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Journalistin warnt bei Lanz: "Wenn die Ukraine fällt, dann sind wir die Nächsten"


Waffenlieferungen an die Ukraine?
Lanz greift SPD-Mann Stegner an – und widerspricht sich selbst


Aktualisiert am 03.03.2022Lesedauer: 4 Min.
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Ralf Stegner (SPD): In der jüngsten Lanz-Sendung sprach er sich gegen Waffenlieferungen an die Ukraine aus.Vergrößern des Bildes
Ralf Stegner (SPD): In der jüngsten Lanz-Sendung sprach er sich gegen Waffenlieferungen an die Ukraine aus. (Quelle: Archivbild/imago-images-bilder)

Ralf Stegner wünscht sich einen baldigen Waffenstillstand und ist deshalb gegen deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine. "Zynisch", empört sich Markus Lanz. Dabei war er vor zwei Wochen ganz ähnlicher Meinung.

"Das ist vielleicht der Moment, wo wir uns schämen könnten", sagte "Zeit"-Journalistin Alice Bota, als bei "Markus Lanz" Ukrainer beim Abfüllen von Molotowcocktails gezeigt wurden. Haben Sie kein schlechtes Gewissen, warum stattet Deutschland die Ukraine nicht mit Waffen aus,?, fragte der Gastgeber am Mittwochabend den SPD-Politiker Ralf Stegner.

"Die Frage, ob man Waffen liefert, ist keine moralische", erwiderte der Sozialdemokrat und machte eine kühle Kosten-Nutzen-Rechnung auf. Deren Ergebnis: "Die Ukraine hat überhaupt keine Chance gegenüber Russland." In dieser Lesart geriet die Verweigerung von militärischer Unterstützung eines angegriffenen Landes geradezu zum friedensstiftenden Akt. "Keine Waffen zu liefern, damit der Krieg schneller vorbei ist?", brachte es Lanz auf den Punkt.

Die Gäste

  • Ralf Stegner (SPD), Mitglied des Auswärtigen Ausschusses
  • Christoph Heusgen, Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz
  • Mariam Lau, "Zeit"-Redakteurin
  • Alice Bota, "Zeit"-Journalistin, Osteuropa-Expertin

"So verkürzt gesagt klingt das ja zynisch", stellte Stegner fest. Genau das hatte er aber gesagt, wenn auch mit sehr viel mehr Worten. "Wenn das Argument ist – und das wäre meins – alles zu versuchen, damit es möglichst schnell einen Waffenstillstand gibt, damit es humanitäre Hilfe gibt, damit den Flüchtlingen geholfen wird und eben nicht der Krieg verlängert wird und noch mehr Menschen sterben müssen – das ist auch eine Haltung, die man einnehmen kann", beschrieb der Bundestagsabgeordnete seine Position.

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Ganz schön zynisch, fand nicht nur Lanz. Das hatte manch ein Zuschauer aber vor zwei Wochen auch über sein Argument gegen Waffenlieferungen an die Ukraine gedacht. Die klangen damals nämlich ganz ähnlich wie die von Stegner.

Lanz greift Stegner an: "Zynisch"

In der Sendung vom 15. Februar hatte Lanz noch die "Vehemenz" kritisiert, mit der der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, militärische Unterstützung für sein bedrohtes Land gefordert hatte. "Was würde das an Ihrer Situation verbessern?", wollte der Moderator wissen und stellte fest: "Als ob Waffen jemals etwas ernsthaft besser gemacht hätten". Sein Fazit damals: "Dann würden Sie sich doch im Zweifel ein paar Tage länger einen blutigen Krieg gegen Putin liefen und hätten dann am Ende Tausende Tote mehr im Land. Ist das ernsthaft Ihr Interesse?"

"Es ist ein moralisches Dilemma", räumte die "Zeit"-Journalistin Alice Bota am Mittwoch mit Blick auf Waffenlieferungen ein. Sie warf Stegner vor: "Aber das lösen Sie sehr einfach." Die ehemalige Moskauer Korrespondentin hatte kurz vor Ausstrahlung der Sendung per Twitter-Aufruf in München nach einer Übernachtungsmöglichkeit für eine aus der Ukraine geflüchtete Familie gesucht und die auch gefunden.

Sie schilderte bei Lanz die Lage in dem Land als "katastrophal und zwar in fast allen größeren Städten. Es geht jetzt wirklich um das nackte Überleben. Lebensmittel sind knapp. Alles ist knapp. Aber die Moral ist nach wie vor ungebrochen".

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Für Christoph Heusgen, den neuen Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, wurde die Frage von Waffenlieferungen an die Ukraine ganz unmittelbar. Ein ukrainischer Freund fragte nämlich direkt bei ihm an, ob er ihm nicht eine Panzerfaust für den Kampf auf der Straße besorgen könne.

Sowohl er als auch Stegner bemühten die deutsche Vergangenheit, um ihre Position zu untermauern. Während der Sozialdemokrat darin eine Verpflichtung zu diplomatischen Lösungen sah, verstand der langjährige Berater von Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) die NS-Gräuel in der Ukraine als moralische Verpflichtung der Ukraine beizustehen.

Es gebe zudem einen Präzedenzfall. Deutschland habe den Kurden Raketen zur Verteidigung gegen den "Islamischen Staat" gegeben. Warum nicht auch gegen Putin?, fragte der Diplomat – verschluckte aber den Rest seines Satzes. Womöglich war ihm klargeworden, dass er gerade den russischen Präsidenten im selben Atemzug mit einer terroristischen Miliz genannt hatte.

Atombomben in fünf Minuten in Berlin

Beim Urteil über Angriffe auf zivile Ziele in der Ukraine ließ der ehemalige Vertreter Deutschlands im UN-Sicherheitsrat keine Zweifel aufkommen. "Das sind Kriegsverbrechen. Das muss auch vor Gericht", forderte Heusgen.

Ob sich in dem Konvoi, der sich auf Kiew zubewegt, tatsächlich die gefürchteten Vakuumbomben befinden ("die Lunge explodiert sozusagen", schilderte Journalistin Mariam Lau), vermochte er nicht zu sagen. Putin habe das Militär in den vergangenen Jahren aber generell aufgerüstet. Unter anderem sei in Kaliningrad eine Abschussbasis gebaut worden, von der aus auch nuklearbestückte Raketen abgefeuert werden könnten. Die seien in der Lage, in fünf Minuten Berlin zu erreichen, erklärte der Sicherheitsexperte.

Was genau bedeutet das?, fragte Lanz. "Wir reden von Szenarien wie Nagasaki und Hiroshima?" In der Runde widersprach niemand. Nach Ansicht der "Zeit"-Redakteurin Lau wird Deutschland in gewisser Weise derzeit auch am Schwarzen Meer verteidigt. "Wenn die Ukraine fällt, dann sind wir die Nächsten", warnte sie, ohne zu erläutern, wie konkret sie das verstanden wissen wollte.

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Mit Logik ist Putin tatsächlich nicht mehr beizukommen, befürchtete Heusgen, der den russischen Präsidenten sehr häufig getroffen hat. "Er ist paranoid geworden", attestierte der Merkel-Vertraute dem Kreml-Chef. Womöglich gehe das so weit, dass Putin seine Kriegsrhetorik selbst glaubt.

Verwendete Quellen
  • "Markus Lanz" vom 2. März 2022
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