Trump sagt Pressekonferenz zum Kapitol-Sturm ab
Am Donnerstag jĂ€hrt sich der blutige Sturm auf das US-Kapitol zum ersten Mal. Ex-PrĂ€sident Trump hatte eine groĂe Rede angekĂŒndigt, den Termin aber nun doch abgesagt. Schuld daran seien die Medien.
Der ehemalige US-PrĂ€sident Donald Trump wird sich am Jahrestag der ErstĂŒrmung des US-Kapitols am 6. Januar nun doch nicht ins Rampenlicht drĂ€ngen: Er sagte am Dienstag (Ortszeit) eine fĂŒr Donnerstag geplante Pressekonferenz kurzfristig ab. Trump begrĂŒndete die Absage mit der "totalen Voreingenommenheit und Unehrlichkeit" der Medien und des Kongressausschusses, der den gewalttĂ€tigen Angriff seiner AnhĂ€nger auf das Parlament untersucht.
Der Rechtspopulist wetterte zudem erneut gegen den angeblichen "Betrug" bei der PrÀsidentschaftswahl 2020. "Das war das Verbrechen des Jahrhunderts", erklÀrte Trump. WÀhrend die in seinem Anwesen Mar-a-Lago in Palm Beach im Bundesstaat Florida geplante Pressekonferenz am 6. Januar nun nicht mehr stattfinden soll, bekrÀftigte Trump, dass er am 15. Januar bei einer Kundgebung im US-Bundesstaat Arizona sprechen werde.
Biden und Harris wollen aus Kapitol sprechen
An dem Jahrestag werden sich PrÀsident Joe Biden und Vize-PrÀsidentin Kamala Harris von der Statuary Hall des Kapitols aus an die gespaltene Nation wenden. Dort hatten sich vor einem Jahr unglaubliche Szenen abgespielt.
Hunderte radikale Trump-AnhĂ€nger hatten das Kapitol Anfang Januar 2021 gestĂŒrmt, als dort Bidens Wahlsieg zertifiziert werden sollte. Trump hatte zuvor die Falschbehauptung verbreitet, er sei durch Wahlbetrug um eine zweite Amtszeit gebracht worden. Am Tag der ErstĂŒrmung rief er seine AnhĂ€nger zudem zum Marsch auf das ParlamentsgebĂ€ude auf.
Schwarzer Tag in der US-Geschichte
FĂŒnf Menschen starben bei dem Sturm auf den Sitz des Kongresses. Der Vorfall sorgte weltweit fĂŒr entsetzte Reaktionen und gilt als schwarzer Tag in der Geschichte der US-Demokratie.
Im Sommer richtete das ReprĂ€sentantenhaus einen Untersuchungsausschuss ein, der die HintergrĂŒnde der Kapitol-ErstĂŒrmung aufklĂ€ren soll. Der Ausschuss hat bereits mehrere VerbĂŒndete Trumps vorgeladen. Am Dienstag forderten die Abgeordneten auch den konservativen "Fox News"-Moderator Sean Hannity zur Auskunft ĂŒber seine Kommunikation mit Trump auf. Der Star-Moderator soll am Vorabend des 6. Januar in einer Textnachricht geschrieben haben, er sei "sehr besorgt ĂŒber die nĂ€chsten 48 Stunden".
Wahlniederlage bis heute nicht eingerÀumt
Seit seinem Amtsantritt hat Biden wiederholt vor einer "existenziellen" Bedrohung politischer Freiheiten gewarnt, die die meisten US-BĂŒrger bislang fĂŒr selbstverstĂ€ndlich hielten. Diese Warnung wird er in seiner Rede am Donnerstag vermutlich noch einmal verschĂ€rfen.
Trump hat bis heute seine Wahlniederlage gegen Biden nicht eingerĂ€umt und verbreitet regelmĂ€Ăig seine WahlbetrugsvorwĂŒrfe. Die Anschuldigungen sind nur die Spitze des Eisbergs: Immer wieder attackiert Trump seinen VorgĂ€nger â von der Migrations- bis hin zur Corona-Politik. Experten werten dies als Anzeichen dafĂŒr, dass er mit einer erneuten PrĂ€sidentschaftskandidatur im Jahr 2024 liebĂ€ugelt.
Republikaner verteidigen Trump weiter
Der bei der konservativen Basis Ă€uĂerst beliebte Rechtspopulist ist nach wie vor der starke Mann bei den Republikanern. Nahezu alle Parteikollegen Trumps verteidigen den Angriff auf das Kapitol entweder oder meiden zumindest jede Kritik daran.
Trumps Vorgehen sei "beispiellos in der Geschichte der USA", sagt Carl Tobias, Professor an der University of Richmond School of Law. "Kein ehemaliger PrÀsident hat so viel versucht, um seinen Nachfolger und den demokratischen Prozess zu diskreditieren."
"Es waren nicht nur rechtsextreme Gruppen"
Wie abstrus Trumps Verschwörungstheorien auch sein mögen â Umfragen zufolge glauben rund 70 Prozent der Republikaner, dass Bidens Wahl unrechtmĂ€Ăig sei. "Es waren nicht nur rechtsextreme Gruppen, die sich am 6. Januar organisiert haben", sagt die Politikwissenschaftlerin Lara Brown von der George Washington University. "Es waren durchschnittliche Amerikaner, die sich diese ganze Idee zu eigen gemacht haben."
Laut der Politikwissenschaftlerin Rachel Bitecofer wirkt die Kapitol-ErstĂŒrmung bis heute nach. Biden "gedenkt nicht eines abgeschlossenen Ereignisses. Er gedenkt eines Ereignisses, das noch im Gange ist und sich zu verschlimmern droht", sagt sie mit Blick auf den Jahrestag. Viele tĂ€ten sich noch immer schwer damit, sich einzugestehen, "wie virulent der Angriff der Rechten auf die Demokratie noch ist".