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Gas-Talk bei "Lanz" | Klingbeil: "Der nächste Winter kann sehr hart werden"


SPD-Chef Klingbeil bei Lanz
"Der nächste Winter kann sehr hart werden"

Von Daniele Gambone

Aktualisiert am 30.06.2022Lesedauer: 3 Min.
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Lars Klingbeil (Archivbild): "Das wird eine wahnsinnige nationale Kraftanstrengung".Vergrößern des Bildes
Lars Klingbeil (Archivbild): "Das wird eine wahnsinnige nationale Kraftanstrengung". (Quelle: Fotostand Reuhl/imago-images-bilder)

Wie viel kann man der Bevölkerung angesichts einer möglichen Gasknappheit zumuten? SPD-Chef Klingbeil lässt bei seinen Antworten Vorsicht walten.

Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil bekräftigte am Mittwochabend im ZDF seine Forderung nach einer neuen Führungsrolle Deutschlands in der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik. "Deutschland muss in der ersten Reihe stehen, und Deutschland muss Verantwortung übernehmen wollen", sagte der Sozialdemokrat bei seinem Auftritt in der Talkshow "Markus Lanz".

Dass es im Zuge seiner Grundsatzrede zur Zeitenwende, in der er diesen Anspruch bereits formuliert hatte, zu Hitlervergleichen gekommen sei, habe ihn "echt brutal" getroffen, berichtete Klingbeil.

Der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, warnte davor, dass man im Winter bei der Gasversorgung "in sehr, sehr ungemütliches Wasser" geraten könnte, und erläuterte, warum dem jetzt schon begegnet werden müsse.

Die Gäste

  • Lars Klingbeil, SPD-Vorsitzender
  • Liana Fix, Osteuropa-Expertin
  • Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur
  • Gregor Peter Schmitz, Chefredakteur des "Stern"

Der Zeitpunkt sei noch günstig, um etwa zu kontrollieren, ob die Heizung im Privathaushalt richtig justiert sei, führte Müller aus. "Wir wissen aus Stichproben, dass viele Gasthermen nicht gut eingestellt sind, das heißt, sie verschwenden Gas und damit natürlich auch das Geld", erklärte der Behördenleiter.

Während die Regierung mit Gesetzen den Weg für das Ersetzen von Gas durch Kohle freimache, seien deutsche Gasimporteure auf dem Weltmarkt aktiv, um Gas nach Deutschland zu leiten und einzuspeichern. "Ob das reicht, werden wir in den nächsten Wochen und Monaten sehen", so Müller.

Bundesnetzagentur-Chef: Privathaushalte besonders geschützt

Im Falle einer Gasmangellage seien beispielsweise private Haushalte, Krankenhäuser, Pflegeheime, Kasernen oder Polizeistationen besonders geschützte Kunden. "Da würden wir nicht rangehen", versicherte der Präsident der Bundesnetzagentur. Man müsse sich im Falle negativer Szenarien zuerst "Gedanken über industrielle, gewerbliche Abschaltmöglichkeiten", machen. Sicher sei allerdings, dass der extrem gestiegene Gaspreis früher oder später auch bei den Verbrauchern ankomme.

Mit dem Vorwurf, die Politik und insbesondere seine Partei würden diese unangenehme Wahrheit nicht klar genug vermitteln, musste sich SPD-Chef Lars Klingbeil auseinandersetzen. "Der nächste Winter kann sehr hart werden", gab der Sozialdemokrat zu und nannte die Sicherstellung der Gasversorgung "eine wahnsinnige nationale Kraftanstrengung".

Allerdings sah Klingbeil vor allem die politischen Akteure in der Pflicht und hütete sich in der Diskussion davor, Verantwortung auf die Bürgerinnen und Bürger zu übertragen.

Journalist prognostiziert Phase des Wohlstandsverlustes

Der Journalist Gregor Peter Schmitz sprach in dem Zusammenhang von einer "Urangst der Politik". Sie scheue sich davor, "offen auszusprechen, dass Leute etwas verlieren werden", weil man in anderen Ländern oder bei populistischen Bewegungen sehen könne, "dass das eine unglaubliche Wut auslöst". Mit einer solchen Verlustphase sei aber nun unter Umständen auf Jahre umzugehen. Die Prognose des "Stern"-Chefredakteurs: "Die Politik wird das nicht mehr ausgleichen können."

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Die Lage sei angesichts des russischen Verhaltens sehr ernst und werde noch ernster werden, konstatierte die Osteuropa-Expertin Liana Fix. Ein optimistisches Szenario für die zukünftige russische Gaszufuhr hielt die Politologin und Historikerin für unwahrscheinlich. Schließlich profitiere Russland von den durch die Verknappung steigenden Preisen.

Mit Blick auf Deutschlands außenpolitische Rolle stellte Fix fest: "Wir übernehmen militärische Macht in Europa." Es sei "absolute Legendenbildung", zu behaupten, dass dieser Anspruch bei den europäischen Nachbarn für Unruhe sorge. Vielmehr sei es die deutsche Passivität oder Unklarheit, die Nervosität bei den Partnern auslöse.

Fix: Russland und China arbeiten eng zusammen

Auch den Einwand, man könne Russland zu stark isolieren und in die Arme Chinas treiben, wollte Fix nicht gelten lassen. Der Zug sei leider bereits abgefahren und die Zusammenarbeit zwischen beiden Staaten – zum langfristigen Nachteil Russlands – sehr eng geworden. China werde seine Vorteile gegenüber Russland ganz klar ausspielen, so die Vorhersage der Wissenschaftlerin.

"Leute wie Putin verstehen nur die Klarheit", befand auch SPD-Chef Klingbeil. Der Sozialdemokrat bekannte sich erneut überraschend deutlich zur militärischen Gewalt als legitimes politisches Mittel. Diese sei für ihn ein "Instrument, das einfach zum Portfolio dazugehört", wenn es darum gehe, als starke Kraft internationale Politik bestimmen zu wollen, führte Klingbeil aus.

Dass diese Auffassung einen Bruch mit der SPD-Tradition im Sinne des ersten sozialdemokratischen Regierungschefs der Bundesrepublik, Willy Brandt, darstellen könnte, wies der Sozialdemokrat weit von sich. "Willy Brandt war jemand, der sehr klar wusste: Ich brauche eine militärische Stärke, um für Menschenrechte, für Frieden, für Freiheit verhandeln zu können."

Verwendete Quellen
  • "Markus Lanz" vom 29. Juni 2022
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