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Berlin | Bauernproteste sorgen für Einschränkungen: Das steckt dahinter


"Dann wird es massiven Widerstand geben"
Warum die Bauern nun auf die Barrikaden gehen


18.12.2023Lesedauer: 5 Min.
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Berlin: Wegen der Kürzungen im Haushalt demonstrieren viele Landwirte.Vergrößern des Bildes
Berlin: Wegen der Kürzungen im Haushalt demonstrieren viele Landwirte. (Quelle: Fabian Sommer/dpa)

Die Ampel plant Kürzungen im Agrarbereich. Das wollen sich die Landwirte nicht gefallen lassen – am Montag sollen Hunderte Traktoren in die Hauptstadt einrollen.

Am Montag könnte es in Berlin chaotisch werden – denn für 11 Uhr hat der Deutsche Bauernverband (DBV) bundesweit Landwirte zum Protest in der Hauptstadt aufgerufen. Seit Tagen äußern Bauern öffentlich ihren Unmut über die von der Ampel-Koalition angekündigte Streichung von Agrarsubventionen.

So demonstrierten am Samstag etwa Landwirte in der Rosenheimer Fußgängerzone in Bayern, in Niedersachsen blockierten Bauern mit ihren Traktoren in den vergangenen Tagen teilweise den Verkehr. Was steckt hinter den Protestaktionen und was ist heute in Berlin zu erwarten? Ein Überblick.

Was planen die Bauern?

Unter dem Motto "Zu viel ist zu viel! Jetzt ist Schluss!" starten die Landwirte am Montag um 11 Uhr ihre Kundgebung am Brandenburger Tor in Berlin. Dem Deutschen Bauernverband zufolge sollen auch zahlreiche Traktoren in die Hauptstadt rollen. In einem Bericht des "Tagesspiegels" ist von bis zu 1.000 Fahrzeugen die Rede. Auch die Verkehrsinformationszentrale (VIZ) erwartet mehrere Hundert Fahrzeuge. Bei der Polizei waren etwa 3.000 Menschen zu der Demo angemeldet. Als Redner sollen unter anderem Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) und Bauernpräsident Joachim Rukwied auftreten.

Am frühen Montagmorgen sammelten sich auf der Straße des 17. Juni bereits die ersten Traktoren der Demonstration, wie die VIZ auf der Plattform X (vormals Twitter) mitteilte. Die Straße sei bereits in beiden Richtungen gesperrt. Insgesamt komme es in der Zeit von 7 bis 15 Uhr auf der Straße des 17. Juni zwischen Großem Stern und Brandenburger Tor wegen der Kundgebung zu Verkehrseinschränkungen. Auch eine Sternfahrt von Traktoren zum Brandenburger Tor war laut Verkehrsinformationszentrale geplant. Die Bauern sollen demnach aus allen Himmelsrichtungen in die Stadt einfahren.

Was kritisieren die Bauern?

Bislang können sich Höfe die Energiesteuer für Diesel teilweise zurückerstatten lassen. Zudem sind land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge von der Kfz-Steuer befreit. Das soll sich künftig ändern: Die Ampel-Regierung hat im Haushalt für 2024 die Streichung der Steuervergünstigungen für Landwirte vorgesehen. Was die Regierung außerdem plant, lesen Sie hier im Überblick. Nach Verbandsangaben würden der Landwirtschaft damit fast eine Milliarde Euro entzogen.

Heiko Terno, der Vizepräsident des Landesbauernverbandes Brandenburg (LBV), sieht deshalb schwere Zeiten auf die Landwirtschaft in der Region zukommen. "Die vorweihnachtliche Ruhe ist uns genommen worden", sagte er dem "Tagesspiegel". Viele Betriebe hätten bereits mit erheblichen Einkommensverlusten zu kämpfen aufgrund der allgemein schwierigen Wirtschaftslage. Eine Streichung der Subventionen werde die Bauernschaft jedoch nicht ohne Widerstand hinnehmen: "Irgendwann ist mal Schluss", so Terno.

Was fordern die Bauern?

Der Deutsche Bauernverband verlangt von der Regierung eine Rücknahme der Pläne, Regelungen zum Agrardiesel und zur Kfz-Steuerbefreiung für Einsparungen im Bundeshaushalt abzuschaffen. "Wir Bauern werden am Montag ein erstes deutliches Signal an die Ampelkoalition senden", sagte Bauernpräsident Rukwied der dpa. Würde die Ampel die Vorschläge nicht zurücknehmen, drohen Rukwied zufolge erhebliche Konsequenzen: "Wenn nicht, wird es ab Januar massiven Widerstand geben. Wir werden uns das nicht gefallen lassen."

Die Ertragslage der Landwirtschaft hatte sich nach Branchenangaben zuletzt verbessert. Im Ende Juni abgelaufenen Wirtschaftsjahr 2022/23 stieg der durchschnittliche Gewinn der Betriebe auf das Rekordniveau von 115.400 Euro – ein Plus von 45 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Angesichts sinkender Preise bei Getreide, Ölsaaten und Milch hatte der Bauernverband sich aber bereits vor Bekanntwerden der Ampel-Pläne pessimistisch zu den weiteren Geschäftsaussichten geäußert.

