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Joseph Kony: Das Geschäft mit dem Dschungel-Phantom


Krisen & Konflikte
Das Geschäft mit dem Dschungel-Phantom

spiegel-online, Von Johannes Korge

22.02.2013Lesedauer: 3 Min.
Joseph Kony versteckt sich noch immer irgendwo im Dschungel von ZentralafrikaVergrößern des BildesJoseph Kony versteckt sich noch immer irgendwo im Dschungel von Zentralafrika (Quelle: AFP-bilder)
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Die Armee des Warlords Kony mordet, vergewaltigt, macht Kinder zu Soldaten. Das zeigte die Organisation Invisible Children vor einem Jahr in einem Video und wurde weltberühmt. Doch die Verbrechen des Dschungel-Phantoms gehen weiter. Was bleibt, ist ein Millionengewinn für die Menschenrechtler.

Der Hype um "Kony 2012" ist vorbei. Doch das Morden geht weiter.

Am 5. März vergangenen Jahres sorgte ein Video der Organisation Invisible Children für Furore. Im Mittelpunkt standen Rebellenführer Joseph Kony - und dessen marodierende Lord's Resistance Army (LRA). Der 30-Minuten-Clip schildert, wie sie mordet, vergewaltigt und Tausende entführter Kinder zu Soldaten macht. Mehr als hundert Millionen Mal wurde der Film angeklickt.

Das hat viel Aufmerksamkeit auf die Verbrechen der LRA gelenkt. Sonst hatte die Kampagne wenig Konsequenzen. Noch immer terrorisiert Kony mit seinen Rebellen Regionen in Zentralafrika. Noch immer sterben Menschen. Was bleibt von dem Hype, ist ein Millionenprofit für Invisible Children. Was fehlt? Eine Erklärung, wofür das Spendengeld eingesetzt werden soll.

Was ist seit dem 5. März geschehen? Eine Bestandsaufnahme.

Wo steckt Kony?

Vermutet wird der "Schlächter von Uganda" mit seinen engsten Vertrauten irgendwo im Dreiländereck aus Zentralafrikanischer Republik, Sudan und Südsudan. Seine Schlägerbanden haben einen noch größeren Einzugsbereich: Er reicht bis in den Westen der Zentralafrikanischen Republik und bis in die Demokratische Republik Kongo.

Warum ist er noch nicht geschnappt?

Konys Rückzugsgebiet ist dünn besiedelt, extrem unzugänglich - und etwa so groß wie Frankreich. Dichter Urwald, kaum Infrastruktur, selbst kurze Distanzen sind nur mit großen Mühen zu bewältigen. Die LRA-Einheiten haben sich zu Meistern der Tarnung entwickelt. Sie verständigen sich über ein Netz von Boten, meiden Telekommunikation, wo es geht. Das Areal, in dem Kony vermutet wird, steht zudem unter der Kontrolle von Truppen des Sudan. Die sudanesische Regierung duldet keine Aktion durch Soldaten aus Uganda und den USA in der Region. Der Rebellenfürst ist also fast unerreichbar für seine Verfolger.

Wie überleben Konys Einheiten im Urwald?

Die Kämpfer sind ständig in Bewegung. Sie verstehen sich aufs Jagen und überfallen Dörfer in der Region. Sie wildern offenbar. "Es gibt glaubhafte Hinweise, dass Konys Männer Elefanten schießen und das Elfenbein aus der Demokratischen Republik Kongo schmuggeln", sagt der Uno-Gesandte Jeffrey DeLaurentis. Der Handel ist illegal, umso höher sind die Schwarzmarktpreise. Offenbar werden die Stoßzähne in regelmäßigen Abständen per Hubschrauber aus dem Urwald der Zentralafrikanischen Republik transportiert. Konys Einheiten sollen als Gegenleistung meist Lebensmittel, Batterien und Ausrüstung erhalten.

Hat die Kampagne "Kony 2012" die Verbrechen gestoppt?

Nein. Auch im vergangenen Jahr starben 51 Zivilisten durch Angriffe von LRA-Einheiten. Immerhin ging die Zahl der Toten zurück. Laut Invisible Children waren es im Jahr vor der Kony-Kampagne noch 154 Tote gewesen. Die Entführungen von Zivilisten gingen demnach um 16 Prozent zurück. Die Zahlen legen nahe, dass die Macht des Dschungelrebellen zurückgeht. Doch es ist unklar, inwieweit das tatsächlich an der Kampagne von Invisible Children liegt - und inwiefern daran, dass die LRA schon seit Jahren auf der Flucht ist.

Was bleibt von "Kony 2012"?

Ein Rebellenführer, der weiter durch die Urwälder der Grenzgebiete streift. Ein kurzer, heftiger Medienhype. Vor allem aber: eine prall gefüllte Kasse bei Invisible Children. Knapp 32 Millionen Dollar hat die Organisation nach eigenen Angaben eingenommen, mehr als doppelt so viel wie im Vorjahr. Der Überschuss ist von rund fünf Millionen Dollar auf 10,5 Millionen Dollar angewachsen. Die Steuererklärung weist ein Vermögen von mehr als 17 Millionen Dollar aus. Haupteinnahmequelle: Kony. Invisible Children verkaufte zu dem Fall Unmengen von T-Shirts, Postern und sogenannten Action-Kits - Paketen mit Aufklebern, Armbändern und Anstecknadeln.

Wie glaubwürdig ist Invisible Children?

Die Organisation steht in der Kritik, unter anderem weil sie Millionen in Reisekosten und teure Filmvorführungen steckte und sich ein gewaltiges Marketing-Budget leistet. Nach eigenen Angaben will Invisible Children Bewusstsein für den Fall des Warlords schaffen und sieht sich auf Marketingmaßnahmen zwingend angewiesen. Doch das Projekt bewirbt auch seine eigenen Hilfsprojekte für Kony-Opfer - und bei diesen kam laut Kritikern bislang viel zu wenig Geld in Afrika an.

Was macht Invisible Children mit dem vielen Geld?

Noch ist nicht klar, was Invisible Children mit dem Profit aus dem Rekordjahr anstellen will. Auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE teilte die Organisation mit, es sollen langfristige Pläne finanziert werden. Eine konkrete Kampagne ist nicht in Sicht - der Verkauf der Anti-Kony-Artikel dagegen geht weiter.

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