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Wolfsmann, Neonazis, QAnon: Diese Menschen stürmten ins US-Kapitol


Schamane sorgt für Aufsehen
Das sind die Menschen, die das Kapitol stürmten


Aktualisiert am 08.01.2021Lesedauer: 4 Min.
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Videos sorgen für Aufsehen: Ein Pilot droht Trump-Anhängern in der Flugzeugkabine mit drastischen Maßnahmen – andere, an der Kapitol-Erstürmung beteiligte Personen dürfen gar nicht mitfliegen und erfahren das am Flughafen. (Quelle: t-online)

Hunderte Menschen drangen ins Kapitol ein. Das FBI will möglichst viele von ihnen identifizieren. Doch bei einigen ist schon jetzt klar, dass es sich um Vertreter extremistischer Bewegungen handelt.

Es war ein Bild mit viel Symbolkraft: Der Mann mit Hörnern auf dem Kopf posiert wie ein Bodybuilder auf dem Platz des Präsidenten des Senats, dessen Mitglieder gerade evakuiert wurden.

In diesem Fall stellt sich ganz besonders die Frage: Wer ist dieser Mann? Aber eben auch ganz allgemein: Wer sind die Eindringlinge, die am Mittwoch das Kapitol stürmten?

Da ist zum Beispiel Ashli Babbit. "Nichts kann uns stoppen", schrieb sie keine 24 Stunden, bevor eine tödliche Kugel im Gebäude sie stoppte. "Sie können es versuchen und versuchen und wieder versuchen, aber der Sturm ist da und wird in weniger als 24 Stunden über DC hereinbrechen. Vom Dunkeln ins Licht." Die Frau, die blutüberstromt auf einer Trage herausgetragen und später als erste von vier Toten gemeldet wurde, hatte die typischen Phrasen der QAnon-Bewegung benutzt. Es gibt Fotos von ihr im T-Shirt mit dem markanten Q darauf. Anhänger der QAnon-Bewegung spielten eine große Rolle am Mittwoch.

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Die Bandbreite der Bewegung manifestiert sich in dem Mann mit Hörnern und Wolfspelz. Die Tatoos von Wodansknoten und Kriegshammer, die Jake Angeli auf seinem Oberkörper trägt, sind in der rechten Szene beliebt. Auf seinem Twitterprofil nennt der 32-Jährige sich "Spiritueller und politischer Berater, Schamane, energetischer Heiler, Wahrheitssucher und Diener Gottes". "Antifa" sei er, schrieben Nutzer in dem verbreiteten Versuch, die Verantwortung für die unfassbaren Bilder abzuschieben. Immerhin gibt es ein älteres Bild, das den Mann am Rande einer Black-Lifes-Matter-Demo zeigt. Aber selbst Martin Sellner, Identifikationsfigur der "Identitären Bewegung" in Deutschland, warnte vor der Antifa-Theorie: "Fake News, nicht verbreiten."

Denn der Wolfsmann ist bekannt als der "Q Schamane", eine Identifikationsfigur der QAnon-Szene. Das Schild "Q sent me", zu sehen auf vielen anderen Fotos, hatte er nicht ins Kapitol mitgebacht, dafür baumelte ein Megafon über seiner Schulter. Es gibt von ihm auch ein Foto im Anzug, gepostet auf seiner Facebook-Seite, wo er sich "Yellowstone Wolf" nennt: Da schüttelt er einem der engsten Vertrauten Donald Trumps begeistert die Hand, Rudolph Guiliani. Es entstand bei einer Kundgebung in Phoenix, wo Guiliani auch vom Wahlbetrug erzählt hatte und Anhänger sich empörten.

Als er im Foyer des Gebäudes stand, einen Speer mit US-Flagge auf den Boden gestellt, war er umrahmt von Männern mit langen Bärten. Schnell hieß es, zwei seien als Angehörige der aufgelösten neonazistischen "Traditionalist Worker Party" (TWP) identifiziert, auch Sellner postete ein Foto von einem der Männer vor dem TWP-Logo. Die Ähnlichkeit ist groß, die Zweifel an der Theorie sind es aber auch: Denn die Tattoos stimmen nicht überein.

