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US-Vorwahl in Iowa: Droht Donald Trump die erste Blamage?


Start der Vorwahlen
"Deutschland sollte froh sein wegen Trump"

  • Bastian Brauns
Von Bastian Brauns

Aktualisiert am 15.01.2024Lesedauer: 8 Min.
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Iowa: Eine Rekordkältewelle hält die USA in Atem – und das kurz vor den Vorwahlen. (Quelle: t-online)

Der Auftaktsieg bei den ersten Vorwahlen in Iowa ist Trump so gut wie sicher. Doch der Ex-Präsident und sein Team haben eine Sorge: Es könnte etwas ins Wanken geraten.

Bastian Brauns berichtet aus Des Moines, Iowa

Automatisch öffnen sich die gläsernen Schiebetüren im Erdgeschoss. Durch die Lobby des Hotels Fort Des Moines fegt ein kalter Windstoß. Im Freien verkleben bei minus 25 Grad Celsius schon nach wenigen Sekunden die Nasenflügel. "Es ist garstig da draußen", sagt Donald Trump, als er in der Eingangshalle steht. Mehrere Reporter haben diese Szene per Video festgehalten.

Plötzlich wirkt der ehemalige Präsident Amerikas reichlich abgekämpft. Der Wind klappt seine blonden Haare voller Haarspray wie einen Helm nach vorne. Schnell legt er ihn wieder an. Sein weißes Hemd unter dem langen schwarzen Mantel ist verknittert. Er trägt keine Krawatte und die obersten Knöpfe hat er auch nicht zugemacht. Steif geht Trump zum Fahrstuhl, umgeben von den Sicherheitsleuten des Secret Service.

Video | Trump beleidigt Klimaaktivisten
Quelle: Glomex

Es ist Samstagabend in Des Moines, Iowa. Noch zwei Tage, bis die Ergebnisse der ersten Vorwahl in diesem Jahr feststehen. Und damit die erste messbare Antwort auf die Frage, ob Donald Trump wirklich so gut überzeugen kann, wie es seit Wochen der Fall zu sein scheint. So gut es für Trump gerade läuft, für ihn und sein Team besteht in Iowa auch ein Risiko. Denn was in diesem Bundesstaat geschieht, könnte auch am Selbstverständnis des ehemaligen Präsidenten rühren.

Bekommt Trump einen Dämpfer?

Das Hotel Fort Des Moines ist die beste Adresse dieser schneeverwehten Großstadt im mittleren Westen. Trumps Wahlkampfteam hat es zu seinem Hauptquartier für die Zeit der Vorwahlen in Iowa gemacht. Inzwischen hat sich der 45. Präsident auch wieder aufgewärmt. Trump trägt jetzt wieder seine rote Krawatte und wirkt aufgeräumt.

Im zweiten Stock saß er gerade bei einem Fernsehauftritt, der aus dem Hotel heraus übertragen wurde. Vor seinen handverlesenen Unterstützern im Publikum bat Trump um zahlreiches Erscheinen in den Wahllokalen. "Ich liege weiter vorne als andere Kandidaten jemals in der Geschichte. Aber wir müssen am Ende immer noch, ja wissen Sie, wählen gehen", sagte er. Trump weiß, dass trotz Vorsprungs in den Umfragen jede Stimme entscheidend ist.

Kampf um die Kandidatur
US-Wahlen2024
Stand:Trump:Haley:
  • Trump
  • Haley

Donald Trump (77)

Der umstrittene Ex-Präsident will das Weiße Haus zurückerobern.

Nikki Haley (52)

Pragmatikerin, will Konservative gewinnen, denen Trump suspekt ist.

Die prozentualen Zustimmungswerte der Kandidaten beziehen sich auf die Wählerschaft innerhalb der eigenen Partei, nicht auf alle Wähler. Quelle: RealClearPolling (13.03.2024, ausgewählte Bewerber, Ergebnisse auf ganze Zahlen gerundet)

Erleidet Donald Trump in Iowa am Montagabend einen empfindlichen Dämpfer, dann würde das zwar bedeuten: Niemand sonst zieht an ihm vorbei. Aber landet er unter 50 Prozent, bedeutet das auch: Trotz seiner stets betonten Großartigkeit will ihn dann immerhin die Mehrheit seiner eigenen Partei in Iowa offensichtlich eben nicht an erster Stelle wieder im Weißen Haus sehen. Eine hohe Wahlbeteiligung seiner Anhänger ist darum Trumps Ziel. Was wäre es für eine Schmach, wenn ausgerechnet seine eigenen Leute aus vermeintlicher Siegesgewissheit oder wegen der eisigen Temperaturen zu Hause blieben? Fürchtet Trump einen politischen Blizzard?