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Wie rechtfertigt die Bundesregierung die Entscheidung?

Die Regierung hat die Pläne mit dem Abbau klimaschädlicher Subventionen begründet. Um einen Teil des Lochs im Bundeshaushalt 2024 zu stopfen, soll auch die Landwirtschaft einen Sparbeitrag leisten. Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) sagte: "Der Bundeskanzler, der Finanzminister und ich haben die Entscheidung zur Agrardiesel-Beihilfe im Sinne einer Gesamtlösung treffen müssen", sagte er der dpa. "Das war nicht leicht und auch ich weiß um die Härten." Zugleich nahm Habeck seinen Kollegen Özdemir in Schutz: "Der Landwirtschaftsminister hat davor gewarnt, die Agrardiesel-Beihilfe zu streichen. Cem Özdemir kennt die Lage der Bauern und die Belastung und hat das sehr deutlich gemacht", sagte Habeck.

Er habe diese Argumente auch mit den Regierungspartnern diskutiert. "Aber wir müssen in Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE) mit weniger Geld auskommen und Ausgaben beschränken", so der Klimaschutz- und Wirtschaftsminister. Was das Urteil des BVerfGE konkret bedeutet, lesen Sie hier.

Von wem erhalten die Landwirte Unterstützung?

Landwirtschaftsminister Özdemir hat seine Kritik an den Plänen der Ampel am Montagmorgen erneut bekräftigt. "Diese Kürzungen, wie wir sie da vornehmen, die überfordern den Sektor", sagte Özdemir am Montag im ARD-"Morgenmagazin". Die Schmerzgrenze für Landwirte sei mit dieser Maßnahme "meines Erachtens überschritten".

Die FDP-Fraktion im Bundestag kündigte am Sonntag ein Veto gegen das Vorhaben der Ampelspitzen zur Streichung von Steuervergünstigungen für Landwirte an. "Die FDP-Fraktion hält die starke Belastung der landwirtschaftlichen Betriebe für nicht zustimmungsfähig", sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr der dpa. Er ergänzte: "Es wird zu oft von angeblich klimaschädlichen Subventionen gesprochen, ohne auf die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Abschaffung zu schauen."

"Vor allem brauchen unsere Landwirte faire Wettbewerbsbedingungen im europäischen Vergleich", forderte Dürr. "Genau das wäre bei einer Umsetzung der Pläne gefährdet." Finanzminister Christian Lindner habe "deshalb bereits zugesagt, dass er der Regierung Alternativen vorlegen kann, wenn die Koalitionspartner zustimmen". Der FDP-Chef hatte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland gesagt: "Um es klar zu sagen, ich bin kein Freund der Belastung der landwirtschaftlichen Betriebe." Deshalb werde man miteinander in Regierung und Koalition sprechen müssen. "Ich bin für Alternativen offen", betonte er.

"Eine Kostenexplosion ist vorprogrammiert"

Scharfe Kritik an den geplanten Kürzungen kam aus der Union. CDU-Chef Friedrich Merz schrieb in einer Mail an seine Anhänger, im Durchschnitt werde durch die Ampel-Pläne "jeder landwirtschaftliche Betrieb im Jahr mit 4.000 Euro zusätzlichen Steuern belastet". Die Bundesregierung wolle nicht sparen, sondern suche vor allem nach neuen Einnahmequellen. Dabei habe die FDP "doch versprochen, die Steuern nicht zu erhöhen". Die Union werde sich "mit großem Nachdruck dafür einsetzen, dass diese Steuererhöhungen nicht kommen werden", kündigte der Unionsfraktionsvorsitzende an.

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Die stellvertretende CDU-Vorsitzende und Bundestagsabgeordnete Silvia Breher sagte der Deutschen Presse-Agentur, die grüne Branche werde mit fast einer Milliarde Euro pro Jahr zusätzlich belastet. "Dem Klima dient diese Entscheidung nicht, denn Alternativen stehen den Landwirtschaft- und Forstwirten nicht zur Verfügung." Die Chefin der Mittelstands- und Wirtschaftsunion, Gitta Connemann, warnte, ohne Diesel könne kein Acker bestellt werden: "Eine Kostenexplosion ist vorprogrammiert."

Der Thüringer CDU-Chef Mario Voigt nannte die Ampel-Pläne "unverantwortlich" und sagte, er solidarisiere sich mit den Landwirten. "Unsere Bauern verdienen mehr Unterstützung." Der Bundesregierung warf er vor, ihr gehe es darum, Kasse zu machen. "Eine Lenkungswirkung fürs Klima existiert schlicht nicht. Kein Landwirt kann derzeit auf sein Dieselfahrzeug verzichten und einfach auf Elektroantrieb wechseln", so Voigt. Er warnte davor, dass Bauern in Deutschland ihre Wettbewerbsfähigkeit verlieren und die Preise im Supermarkt für Lebensmittel steigen könnten.

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