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Auch ein anderer Mann mit langem Bart ist noch nicht öffentlich identifiziert, aber seine Gesinnung ist eindeutig: "Camp Auschwitz" prangt auf seinem Kapuzenpulli, dazu auf Englisch der menschenverachtende Spruch, der über dem Eingang des Vernichtungslagers steht: "Arbeit macht frei". Er war mehrfach in erster Reihe zu sehen, ebenso wie ein Vermummter mit Kabelbindern. Angesichts solcher Menschen ist die Empörung besonders groß über Trumps Ansprache. "We love you, you're very special", sagte er an die Adresse der Eindringlinge.

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Und es waren auch nicht nur die überzeugten QAnons und die Neonazis von "Proud boys" im Kapitol, sondern auch der Musiker Jon Schaffer. Fans der Band "Iced Earth", bei der er Gitarrist ist, reagierten entsetzt. Der "Welt" hatte er am Rande einer Demo im November bereits erzählt, "Wenn jemand gegen uns Gewalt anwendet, werden wir entsprechend reagieren. Wir wollen das nicht, aber wir sind bereit."

Und es waren Menschen wie Richard Barnett. Er erzählte Reportern vor laufender Kamera von seinem Coup. Der 60-Jährige aus Gravette in Arkansas ist der Mann, der es sich am Schreibtisch der Mehrheitsführerin im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, mitsamt Füßen auf dem Tisch gemütlich machte. Er ließ einen Vierteldollar zurück und nahm ein Schreiben von Pelosi mit. Das sei "kein Diebstahl", erklärte er, er habe ja schließlich bezahlt. Auch mit Schmerzen: Er hatte Reizgas abbekommen, sein Gesicht war noch geschwollen, als er das Beutestück von Pelosis Schreibtisch präsentierte. Am Tag danach finden Journalisten heraus: In Postings hat er sich als Weißer Nationalist bezeichnet, der bereit ist, zu sterben. "Ich bin strampelnd und schreiend auf die Welt gekommen, beschmiert vom Blut eines anderen. Ich fürchte es, auf diese Weise wieder zu gehen."

Barnett war zuvor ebenso wenig aufgefallen wie Ashli Babbit, die Frau, die mit US-Flagge um den Oberkörper von der Kugel getroffen wurde. Eine "wahre Patriotin" nannte ihr Mann sie beim lokalen Fernsehsender KUSI-TV. Die beiden führen ein Geschäft in San Diego. Die Veteranin mit vier Auslandseinsätzen in 14 Jahren Dienst hatte sich tags zuvor extra in einen Flieger gesetzt, um Trump zu unterstützen.

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Es gibt Fotos aus Flugzeugen nach Washington am Dienstag, und sie sind voll mit Menschen mit MAGA- ("Make America Great Again") und Trump-Mützen. Ashli Babbit hatte ein solches Foto voller Vorfreude geteilt. Beim Sturm aufs Kapitol hätte wohl niemand Notiz von ihr genommen. Hätte sie nicht eine Kugel der Polizei des Kapitols in den Hals* getroffen, wäre sie wahrscheinlich unbehelligt aus dem Gebäude spaziert. So wie viele, die eigentlich ein bürgerliches Leben führen, aber von Donald Trump angestachelt daran glauben, dass Amerika gerettet werden muss vor dem Staat, der dem Präsidenten die Wahl gestohlen habe.

Viele der Beteiligten beim Sturm auf das Kapitol könnten dennoch bald Probleme bekommen. Die Bundespolizei FBI hat eine Seite zum Hochladen von Bild- und Videomaterial eingerichtet, um die Eindringlinge zu identifizieren. Es läuft ja nicht jeder mit Hörnern auf dem Kopf von Protest zu Protest oder erzählt stolz von gestohlenen Trophäen.

*An dieser Stelle hatten wir zunächst geschrieben, ihr sei in die Brust geschossen worden.

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