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Gegen 20 Uhr an diesem Abend erfährt Trump von den letzten Umfragen, die vor den ersten US-Vorwahlen erhoben wurden. Mit seinem Team berät er sich dazu im ersten Stock des Hotels und tritt wenig später wieder aus der Tür. Die Zahlen sind historisch gut, aber sie könnten besser sein. Trump ist jetzt mit 48 Prozent plötzlich wieder unter die magische Zahl von 50 Prozent gefallen. Seine Herausforderin Nikki Haley hat vier Punkte gut gemacht. Sie liegt jetzt bei immerhin 20 Prozent und lässt sogar Ron DeSantis mit 16 Prozent hinter sich.

Das mögliche Momentum für seine Gegnerin

Was da jetzt entstehen könnte, nennen die Amerikaner Momentum. Ein Achtungserfolg von Haley gegen Trump könnte ihr Rückenwind geben für die anstehenden Wahlen in New Hampshire, Nevada und South Carolina. Haley tritt an diesem Tag trotz eines Schneesturms in einer Brauerei auf dem Land auf. Die Energie, die Trumps ehemalige UN-Botschafterin bei ihren Auftritten in Iowa stets ausstrahlt, scheint überzugehen auf ihre Anhängerinnen und Anhänger. Der ehemalige Präsident attackiert sie darum regelmäßig. Mal raunt er über ihre indische Herkunft, mal über demokratische Spender, mal beschimpft er sie als unfähiges "Spatzenhirn".

Diese aktuellen Zahlen nimmt Donald Trump mit in den Fahrstuhl und hinauf in seine Suite. Einer seiner engen Mitarbeiter tröstet eine Gruppe mitgereister Anhängerinnen, die rote Trump-Mützen tragen: "Er hat entschieden, dass er heute Abend oben bleibt." Am nächsten Tag will Trump in der Kleinstadt Indianola ein letztes Mal öffentlich zu seinen Anhängern sprechen, um sie in die Wahllokale zu treiben. Es wird ein Betteln auf hohem Niveau.

Aber für den Ex-Präsidenten passt es einfach nicht ins Bild, an dem er seit Jahren arbeitet. Seiner Lesart nach ist er, als der um seine letzte Wahl betrogene Präsident, ja genau genommen immer noch Amtsinhaber. Als solcher müsste er quasi gesetzt sein als Kandidat der Republikaner. Er will die ungeteilte Zustimmung seiner Partei. Alles andere ist Majestätsbeleidigung. Dass Trump an keinem der vielen TV-Duelle mit seinen Herausforderern teilgenommen hat, zeugt von dieser Strategie. Aber auch davon, dass Trump wie schon 2016 einen Wahlkampf als Außenseiter inszeniert.

Trumps Team bremst die Erwartungen

Ein Sieg in Iowa bleibt freilich ein Sieg. Aber um eine Sache sorgt sich Trumps Team zu Recht. Fällt sein Erfolg schwächer aus, könnten sich zuerst die Medien auf die Erzählung stürzen, dass Trump weniger Rückhalt hat, als er behauptet. Dieser Eindruck darf aber nicht bei jenen Republikanern verfangen, die auch bereit sind, sich im Zweifel von ihm abzuwenden. Betont wird darum seit Tagen der historische Abstand zu seinen Herausforderern und nicht mehr eine bestimmte Prozentzahl. Erwartungsmanagement heißt das im Politiksprech. Sollte es am Ende besser kommen, umso besser.

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Das "Proudfood & Bird" ist die Hotelbar des Fort Des Moines, in dem Donald Trump nächtigt. Dort steht Jason Miller, Ende 40. Er gilt als die rechte Hand von Donald Trump. Schon in seinem ersten Wahlkampf 2016 war er der Sprecher von dessen Kampagne gegen Hillary Clinton. Für 2024 hat Trump ihn vor einigen Monaten zu seinem strategischen Chefberater gemacht. Auch er stapelt heute etwas tiefer. Ob er noch an die 50-Prozent-Schwelle glaube? "Ich bin mit jedem Ergebnis glücklich", sagt er. Dabei grinst er und streckt seinen breiten Rücken so weit durch, dass ihm beinahe der Knopf seines Jackets abreißt.

