Gesetz schränkt Gerichte ein "Mit einem Schlag kann sich Trump zum König krönen"

Ein kleiner Absatz im Steuergesetz, das US-Präsident Trump vorgelegt hat, kann die Regierung vor Gerichtsbeschlüssen schützen. Kritiker sehen einen Verfassungsbruch.
In Donald Trumps "großem, schönen" Steuergesetz, das vom amerikanischen Repräsentantenhaus am Donnerstag verabschiedet wurde, findet sich ein Passus, der Verfassungsrechtler aufhorchen lässt.
In dem 1.000 Seiten langen Gesetz geht es auch um eine Beschränkung der Gerichte. "Kein Gericht der Vereinigten Staaten darf bewilligte Mittel verwenden, um eine Vorladung wegen Missachtung einer einstweiligen Verfügung oder eines einstweiligen Verbots zu vollstrecken, wenn bei Erlass der Verfügung oder des Verbots keine Sicherheit geleistet wurde" heißt es im Gesetzestext. Kurz gesagt: Nur wenn Kläger eine Sicherheitsleistung hinterlegen, dürfen sie gegen eine Anordnung der Regierung klagen und eine einstweilige Verfügung beantragen.
Solche Sicherheitsleistungen sind zwar in vielen kleineren Verfahren üblich, selten aber bei großen Fällen, wie Klagen gegen die Regierung oder Kartellrechtsverfahren. Die Bestimmung "würde die meisten bestehenden Unterlassungsklagen wie bei Kartellrechtsfällen, Polizeireform, Schulsanierungen und anderen unwirksam machen", schrieb Erwin Chemerinsky, Dekan der University of California Berkeley School of Law, im US-Fachmagazin "Just Security". "Es dient nur dazu, die Macht der Bundesgerichte zu schwächen."
Fall von Abschiebung nach El Salvador als Beispiel
Die Bestimmung würde den Gerichten verbieten, Vorladungen bei Missachtung von einstweiligen Unterlassungserklärungen oder einstweiligen Verfügungen zu vollstrecken, wenn nicht zuvor vom Kläger eine Sicherheitsleistung hinterlegt worden sei. Gerade solche Fälle sind es aber, die derzeit gegen die US-Regierung vorgebracht werden.
Als Beispiel gab der Jurist die jüngste gerichtliche Auseinandersetzung um die Abschiebung von Migranten nach El Salvador an. Der Bundesrichter James Boasberg hatte eine einstweilige Verfügung erlassen, die diese Abschiebungen zeitweilig untersagte. Auch andere Richter, unterstützt vom Obersten Gericht, formulierten solche Verfügungen. "Es wäre unsinnig, von den Klägern in diesen Verfahren die Zahlung von Kautionen zu verlangen, um Zugang zu den Bundesgerichten zu erhalten", schrieb Chemerinsky.
Er führte aus, dass Bundesgerichte nur selten eine Kaution von denjenigen verlangen, die verfassungswidrige Handlungen der Bundes-, Landes- oder Kommunalbehörden unterbinden wollen. Hintergrund ist, dass die Kläger, die solche Anordnungen beantragen, nicht über die Mittel verfügen, um eine Kaution zu hinterlegen.
Der Passus im Gesetz mache es nun Gerichten unmöglich, die Regierung zum Handeln zu zwingen. Tausende von Verfügungen könnten nicht umgesetzt werden. Selbst wenn die Regierung schuldig befunden wird, dass sie die Verfassung verletzt hat, wäre ohne Sicherheitsleistung eine gerichtliche Verfügung nicht durchzusetzen. Das Gesetz soll auch rückwirkend gelten.
Eine Hintertür sieht der Jurist aber: Wenn die Richter in Zukunft die Sicherheitsleistung auf einen Dollar festsetzen, könnten auch Privatpersonen in der Lage sein, gerichtliche Verfügungen einzuklagen. Chemerinsky sieht in dem Gesetzespassus dennoch einen "Versuch der Trump-Regierung, eine der wenigen Kontrollen ihrer Befugnisse auszuhebeln."
Ehemaliger Arbeitsminister: Kein Gericht kann Trump mehr aufhalten
Damit steht er nicht alleine. Robert Reich, ehemaliger Arbeitsminister und Professor für Public Policy an der University of California Berkeley, schrieb in einem Beitrag auf Substack, dass die "versteckte" Bestimmung gefährlich sei. "Damit könnte sich Trump mit einem Schlag zum König krönen". Kein Kongress und kein Gericht könnte ihn aufhalten, kritisierte der Demokrat und rief Wähler auf, gegen das Vorhaben zu protestieren.
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Trump hatte sich schon mehrfach in die Nähe von absoluten Monarchen gerückt. So postete er im Februar ein Bild des französischen Kaisers Napoleon Bonaparte und ein ihm zugeschriebenes Zitat: "Jener, der sein Land rettet, steht immer über dem Recht". Wenige Tage später veröffentlichte Trump dann eine Illustration, die ihn selbst mit Krone zeigt, dazu der Satz: "Lang lebe der König".
Der demokratische Abgeordnete Joe Neguse kritisierte ebenfalls die Einschränkung der Gerichte. "Sie [Trumps Gefolgsleute] wissen, dass die Trump-Regierung jeden Fall in Bundesgerichten verliert. Das ist unverhohlen gegen die Verfassung. Aber sie machen es trotzdem", sagte er in einem Video, das auf X verbreitet wurde.
Das Gesetz muss noch vom Senat verabschiedet und anschließend von Trump unterzeichnet werden. Der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, sagte, Ziel sei es, das Gesetz bis Anfang Juli zur Unterzeichnung an den Präsidenten zu übermitteln.
- justsecurity.org: "A Terrible Idea: Contempt of Court for Advocating the Law" (englisch)
- congress.gov: "Text - H.R.1 - 119th Congress (2025-2026): For the People Act of 2025" (englisch)
- robertreich.substack.com: "The hidden provision in the Big Ugly" (englisch)
- newsweek.com: "‘Hidden Provision’ in Trump Bill Could Trigger Court Showdown" (englisch)
- x.com: Video mit Joe Neguse (englisch)
- msnbc.com: Trump describes himself as a ‘king,’ on the heels of Napoleonic statement