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Recherche bringt Spezialeinheit von Putin mit Havanna-Syndrom in Verbindung


Havanna-Syndrom
Mysteriöse Geheimwaffe – Griff Putins Spezialeinheit damit an?

Von t-online, cc

Aktualisiert am 01.04.2024Lesedauer: 3 Min.
Diktator Wladimir Putin besucht ein militärisches Schulungszentrum in der Region Twer.Vergrößern des BildesDiktator Wladimir Putin besucht ein militärisches Schulungszentrum in der Region Twer. (Quelle: Sputnik/Mikhail Metzel/Pool via REUTERS)
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Seit Jahren rätseln US-Behörden über die Ursache seltsamer Hirnverletzungen bei US-Diplomaten. Nun könnte eine neue Recherche Licht ins Dunkel bringen.

Die Geschichte klingt, als wäre sie aus einem verrückten Agentenfilm. Amerikanische Geheimdienstmitarbeiter berichten über mutmaßliche Angriffe mit einer mysteriösen Waffe, die sich mittels eines akustischen Reizes gegen das Gehirn richtet. Die Folge sollen Schwindel, Übelkeit und Symptome einer Gehirnerschütterung sein. Bereits 2014 wurden diese Vorwürfe erstmals publik. Nun legt eine neue Recherche nahe, dass hinter den vermeintlichen Angriffen tatsächlich eine den USA feindlich gesonnene Macht stehen könnte: Russland.

Wie eine gemeinsame Recherche des US-Investigativmagazins "60 Minutes", des russischen Onlineportals "The Insider" und des deutschen Magazins "Der Spiegel" nahelegt, könnten die Gesundheitsschädigungen bei US-Offiziellen durch die systematischen Attacken des russischen Geheimdienstes GRU ausgelöst worden sein. Im Auftrag der GRU soll eine Spezialeinheit mit den Angriffen betraut worden sein, die über eine Waffe mit Mikrowellentechnik verfügen könnte. Der Name der Einheit: 29155.

Laut "The Insider" ist die 29155 berüchtigt für die Ausführung von Morden an Regimegegnern und Sabotageakten im Auftrag des Kremls. Wie das Magazin weiter erfahren haben will, entwickelten Mitglieder der Einheit "nicht-tödliche akustische Waffen". Der Begriff wird im russischen Militärjargon für Waffen verwendet, die mit Schall- und Radiowellen arbeiten und Schäden am Gehirn ihres Opfers hinterlassen. Für ihre Forschung wurden die Mitglieder der Einheit zum Teil ausgezeichnet und befördert.

"Meine Mutter hätte gesagt: 'Es sind die Russen, Dummkopf'"

Die Recherche des Investigativverbunds aus "60 Minutes", "The Insider" und "Der Spiegel" ordnet einen der ominösen Vorfälle, bei dem es sich um einen Angriff auf die Frau eines US-Geheimdienstmitarbeiters im georgischen Tiflis im Jahr 2021 handelt, einem Mitglied der Einheit 29155 zu. Auf der Grundlage der Auswertung von Geolokalisierungsdaten konnten die russischen Agenten an verschiedenen Orten weltweit in Zusammenhang mit ähnlichen Attacken gebracht werden.

Ein ehemaliger US-Armeeangehöriger, der eine Untersuchung des amerikanischen Außenministeriums zum Fall des sogenannten Havanna-Syndroms leitete, sagte dem Magazin "60 Minutes", dass es sich vermutlich um eine globale Kampagne des russischen Militärnachrichtendienstes zur Ausschaltung amerikanischer Geheimdienstmitarbeiter handelt. "Wenn ich meiner Mutter erzählen würde, was ich über die Fälle weiß, dann würde sie wahrscheinlich nur eines sagen: 'Es sind die Russen, Dummkopf'."

Als Havanna-Syndrom werden rätselhafte Symptome wie Kopfschmerzen, Hörverlust, Schwindel und Übelkeit zusammengefasst, über die ab 2016 zahlreiche in der kubanischen Hauptstadt Havanna lebende US-Diplomaten und ihre Angehörigen klagten. Später wurden auch an anderen Orten der Welt ähnliche Beschwerden gemeldet. Betroffene gaben an, dass die Symptome begannen, nachdem sie etwa ein seltsames Geräusch hörten oder starken Druck in ihrem Kopf spürten.

Wichtig anzuerkennen, dass Symptome real seien

Die US-Regierung schloss anfangs nicht aus, dass es sich dabei um eine Art Angriff handeln könnte. Vor etwa einem Jahr ging die Mehrheit der US-Geheimdienste laut einem offiziellen Bericht dann davon aus, dass kein "ausländischer Gegner" für das sogenannte Havanna-Syndrom verantwortlich ist. Die gemeldeten Beschwerden seien stattdessen wahrscheinlich das Ergebnis von Vorerkrankungen, anderer Krankheiten oder Umweltfaktoren.

Ein Forscherteam um Leighton Chan von den National Institutes of Health (NIH) mit Sitz in Bethesda im US-Bundesstaat Maryland analysierte nun über mehrere Jahre 86 Patienten mit Havanna-Syndrom – Regierungsangestellte und deren erwachsene Familienangehörige. Die Untersuchungen fanden dabei gewöhnlich einige Wochen bis Monate nach dem Einsetzen der Symptome statt.

"Wir finden dich, wir töten dich"

Das Ergebnis: "Es gab keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf die meisten Werte, außer bei objektiven und selbstberichteten Messungen zu Gleichgewicht und zu Symptomen von Müdigkeit, posttraumatischem Stress und Depression", schreiben die Wissenschaftler. Trotzdem sei es wichtig anzuerkennen, dass die Symptome real seien und das Leben der Betroffenen erheblich beeinträchtigten, sagte Chan laut einer Mitteilung.

Dass das Putin-Regime im In- und Ausland seine Gegner verfolgt und eliminiert, dafür gibt es zahlreiche Belege. Erst vor einigen Wochen wurde in Spanien ein in die Ukraine geflohener russischer Hubschrauberpilot in der Tiefgarage eines Apartmenthauses ermordet. Die Täter schossen dem 29-jährigen Maksim Kusminow in den Rücken und hinterließen am Tatort auffällige 9mm-Patronenhülsen. Sie stammten aus einer Makarow – der Waffe russischer Geheimdienste.

"Es war eine eindeutige Botschaft", sagte einer der spanischen Ermittler gegenüber der "New York Times". "Sie lautet: 'Wir werden dich finden, dich töten, dich vernichten und dich dabei erniedrigen'." Die Ermittler vermuten entweder den russischen Auslandsgeheimdienst SWU oder Agenten der GRU hinter dem Attentat.

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