Israel nach der Wahl Arabische Liste unterstützt Gantz – und will Netanjahu stürzen

Nach der Parlamentswahl in Israel haben die Parteien ihre Koalitionsgespräche aufgenommen. Die überraschend starke Vereinte Liste der arabischen Parteien hat vor allem ein Ziel.
Die Vereinte Liste der arabischen Parteien in Israel will den Wahlsieger Benny Gantz bei den Regierungsbildung unterstützen und den bisherigen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zu Fall bringen. Listen-Chef Aiman Odeh gab die Unterstützung für den ehemaligen israelischen Generalstabschef Gantz am Sonntag zu Beginn der Gespräche von Israels Präsident Reuven Rivlin über mögliche Regierungsbildungen bekannt. Rivlin sprach sich seinerseits für eine "stabile Regierung" mit Beteiligung von Netanjahus Likud-Partei und der Mitte-Rechts-Partei Blau-Weiß von Gantz aus.
"Im Namen der Vereinten Liste empfehle ich dem Präsidenten, Benny Gantz als zukünftigen Ministerpräsidenten auszuwählen", schrieb Odeh in einem Meinungsbeitrag für die "New York Times". Damit solle "die nötige Mehrheit" zusammenkommen, um "Netanjahu daran zu hindern, eine weitere Amtszeit anzustreben". Das solle "das Ende der politischen Karriere" Netanjahus besiegeln.
"Niemand will zum dritten Mal wählen"
Es ist das erste Mal seit 1992, dass die arabischen Parteien in Israel einen Kandidaten für das Amt des Regierungschefs unterstützen. Die Vereinte Liste erhielt bei der Parlamentswahl am Dienstag 13 Mandate. Die Balad-Partei, die zu der Liste gehört und drei Abgeordnete stellt, stellte allerdings umgehend klar, dass sie Odehs Empfehlung nicht mitträgt.
Rivlin sagte, er sei "überzeugt, dass eine stabile Regierung mit beiden großen Parteien gebildet werden muss". Er äußerte sich nach dem Beginn der Vorgespräche mit den verschiedenen Parteichefs, bei denen nach der vorgezogenen Parlamentswahl eine Regierungsmehrheit ausgelotet werden soll. Die Bildung einer stabilen Regierung entspreche dem Willen der Bevölkerung, sagte Rivlin. "Niemand will zum dritten Mal wählen."
Nach Parlamentswahlen im April war es Netanjahu nicht gelungen, eine Koalitionsregierung zu bilden. Daraufhin wurden am Dienstag erneut Wahlen abgehalten, bei denen aber auch kein klares Ergebnis herauskam.
Lieberman hält sich alles offen
Der frühere israelische Verteidigungsminister Avigdor Lieberman sagte, er werde in den Vorgesprächen für die Bildung einer neuen Regierung weder Netanjahu noch Gantz unterstützen. Liebermans laizistisch-nationalistische Partei Israel Beitenu (Unser Haus Israel) erhielt bei der Parlamentswahl acht von 120 Mandaten in der Knesset. Gantz' Mitte-Rechts-Partei Blau-Weiß kam auf 33 Sitze, Netanjahus Likud-Partei auf 31. Rivlin muss nicht unbedingt Netanjahu oder Gantz mit der Regierungsbildung beauftragen. Er könnte sich auch für eine dritte Lösung entscheiden, wofür es am Sonntag aber keine Hinweise gab.
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Lieberman strebt laut vorherigen Äußerungen eine Einheitsregierung an, zu der sich der Likud, Blau-Weiß und seine Partei Israel Beitenu zusammenschließen sollten.
- Nachrichtenagentur AFP