Miller gilt als hochumstrittener, rechter Hardliner. Als Trump nach dem Sturm auf das Kapitol vom Nachrichtendienst Twitter gesperrt wurde, gründete Miller mit der Social-Media-Plattform Gettr eine rechtskonservative Alternative. Zur AfD in Deutschland, zu Viktor Orbán in Ungarn und zur Bolsonaro-Familie in Brasilien pflegt er engste Kontakte. Aktuell sieht er sich mit Vergewaltigungsvorwürfen einer früheren Mitarbeiterin konfrontiert. Jason Miller streitet diese Anschuldigungen allerdings als pure Verleumdung ab.

In Iowa testet Trump schon jetzt eine spezielle Strategie

Juristischen Ärger hat auch sein Chef Donald Trump. In vielen der mehr als 90 Anklagepunkte, für die sich Trump vor Gericht verantworten muss, droht ihm Gefängnis. Sollte Trump wirklich schuldig gesprochen werden, das zeigen viele Umfragen, dann würden sich die ebenfalls entscheidenden, moderateren Trump-Wähler von ihm abwenden. Sprich, sie wären im Herbst schwerer an die Wahlurnen zu bringen. Auch darum versuchen der Ex-Präsident und sein Team bereits in Iowa alles, um so ein mögliches Szenario abzuwenden. Der Rückhalt darf um keinen Preis schwinden.

Seine Gerichtstermine nutzt Trump darum ganz gezielt schon seit Monaten als Bühne für seine Wahlkampfauftritte. Erst vor wenigen Tagen tauchte er wieder in New York auf, um sich gegen Betrugsvorwürfe zu verteidigen. Zugleich schickte er in den vergangenen Wochen zahlreiche Stellvertreter nach Iowa, die für ihn bei den Leuten für seine "Make-America-Great-Again" (MAGA)-Bewegung und für seine Bewerbung Stimmung machen sollen. Iowa ist der Testlauf für diese Stellvertreter-Strategie, von der die anderen Kandidaten nur träumen können. Trumps Söhne Eric, Donald Jr. und viele weitere Mitstreiter haben hier in den vergangenen Wochen zahlreiche eigene Auftritte absolviert. Gerade dann, wenn Trump mal wieder einen Gerichtstermin wahrnehmen musste oder wollte.

Trumps mögliche Stellvertreterin

Im Hotel Fort Des Moines geht eine Frau von der "Proudfood & Bird"-Bar in Richtung der Aufzüge. Auch sie kämpft für Donald Trump in Iowa, wo sie Auftritt um Auftritt absolviert hat. Es ist Kari Lake, das neue weibliche Gesicht seiner MAGA-Bewegung. In Arizona scheiterte sie 2022 mit ihrer Kandidatur, Gouverneurin zu werden. Seither spricht auch sie von einer gestohlenen Wahl. Es war ihre Eintrittskarte in Trumps Universum. Immer häufiger wird sie inzwischen als mögliche "running mate", als Trumps Vizekandidatin, gehandelt.

Sie sei sich zu "100 Prozent sicher", dass Trump in Iowa gewinnt und auch ins Weiße Haus zurückkehrt, sagt sie, bevor sie in den Aufzug steigt. Das sei überlebenswichtig für Amerika, aber auch für den Rest der Welt. "Alles, was in Deutschland gerade schiefläuft, ist die Schuld von Joe Biden", sagt sie voller Überzeugung. Was genau das sein soll, sagt sie nicht. In Berlin solle man aber froh sein, wenn Donald Trump wieder US-Präsident würde. "Deutschland müsste eigentlich das stärkste Land Europas sein", sagt Lake und beschwert sich über die Abhängigkeit vom russischen Gas und Nordstream 2. "Trump spricht so was an. Biden hat das einfach laufen lassen."

