen: "Wir können das nicht widerspruchslos hinnehmen", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament, Elmar Brok (CDU), dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Die EU-Kommission erklärte, sie bedaure den Ausgang der Volksabstimmung und werde "die Folgen dieser Initiative für die Gesamtbeziehungen analysieren".

"Das ist schon ein Schlag", sagte Brok. Die Schweiz genieße große Vorteile, "weil sie ein Stückchen in die Europäische Union integriert ist" und brauche "qualifizierte Arbeitskräfte". In diesem Sinne nannte Brok den Ausgang der Abstimmung "nicht verständlich". Offene Grenzen für Arbeitnehmer gehörten zu den Prinzipien des Binnenmarktes. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte in der ARD voraus, die Abstimmung vom Sonntag werde "eine Menge Schwierigkeiten für die Schweiz verursachen".

Von Seiten der EU-Kommission wurde darauf hingewiesen, dass die sieben bilateralen Abkommen über Bereiche wie Freizügigkeit, Verkehr, Landwirtschaft, Forschung und öffentliche Ausschreibungen aus dem Jahr 1999 rechtlich miteinander verknüpft seien und nicht einzeln aufgekündigt werden könnten. In einer offiziellen Erklärung teilte die Kommission mit, der Volksentscheid verletze das "Prinzip des freien Personenverkehrs".

Große Sorgen in der Wirtschaft

Der Präsident des EU-Parlaments, Martin Schulz, ermahnte die Schweizer, sie könnten nicht nur die Vorteile des großen europäischen Binnenmarktes für sich in Anspruch nehmen.

Der Erfolg der Initiative gegen "Masseneinwanderung" löste auch in der Schweizer Wirtschaft große Sorgen aus. "Wir werden jetzt in eine Phase der Unsicherheit einbiegen", sagte der Präsident des Schweizer Arbeitgeberverbands, Valentin Vogt, im Schweizer Fernsehen. Unsicherheit sei für die Wirtschaft schlimmer als schlechte Nachrichten. Die stark exportorientierte Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie fürchtet nach Angaben vom Sonntagabend beträchtliche Nachteile im Handel mit der EU. Die Politik müsse alles daran setzen, das die Verträge mit der EU intakt blieben.

Auch die Schweizer Bankenvereinigung drückte ihre Enttäuschung aus. "Wir brauchen jetzt dringend konstruktive Gespräche mit der EU, um unsere Position zu erklären", hieß es in einer ersten Reaktion.

Abkommen muss neu ausgehandelt werden

Eine knappe Mehrheit von 50,3 Prozent hatte für die Volksinitiative "Gegen Masseneinwanderung" gestimmt. Die Schweiz muss nun das seit mehr als zehn Jahren geltende Abkommen mit der EU über den freien Personenverkehr neu aushandeln. Außenminister Didier Burkhalter kündigte eine Rundreise durch europäische Hauptstädte an, als erstes will Burkhalter nach Berlin fahren.

Die Schweiz wickelt den übergroßen Teil ihres Außenhandels mit der EU ab, ist aber selbst nicht Mitglied. Der Anteil der Ausländer in der Schweiz wird mit 23,5 Prozent (fast 1,9 Millionen) angegeben. Die Italiener liegen mit 291.000 vorne, knapp gefolgt von den Deutschen (284.200). Dahinter folgen Portugiesen (237.000) und Franzosen (104.000). Umgekehrt leben 430.000 Schweizer in EU-Staaten.

Hunderte demonstrieren gegen Votum

Als die gegenwärtig geltenden Freizügigkeitsregeln in Kraft traten, wurde von den Befürwortern gesagt, jährlich sei mit rund 8000 Einwanderern in der Schweiz zu rechnen. Tatsächlich sind es aber rund 80.000 pro Jahr. Das wurde von den Befürwortern der Initiative als Begründung angeführt, die Bestimmungen zu verschärfen. Aus Enttäuschung über die Niederlage gingen in den Großstädten Zürich, Bern und Luzern am Abend Hunderte Menschen auf die Straßen, um weiterhin für eine offene Schweiz zu werben.

Der Referendumstext sieht keine konkreten Zahlen für die Einwanderung vor. Allerdings verpflichtet er die Regierung, innerhalb von drei Jahren jährliche Quoten einzuführen. Darin sollen Asylbewerber enthalten sein.

Schäuble forderte auch für die deutsche Politik Lehren aus dem Schweizer Ja für eine Begrenzung der Zuwanderung. "Es zeigt natürlich ein bisschen, dass in dieser Welt der Globalisierung die Menschen zunehmend Unbehagen gegenüber einer unbegrenzten Freizügigkeit haben", sagte Schäuble in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin". Der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, bezeichnete das Referendum als schweren Fehler. "Was Europa als letztes braucht, sind neue Mauern", sagte Riexinger "Handelsblatt Online".

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