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Annalena Baerbock und die Ukraine-Kontroverse: "Das ist doch Quatsch"


Baerbocks Satz zur Ukraine
Das ist doch Quatsch

MeinungEin Kommentar von Fabian Reinbold

Aktualisiert am 02.09.2022Lesedauer: 3 Min.
Meinung
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Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.
Außenministerin Annalena Baerbock sieht sich den Attacken vereinzelter radikalisierter Gruppen ausgesetzt.Vergrößern des Bildes
Quelle: IMAGO/Chris Emil Janssen

Annalena Baerbock steht wegen eines Satzes zur Ukraine am Pranger. Die Kritik ist zwar überzogen, doch die Außenministerin hat tatsächlich einen Fehler gemacht.

Sobald es um Annalena Baerbock und ihre Russlandpolitik geht, verliert ein großer Teil der Öffentlichkeit jegliches Maß. Nach ihren Äußerungen in Prag zur Unterstützung der Ukraine steht die deutsche Außenministerin in den sozialen Medien nun wahlweise als Verräterin da oder als heldenhafte Anführerin unter widrigsten Umständen.

Beides ist – wenn auch in unterschiedlichem Maße – Quatsch.

Baerbock hatte am Mittwoch bei einer Diskussion auf Englisch gesagt, sie werde ihre versprochene Unterstützung der Ukraine erfüllen, "egal, was meine deutschen Wähler denken". Seit Donnerstag dominiert auf Twitter das Schlagwort #BaerbockRuecktritt.

Mit einem sinnentstellenden Video wurde diese Kampagne von einem prorussischen Portal losgetreten von den üblichen Verdächtigen verbreitet: von organisierten, regierungsnahen Accounts aus Russland, Vertretern von AfD und der Wagenknecht-Linken. Man darf diese orchestrierte Kampagne nicht mit spontanem Volkszorn verwechseln.

Ein "unforced error"

Dennoch ist nicht jeder, der Baerbocks Aussage bemängelt, ein Putin-höriger Troll. Man kann den Satz der Außenministerin sehr wohl kritisieren. Er war ein "unforced error", ein vermeidbarer Fehler.

Der Kontext ihrer Aussagen macht deutlich, dass es Baerbock darum ging, der von Russland überfallenen Ukraine zu versprechen: Auch im kommenden Winter stehen wir weiter an eurer Seite – auch wenn uns Politiker daheim bei Gasknappheit und Inflation rauer Gegenwind erwartet.

Doch ihr Halbsatz "egal, was meine Wähler denken" war zumindest ungeschickt. Eine Frau, die Deutschland in der Welt vertritt, darf nicht den Anschein erwecken, die Meinung der Deutschen sei ihr egal.

So lieferte Baerbock die Steilvorlage für jene Desinformationskampagne, die sie nun ereilt hat. Im Amt als Außenministerin kommt es eben auch auf Halbsätze an. Und Baerbock weiß, dass sie wegen ihrer klaren Haltung gegenüber Moskau das bevorzugte Ziel russischer Propaganda ist.

Hätte sie ihre Aussage – wir stehen auch bei Gegenwind fest an der Seite der Ukraine – geschickter formuliert, wäre ihr die aktuelle Welle wohl erspart geblieben.

Sorry, liebe Baerbock-Fans, das war kein Fake

Deswegen – sorry, liebe Baerbock-Fans – geht die ganze Aufregung nicht auf ein "Fake-Video" zurück, wie in vielen Äußerungen und Berichten zu lesen war. Zusammenschnitt und Intonierung eines weit verbreiteten Postings waren verfälschend: ein klassischer Fall von moderner Desinformation, aber kein Fake. Den zentralen Satz hatte Baerbock gesagt, wenn er auch vielfach verfälscht zitiert wird. Sie sprach nicht von "den Wählern", sondern von "meinen Wählern".

Der Außenministerin unterläuft nicht das erste Mal ein derartiger Lapsus. Im Sommer etwa raunte sie in einer Talkrunde in Berlin, als es um Nord Stream 1 ging, von drohenden Volksaufständen im Winter, wenn man ohne Gas aus Russland bleibe. Auch das war ein fahrlässiger Halbsatz.

Abseits der Aufregung in den sozialen Netzwerken ist die Lage doch so: Eine Mehrheit in Deutschland ist weiterhin für die Unterstützung der Ukraine, das zeigen die Umfragen. Auch wenn der Preis ein sehr hoher ist. Insofern ist Baerbock weder einsame Heldin noch Verräterin, die Politik gegen einen anderslautenden Volkswillen machen würde.

Für Prinzipien einstehen

Es ist und bleibt wichtig, die Ukraine im Krieg zu unterstützen. Man sollte die Bereitschaft der Deutschen dazu allerdings nicht durch fahrlässige Äußerungen gefährden. Baerbock sollte deshalb ihren Lapsus eingestehen, ohne in der Sache abzurücken.

Schließlich repräsentiert die Grüne doch das, was sich viele Bürger eigentlich wünschen: Politiker, die für ihre Prinzipien eintreten, diese klar kommunizieren und nicht ständig auf aktuelle Meinungsumfragen schielen. Das Urteil über die Politik fällen die Wähler und Wählerinnen dann am Wahltag.

Genau diese Logik einer repräsentativen Demokratie hat Annalena Baerbock ausgedrückt bei ihrem Auftritt in Prag. Nicht besonders geschmeidig, aber doch völlig zu Recht. Oder wollen Sie etwa von Politikern regiert werden, die bei Gegenwind ihre Meinung ändern und sich von Kampagnen einschüchtern lassen?

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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