Kari Lake ist bekannt für ihre Pauschalkritik an den Medien. Auch heute bleibt das nicht aus. "Donald Trump ist ein guter Mann. Die Medien lügen. Fake News. Ja, wirklich. Das ist die Realität. Deutschland sollte froh sein, wenn er wieder Präsident wird", sagt sie. Die ehemalige Fernsehmoderatorin wirkt plötzlich sehr energisch. Dann steigt sie mit ihrem Mann Jeff in den Aufzug. Ihr Mitarbeiter bellt auf Nachfrage: "Nein. Kein Foto." Dann dreht sich Kari Lake noch einmal um und sagt: "Das kann ich doch schnell machen." Auf dem Selfie, das entsteht, lächelt sie dann wieder milde.

Szenarien für alle Fälle

In der Hotellobby hat sich eine Gruppe der "College Republicans" und der "Young Republicans" eingefunden. Aus vielen Bundesstaaten sind sie nach Iowa geflogen, um Trumps Schlussspurt zu unterstützen. Einer von ihnen ist Michael Bartels. Er kommt von den New Yorker Young Republicans und hat in dieser Funktion auch schon auf dem Deutschlandtag der Jungen Union gesprochen. Für diesen Montag denkt er in drei Szenarien: "Beim ersten landet Trump über 50 Prozent. Dann ist die Chance groß, dass die anderen Kandidaten aufgeben", sagt er. Für Trumps Kampagne wäre das wichtig, weil dann belegt werden könnte, dass sich seine landesweiten sehr guten Umfragen in Iowa widerspiegeln.

Trumps Rivalen würden hingegen auf das zweite Szenario hoffen, sagt Bartels. "Ein Ergebnis zwischen 30 und 40 Prozent für ihn." Dann könnten Nikki Haley oder Ron DeSantis weiter auf ihr Momentum und die Medien hoffen. Je mehr und je länger Trump für einen klaren Sieg kämpfen muss, desto schlechter kann sich das auch auf die Präsidentschaftswahlen im November auswirken. Das dritte Szenario ist extrem unrealistisch: eine Niederlage für Trump.

Die letzte Show vor dem Showdown

Eine halbe Autostunde von Des Moines entfernt schwört Trump am Sonntagnachmittag seine Fangemeinde auf einem College-Campus in Indianola ein. "Ihr müsst rausgehen", ruft Trump von einer Bühne im Innern des Hauptgebäudes. "Es geht in Iowa um ein landesweites Signal." Tatsächlich sind die Außenbedingungen ungünstig. Bei fast minus 30 Grad Celsius drohen draußen selbst den heißesten Trump-Fans in der langen Warteschlange Erfrierungen. Gekommen sind sie trotzdem. Trumps Kampagne hat extra Kältebusse auffahren lassen. Mit laufendem Motor bieten sie einen beheizten Unterschlupf für jene, die das Warten im Frost nicht mehr aushalten.

Die Stimmung im Saal lässt dann die möglichen Szenarien fast vergessen. Hier gibt es nur eines und da bleibt Trump ein König. Er ist in seinem Element. Es fällt ihm leicht, den Bacon, den er gestern im Hotel in Iowa gegessen hat, zu loben. Um dann sofort darauf zu verweisen, dass der wegen der Inflation viel zu teuer geworden sei, weshalb Joe Biden und dessen "Globalistenfreunde" sich die Taschen vollmachen würden und außerdem auch seine stärkste Verfolgerin Nikki Haley eine "Globalistin" sei.

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Mit Jubel, Trump- und USA-Rufen und Standing Ovations danken es ihm hier Hunderte seiner Anhänger. Sie feiern diesen letzten Auftritt ihrer politischen Kultfigur vor dem Caucus am Montag. Am Ende ruft Trump seinen inzwischen fest etablierten Glaubenssatz, der alle Gerichtsverfahren gegen ihn vergessen lassen soll: "Sie sind nicht hinter mir her. Sie sind hinter euch her. Ich habe mich ihnen eben nur in den Weg gestellt." Ein Mann mit Wintermütze ruft aus der Menge laut in Richtung Trump: "Thank you!"

Welches Ergebnis sich Donald Trump in Wahrheit aber wünscht, verrät er in seiner Rede auch noch. MAGA, also seine treuen Anhänger, das seien in Wahrheit 95 Prozent der Republikaner. Das entspricht in etwa dem Vorwahl-Ergebnis, das er in Iowa 2020 mit rund 97 Prozent eingefahren hatte. Damals war er wirklich noch Amerikas Präsident und ohne eisigen Gegenwind aus der eigenen Partei.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen vor Ort
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