Kopf-an-Kopf-Rennen in Polen Bei dieser Wahl geht es um viel

Bei der Präsidentenwahl in Polen liefern sich der proeuropäische Rafal Trzaskowski und der nationalkonservative Karol Nawrocki laut Prognosen ein knappes Rennen. Beide müssen in die Stichwahl.
Die Polen müssen in einer Stichwahl am 1. Juni über einen neuen Präsidenten entscheiden. Erste Prognosen sahen den liberalkonservativen Kandidaten Rafal Trzaskowski aus dem Regierungslager von Donald Tusk knapp vorn mit 30,8 Prozent der Stimmen. Karol Nawrocki von der nationalkonservativen PiS erhielt demnach 29,1 Prozent. Da keiner der beiden im ersten Anlauf die nötige absolute Mehrheit erhielt, ist ein zweiter Wahlgang nötig.
Dritter wurde Slawomir Mentzen von der rechtsextremen Konfederacja mit 15,4 Prozent. Auf dem vierten Platz landete der ebenfalls rechtsextreme Grzegorz Braun mit 6,2 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag Prognosen zufolge bei 66,8 Prozent. Das amtliche Endergebnis wird nicht vor Montagabend erwartet. Die knapp 29 Millionen Wahlberechtigten in Polen waren aufgerufen, einen Nachfolger für den aus dem Amt scheidenden Andrzej Duda zu wählen.
Die Abstimmung gilt als Richtungswahl – für die Politik mit Europa. Bei einer Stichwahl würde sich dann auch entscheiden, ob das Nachbarland den vom Ministerpräsidenten Donald Tusk eingeschlagenen pro-europäischen Kurs beibehält oder sich nationalistischen Anhängern von US-Präsident Donald Trump annähert.
Tusk bräuchte einen Sieg Trzaskowskis dringend
Der proeuropäische Regierungschef Donald Tusk braucht einen Sieg seines Kandidaten Trzaskowski, um Reformprojekte voranzubringen. Der bisherige Präsident Duda, der aus den Reihen der PiS stammt, hatte diese bislang stets mit seinem Veto gebremst. Tusk schrieb am Sonntagabend auf X, die kommenden beiden Wochen würden über die Zukunft Polens – und auch die Zukunft Europas – entscheiden.
Trzaskowski sagte am Wahlabend: "Ich garantiere eine gute Zusammenarbeit mit der Regierung, denn unser Land braucht Ruhe und keine Konflikte." Nawrocki sagte vor Anhängern in seiner Heimatstadt Danzig, er wolle verhindern, dass in Polen eine Partei das Machtmonopol erhalte. "Wir sind hier und wir werden gewinnen."
Nawrocki erklärte, er sei zuversichtlich, die zweite Runde zu gewinnen. Er rief die Anhänger anderer rechter Kandidaten auf, sich hinter ihn zu stellen. Man müsse "Polen retten". Die rechtsextremen Kandidaten Slawomir Mentzen und Grzegorz Braun erreichten bei der Wahl am Sonntag zusammen fast 22 Prozent der Stimmen, ein historisch hohes Ergebnis. Allerdings ziehen nur die beiden Erstplatzierten in die Stichwahl ein. Bekäme Nawrocki die Stimmen der Wähler von Mentzen und Braun, dürfte es für Trzaskowski äußerst eng werden.
Land seit geraumer Zeit politisch blockiert
Ein Sieg Trzaskowskis würde es Tusk ermöglichen, eine Agenda umzusetzen, die die Rücknahme der von der PiS eingeführten Justizreformen vorsieht, die laut Kritikern die Unabhängigkeit der Gerichte untergraben. Sollte Nawrocki gewinnen, würde die Blockade, in der sich die Regierung befindet, seit Tusk 2023 Ministerpräsident wurde, weiter bestehen.
Im Gegensatz zu einigen anderen Euroskeptikern in Mitteleuropa unterstützt Nawrocki die militärische Hilfe für die Ukraine, um sich gegen Russland zu wehren. Er hat sich aber die anti-ukrainische Stimmung einiger Polen zunutze gemacht, die den Zustrom von Flüchtlingen aus dem Nachbarland fürchten.
In Polen amtiert der Präsident fünf Jahre. Das Staatsoberhaupt hat mehr Befugnisse als der Bundespräsident in Deutschland. Er repräsentiert das Land nicht nur nach außen. Der Präsident hat auch Einfluss auf die Außenpolitik, er ernennt den Regierungschef sowie das Kabinett und ist im Kriegsfall Oberkommandierender der polnischen Streitkräfte.
- Nachrichtenagenturen dpa und Reuters