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So führt Klitschko durch die Krise – und hin zur Wiederwahl


Ex-Profiboxer in Kiew
So führt Klitschko durch die Krise – und hin zur Wiederwahl

Von dpa
26.05.2020Lesedauer: 3 Min.
Vitali Klitschko: Kiews Bürgermeister bereitet sich auf seine Wiederwahl vor.Vergrößern des BildesVitali Klitschko: Kiews Bürgermeister bereitet sich auf seine Wiederwahl vor. (Quelle: Zuma Press/imago-images-bilder)
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Ihn kennt die ganze Welt: Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko beweist in der Corona-Pandemie Weitblick. Nicht nur im Hinblick auf die Ausbreitung des Virus, sondern auch auf eine anstehende Kommunalwahl.

Ex-Boxweltmeister Vitali Klitschko hat als Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt Kiew den mächtigsten Mann des Landes als seinen Gegner. Präsident Wolodymyr Selenskyj wollte ihn nach vollmundigen Ankündigungen längst aus dem politischen Ring gestoßen haben. Ein Statthalter von Selenskyjs Gnaden schien im Herbst schon beschlossene Sache. Doch Klitschko hält sich – und behauptet sich vor allem in der Corona-Krise als entscheidungsstarker und präsenter Politiker. Inzwischen sitzt der 48-Jährige fester im Sattel denn je – und hat gute Chancen, bei der Wahl im Herbst im Amt zu bleiben.

Seit sechs Jahren ist Klitschko Bürgermeister

Sechs Jahre regiert der ehemalige Schwergewichtsweltmeister bereits die Millionenmetropole. Mit ihm kam 2014 frischer Wind in die Politik der Stadt. Aber auch unter Klitschko muss sich die Stadtverwaltung nachsagen lassen, von korrupten Beamten geführt zu werden. Vor allem aber nutzt der Ex-Boxer die Krise um die Corona-Pandemie, um sich in Szene zu setzen und der Regierung immer einen Schritt voraus zu sein.

Bereits Ende Februar und damit zwei Wochen vor den ersten offiziellen Corona-Infektionen verkündete Klitschko, dass sieben Krankenhäuser für die Aufnahme von Patienten vorbereitet seien. Er besuchte auch demonstrativ eine Infektionsklinik. Klitschko filmte selbst mit seinem Handy, fragte Patienten, wie es ihnen gehe: "Die Bedingungen sind wunderbar. Dreimal am Tag gibt es Essen. Es schmeckt sehr gut. Uns gefällt es", bekam er zur Antwort. Als Bürgermeister will er Sicherheit ausstrahlen, beruhigen, aber immer wieder auch eindringlich warnen.

Hält fast täglich Ansprachen

"Ich sage ohne Übertreibung, wenn sich dieses Rumlaufen und die Partys, diese Gruppenfahrten in die Natur fortsetzen, dann erwartet uns eine große Katastrophe!", sagte er in einer seiner fast täglichen Ansprachen. Dabei schaut er meist ernst in die Kamera. Plakate in der Stadt zeigen, wie Klitschko sich den Ärmel hochkrempelt – und seine berühmte Eisenfaust ballt.

"Klitschkos Strategie während der Corona-Krise war anfänglich auf eine Nachahmung der Bürgermeister italienischer Städte mit einem gewissen brutalen Stil ausgerichtet", sagt Politologe Alexej Jakubin. Doch nicht jeder in Kiew lässt sich davon beeindrucken. Viele Menschen haben schlichtweg andere Sorgen.

Wichtige Verkehrsader stillgelegt

Die Stadt erstickte täglich im Stau, weil die Metro Mitte März stillgelegt und der Nahverkehr eingeschränkt wurde. Am Montag gab Klitschko den Betrieb der Lebensader der Großstadt frei. Der frühere Profiboxer ist vor allem in sozialen Netzwerken aktiv. Dabei zeigte er sich mit einem T-Shirt mit der Aufschrift "Quentin Karantino" – in Anspielung auf den für seine Brutalo-Filme bekannten US-Regisseur Quentin Tarantino, damit die Leute zu Hause in Quarantäne bleiben.

Während die Friseursalons landesweit geschlossen waren, drehte Klitschko ein Video, wie er sich im Spiegel selbst die Haare schneidet, wäscht und föhnt. Im Büro machte er zur Titelmelodie des Films um den Boxer "Rocky" Liegestütze und mit einer Verlängerungsschnur Seilspringen.

Zahl der Corona-Fälle in Kiew gering

Wie in Kiew ist auch landesweit die Zahl der Corona-Fälle bislang überschaubar. In der Hauptstadt gab es nach offiziellen Angaben innerhalb von zweieinhalb Monaten weniger als 3.000 Infizierte. Knapp 60 Einwohner starben mit dem Virus. Der Sportwissenschaftler Dr. Klitschko warnt dennoch unentwegt, das Virus nicht zu unterschätzen.

Dem Zweimetermann haben seine Aktivitäten kaum genutzt, aber auch nicht geschadet. Seine Umfragewerte liegen trotz regelmäßiger Skandale um seine Beziehungen zur in der Stadt so bezeichneten Baumafia seit Jahren zwischen 30 und 40 Prozent. Bei der für den 25. Oktober angesetzten Kommunalwahl gilt es als wahrscheinlich, dass er daher in die zweite Runde muss.

"Sein Problem bleiben jedoch die hohen Ablehnungswerte, die nicht geringer als die Zustimmungswerte sind", sagt der Politologe Jakubin. Das könne entscheidend für die erwartete Stichwahl werden. Ein Herausforderer, der ihn schlagen könnte, ist bisher nicht in Sicht. Sollte Klitschko sein Projekt Wiederwahl gelingen, dann traut ihm mancher auch höhere Ämter zu. Sein Verzicht auf eine Kandidatur bei der Präsidentenwahl 2014 zugunsten des später gewählten Petro Poroschenko könnte sich langfristig als weitsichtig erweisen. Und dann wäre er für Präsident Selenskyj 2024 ein möglicher Konkurrent.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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