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TV-Kritik zu "Hart aber fair": Markus Söder und das Spiel mit der Angst


"Hart aber fair"-Talk
Markus Söder und das Spiel mit der Angst

t-online, Nico Damm

Aktualisiert am 10.01.2017Lesedauer: 3 Min.
Markus Söder spielte bei "Hart aber fair" den Scharfmacher.Vergrößern des BildesMarkus Söder spielte bei "Hart aber fair" den Scharfmacher. (Quelle: WRD / Borm)
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Können sich die Menschen in Deutschland noch sicher fühlen? Die Debatte reißt auch lange nach Silvester nicht ab. Bei "Hart aber Fair" stand die Frage im Raum, was schärfere Gesetze bringen. Dabei musste die Runde jedoch auf einen prominenten Gast verzichten.

Die Gäste:

- Markus Söder (CSU)
- Renate Künast (B‘90/Grüne)
- Rainer Wendt (Bundesvorsitzender Deutsche Polizeigewerkschaft)
- Heribert Prantl (Mitglied der Chefredaktion "Süddeutsche Zeitung")
- Mehmet Daimagüler (Rechtsanwalt; ehemaliger FDP-Politiker)

Das Thema:

Frank Plasberg wollte das Thema unter dem Titel "Neues Deutschland - bringt Härte gegen Zuwanderer mehr Sicherheit?" diskutieren lassen. Nicht unerwähnt ließ er dabei, dass der Innenminister Nordrhein-Westfalens, Ralf Jäger (SPD), ebenfalls eingeladen war, aber abgesagt hatte. Jäger ist eine zentrale Figur in der Aufklärung des Anschlags: Der Attentäter Amri hatte in NRW gewohnt und damit waren die dortigen Behörden für dessen Asylverfahren zuständig. Prantl zufolge hätte man ihn dort dazu zwingen müssen, sich täglich bei der Polizei zu melden. Wenn nicht, hätte man ihn in Untersuchungshaft bringen können. Die bestehenden Gesetze reichten also aus. Anders sahen das Söder und Wendt: Sie forderten schärfere Gesetze. Söder obendrein eine Verschärfung der Einwanderungspolitik.

Der Frontverlauf:

Die ersten 20 Minuten verbrachte Plasberg mit dem vergeblichen Versuch, Künast kritische Worte über ihre Parteichefin Simone Peter zu entlocken, die nach ihrer Kritik am jüngsten Silvester-Polizeieinsatz in Köln Kritik an der Verwendung des Begriffs "Nafri" (Nordafrikanischer Intensivtäter) geübt und sich dafür sogar in der eigenen Partei isoliert hatte. Künast wand sich: Peter habe sich entschuldigt. Doch damit sei die Sache nicht erledigt, zürnte Wendt: "Ich bin es leid, dass Teile der Grünen nichts Besseres zu tun haben, als alte polizeifeindliche Reflexe rauszuholen." Der Auftakt zu einem lauten Zank, den Plasberg nur mit Mühe bändigen konnte.

Söder sah einen "Verlust der Kontrolle an den Grenzen", der einen Zusammenhang mit der Kriminalität wie etwa in der Kölner Silvesternacht habe. Als die CSU vor wachsenden Gefahren gewarnt habe, sei man dafür kritisiert worden. Das konterte Künast: Die CDU habe schließlich seit 12 Jahren das Bundesinnenministerium, da sei es seltsam, sich zu beschweren, es sei nichts passiert. Prantl befürwortete wie Söder und Wendt mehr Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen - hier habe er seine Meinung nach der Silvesternacht geändert. Allerdings sah er keinen Kontrollverlust. Dass auf dem Höhepunkt der Zuwanderung nicht genügend Kapazitäten da gewesen seien, um etwa Fingerabdrücke zu nehmen, sei ein Fehler gewesen. "Aber die Behörden machen es jetzt besser."

Hitziges Thema Abschiebungen:

Es ist der meistzitierte Gesetzestext der vergangenen Tage: Der Paragraph 58a des Aufenthaltsgesetzes. Er erlaubt ausdrücklich die Abschiebung von Gefährdern, ist aber im Fall Amri nicht angewendet worden. Laut neuesten Erkenntnissen, weil die Behörden den Gesetzestext für nicht praktikabel hielten. Für Künast hätte "ein Innenminister den Mut haben sollen", ihn dennoch zu bemühen.

Der Querdenker:

Daimagüler dachte als Anwalt, der auch NSU-Opfer vertritt, oft quer. Gewalt gegen Frauen gebe es auch anderswo: Seine Familie etwa könne aus Angst vor Neonnazis nicht in die Sächsische Schweiz kommen, um Urlaub zu haben. Zudem seien zwei Drittel der sexuellen Straftaten gegen Frauen Beziehungstaten. "Wir sollten uns nicht darauf beschränken, über Silvester zu reden, sondern über die Gewalt über das ganze Jahr hinweg." Zudem arbeite die Polizei schlecht, wenn sie in "Schubladen" denke: "Wenn man den Zeugenaussagen, die es von Anfang an gab, geglaubt hätte, wären die meisten NSU-Opfer vermutlich noch am Leben!"

Der Scharfmacher:

Söder spielte geschickt auf der Klaviatur der Angst: Frauen, Mütter und Töchter fürchteten sich. "Der Staat muss zeigen, dass er nicht wehrlos ist." Dass gerade Frauen zunehmend um ihre Sicherheit bangen und dies teils auch wegen Einwanderern, belegte zwar auch ein Einspieler. Söder verknüpfte jedoch Einwanderung mit Kriminalität und Kontrollverlust. Da machte sich noch nicht einmal mehr jemand die Mühe, dem Mann zum wiederholten Male zu erklären, dass Migranten nicht krimineller sind als Deutsche. Ob Söder außerdem weiß, dass unter den Opfern in Köln auch viele Frauen mit Migrationshintergrund waren?

Was fehlte:

Hintergrundinformationen. Nur ein Einspieler lieferte wesentliche Fakten: Dass die Behörden Amri schon lange im Visier hatten. Das ist bekannt. Eine Expertenmeinung und ein internationaler Vergleich hätten der Sendung gut getan. Zum Beispiel mit Frankreich - ein hoch zentralisiertes Land mit gebündelten Sicherheitsbehörden, das trotz Dauer-Ausnahmezustandes nicht zur Ruhe kommt. Was könnten eine Zentralisierung der Verfassungsschutzämter und weiteren Behörden sowie schärfere Gesetze also in Deutschland bringen?

Was bleibt:

Wenn es in dieser lebhaften Runde Konsens gab, dann diesen: Vertrauen in den Staat und dass er und die Polizei die Bürger schützen können, ist essentiell. Außerdem waren sich die Gäste einig, dass wieder mehr Beamte auf die Straße müssen - nachdem, wie Prantl berichtete, in den vergangenen 20 Jahren 17.000 Stellen gestrichen wurden.

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