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AfD: Haushaltsurteil bedroht Ostdeutschland – Chance für rechte Partei?


Haushaltsurteil
"Ministerpräsident Höcke wird dann immer wahrscheinlicher"

Von Charlotta Siemer

Aktualisiert am 24.11.2023Lesedauer: 3 Min.
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Björn Höcke (Archivbild): Die AfD in Thüringen hat in aktuellen Umfragen 34 Prozent.Vergrößern des Bildes
Björn Höcke (Archivbild): Die AfD in Thüringen erreicht in aktuellen Umfragen 34 Prozent. (Quelle: nordphoto GmbH/Hafner/imago images)

Das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts könnte besonders Regionen in Ostdeutschland treffen. Politikberater Johannes Hillje glaubt, dass die AfD davon profitieren könnte.

Das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts trifft nach Darstellung des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundeswirtschaftsministerium, Michael Kellner (Grüne), besonders Ostdeutschland. Von den angekündigten Investitionen in die Industrie von 80 Milliarden Euro entfielen rund 50 Milliarden auf Ostdeutschland, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Am vergangenen Mittwoch hatte FDP-Finanzminister Christian Lindner nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zunächst eine Ausgabensperre für den Klima- und Transformationsfonds (KTF) verhängt, am Montagabend stoppte das Finanzministerium dann auch für andere Haushaltsbereiche sogenannte Verpflichtungsermächtigungen. Die 60 Milliarden Euro des KTF waren für Projekte zur Energiewende in den kommenden Jahren vorgesehen, die unter anderem in die Ansiedlung von Zukunftsindustrien vor allem in Ostdeutschland fließen sollten. Das steht nun auf der Kippe.

Johannes Hillje, Politikberater und Experte für Populismus, glaubt, dass die AfD bei den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im kommenden Jahr davon profitieren könnte. Noch spiele die AfD in der Debatte um den Haushalt zwar kaum eine Rolle, "das könnte sich aber bald ändern", erklärt er im Gespräch mit t-online. Nach Migration sei Transformation mittlerweile das zweite Mobilisierungsthema für die AfD.

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"Die AfD mobilisiert die Angst vor Veränderung"

Und in Ostdeutschland gebe es viele sogenannte Transformationsregionen, in denen energieintensive Unternehmen eine wichtige Rolle für Wertschöpfung und Arbeitsplätze spielen, sagt der Experte. Kellner betonte am Dienstag, nach heutigem Stand seien ohne den Klima- und Transformationsfonds weder die Ansiedlung der Chipfabriken in Dresden und Magdeburg noch der Wiederaufbau der Solarindustrie in Ostdeutschland gesichert.

"Der Wirtschaftsstandort Ostdeutschland befindet sich mitten in einem Umbau hin zu klimaneutraler Produktion und Technologie", erklärt auch Hillje. Wenn für diese Modernisierung nun die Investitionen wegbrechen, schüre das Zukunftsängste, sagt er und betont, dass es bei diesen Milliarden auch um den Schutz von Wirtschaftskraft, Jobs und Wohlstand gehe, nicht allein um den Schutz des Klimas.

"Die AfD mobilisiert die Angst vor Veränderung", sagt Hillje. Die Zielgruppe der rechten Partei sei jener Teil der Mittelschicht, der sich angesichts des Strukturwandels einer Abstiegsbedrohung ausgesetzt sieht. "Die Haushaltskrise könnte weniger als ein Jahr vor den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg zur Wahlkampfhilfe für die AfD werden", erklärt der Experte.

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AfD schneidet in Transformationsregionen meist besser ab

Aktuellen Umfragen zufolge ist die AfD in allen drei Ländern deutlich stärkste Kraft. In Thüringen käme der vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestufte Landesverband auf 34 Prozent, die CDU folgt mit 22 Prozent. In Sachsen erreicht die Partei aktuell 32,5 Prozent, auf Platz zwei liegt die CDU mit 28,5 Prozent. Die AfD in Brandenburg liegt mit 32 Prozent vor der SPD mit 20 Prozent.

Bei den Landtagswahlen in Hessen und Bayern habe es das Muster gegeben, dass die AfD in Transformationsregionen im Durchschnitt mehrere Prozentpunkte besser als in anderen Regionen abschnitt, erklärt Hillje. Und auch auf Bundesebene gebe es diesen Trend. "Viele Transformationsregionen sind AfD-Hochburgen."

Experte: Dann wird ein Ministerpräsident Höcke wahrscheinlicher

In Thüringen gelten über ein Drittel der Landkreise als Transformationsregionen, sagt Hillje. "Sollten FDP und Grüne es in dem Bundesland nicht über die 5-Prozent-Hürde schaffen und die AfD mit Rückenwind aus Karlsruhe noch ein paar Prozentpunkte drauflegen, wird ein Ministerpräsident Höcke wahrscheinlicher", betont der Experte. Grüne und FDP liegen aktuellen Umfragen zufolge bei jeweils 4 Prozent.

Die Reaktion der Regierungsparteien – aber auch der Union – auf das Gerichtsurteil sei für die Transformationsregionen "alles andere als beruhigend", meint Hillje. Die FDP fordert nach dem Haushaltsurteil Kürzungen im Sozialbereich, und auch CDU-Chef Merz erklärte, nun auf die Kindergrundsicherung verzichten zu wollen.

Hillje sieht das kritisch: "Kürzungen im Sozialbereich würden die Verunsicherung nur noch erhöhen." Besser wäre es, wenn alle demokratischen Kräfte konstruktiv über Lösungen reden, die den Transformationsregionen und Menschen mit Zukunftssorgen eine positive Perspektive bieten, meint er. "Bleibt es bei der Plan- und Ratlosigkeit, wird die Haushaltskrise zur Rampe der AfD."

Verwendete Quellen
  • Schriftliches Interview mit Johannes Hillje
  • rnd.de: "Ampel ringt um Ausweg: Wie weiter mit den Finanzen?"
  • dawum.de: "Neueste Wahlumfrage zur Landtagswahl in Thüringen"
  • dawum.de: "Neueste Wahlumfrage zur Landtagswahl in Sachsen von Institut Wahlkreisprognose"
  • wahlrecht.de: "Umfragen Brandenburg (#ltwbb)"
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