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G20-Krawalle: CDU-Politiker wollen "Rote Flora" schließen


Besetztes Theater in Hamburg
Die "Rote Flora" hat die Sympathien verspielt

dpa, Markus Klemm, Bernhard Sprengel

Aktualisiert am 10.07.2017Lesedauer: 4 Min.
Der Schriftzug «No G20» leuchtet auf dem Dach des autonomen Kulturzentrums Rote Flora im Schanzenviertel.Vergrößern des BildesDer Schriftzug «No G20» leuchtet auf dem Dach des autonomen Kulturzentrums Rote Flora im Schanzenviertel. (Quelle: Christian Charisius/dpa-bilder)
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Die "Rote Flora" ist in Hamburg eine linke Institution. Sie war es auch, die hinter der "Welcome to Hell"-Demonstration stand, bei der es zu massiven Ausschreitungen kam. Die Organisatoren haben sich damit einen Bärendienst erwiesen.

Am Infomobil der Polizei im Hamburger Schanzenviertel ist die Empörung der Bürger über die Randale während des G20-Gipfels noch immer groß. "Grauenhaft" sei die Nacht zum Samstag gewesen, sagt Architektin Meike Siemssen. "Wir standen morgens um 3.00 Uhr auf der Straße und haben unsere Mülleimer löschen müssen." Und das hätten sie nur machen können, weil sie dabei von der Polizei geschützt wurden. Direkt im Zentrum des Schanzenviertels seien Anwohner beim Löschen mit Steinen angegriffen worden.

Siemssen und ihr Mann Tommaso Amato (beide 51) berichten Polizeipräsident Ralf Martin Meyer von den Geschehnissen der vergangenen Krawallnächte. Meyer besucht das Infomobil, an dem Bürger ihre Schäden melden können. Es gehe vor allem um beschädigte Autos und eingeschlagene Scheiben, sagt einer der Beamten. Wenige Meter weiter beseitigen Bauarbeiter auf der Straße Asphaltschäden, die durch brennende Barrikaden entstanden sind.

"Wer die Polizei ruft, ist ein Faschist"

Siemssen und Amato haben eine private Baustelle an ihrem Haus. Sie hätten Panik gehabt, dass die Vermummten, die durch ihre Straße zogen, das Gerüst hochklettern. Er habe ihnen gesagt, dass er die Polizei gerufen habe, sagt Amato, der ebenfalls Architekt ist. Daraufhin sei er als Faschist beschimpft worden. "Wer die Polizei ruft, ist ein Faschist", das sei die Logik der Linksautonomen, empört sich der Italiener über das Klima der Einschüchterung.

"Die haben drei Stunden lang zugeguckt. Die hätten mal aktiv werden können", sagt Siemssen über das linksautonome Kulturzentrum "Rote Flora". Überhaupt scheint das seit Jahrzehnten besetzte und wohl wichtigste linksautonome Zentrum der Republik in Ungnade zu fallen - und zwar nicht bei jenen, die das frühere Theater schon immer für eine Brutstätte linksterroristischer Umtriebe hielten.

Linke feiern "erfolgreiche Tage"

Es sind Anwohner, die sich abwenden, also genau jene, die die "Flora" oft gegen Anwürfe verteidigt haben, die teils sogar ein bisschen stolz darauf waren, dass die Autonomen ihre Widerspenstigkeit in ihrem Viertel ausleben können. Damit scheint es nun vorbei zu sein, erst recht, nachdem "Flora"-Anwalt Andreas Beuth und "Flora"-Sprecher Andreas Blechschmidt nach den Krawallen auch noch Öl ins Feuer gossen.

Erst taten sie so, als könnten sie nichts für die Ausschreitungen. Das seien Militante aus dem Ausland gewesen, die nicht auf sie gehört hätten, hieß es - als ob es nicht Blechschmidt selbst gewesen wäre, der sie als Anmelder der von der Polizei gewaltsam aufgelösten "Welcome to Hell"-Demonstration ausdrücklich eingeladen hatte.

Und auch die am Morgen nach der schlimmsten der drei Krawallnächte veröffentlichte Erklärung des Bündnisses "Welcome to Hell" beruhigt die von den Ausschreitungen betroffenen Anwohner nicht gerade, endet sie doch mit den Worten: "Das waren erfolgreiche Tage!" Da nützte es auch nichts, dass Anwalt Beuth noch einen Beschwichtigungsversuch unternahm und im Fernsehen sagte: "Wir als Autonome und ich als Sprecher der Autonomen haben gewisse Sympathien für solche Aktionen, aber bitte doch nicht im eigenen Viertel, wo wir wohnen."

Inzwischen relativierte Beuth seine Aussagen. Er habe sich missverständlich ausgedrückt, sagte er dem "Hamburger Abendblatt". "Ich meinte damit, dass ich Sympathien für friedliche Aktionen in solchen Vierteln hege". Auch geringere Sachbeschädigungen könnten Ausdruck zivilen Ungehorsams sein: "Aber die Randale hat jeden legitimen Rahmen überschritten." Zudem kündigte er an, die "Flora" werde den Opfern der Krawalle helfen. "Wir sind sicher nicht reich, aber werden auch finanzielle Hilfe für die stark betroffenen Geschäfte leisten. Denkbar ist etwa ein Solidaritätskonzert".

"Roter Flora" droht die Schließung

Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) kündigt Konsequenzen an - für die Anmelder der "Welcome to Hell"-Demonstration wie möglicherweise auch für die "Flora" selbst: "Auch das muss diskutiert werden. Wir werden genau sehen müssen, wer für was Verantwortung hat", sagt er dem "Hamburger Abendblatt". Für den CDU-Oppositionsführer André Trepoll steht dagegen schon fest: "Die Rote Flora muss jetzt dicht gemacht werden."

Rechtlich könnte die Stadt relativ einfach auf die seit 1989 besetzte "Flora" zugreifen. Seit November 2014 gehören Grundstück und Immobilie der Johann-Daniel-Lawaetz-Stiftung. Sie verwaltet die Liegenschaft als Treuhänderin der Stadt.

Laut Vertrag kann die auf unbestimmte Zeit getroffene Vereinbarung jedoch jederzeit vorzeitig und fristlos gekündigt werden, wenn die "Absichten des Treugebers in Form eines Senatsbeschlusses aufgegeben oder wesentlich geändert werden". Über die Treuhandlösung wollte Bürgermeister Scholz einerseits den Frieden im Quartier und in der Stadt sichern und andererseits die "kulturelle Vielfalt" aufrechterhalten.

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Linke rüsten sich bereits

Zuvor gehörte das Gebäude dem Immobilienunternehmer Klausmartin Kretschmer. Dieser hatte die Autonomen jedoch mit Umbauplänen und Räumungsandrohungen immer wieder in Aufruhr versetzt. Nach Einschätzung des Verfassungsschutzes war er damit zumindest mobilisierungsfördernd für die Demonstration zum Erhalt des Kulturzentrums kurz vor Weihnachten 2013, bei der es zu schweren Krawallen mit zahlreichen Verletzten kam.

Bislang galt eine Räumung der "Roten Flora", deren Aktivisten Gespräche mit der Stadt grundsätzlich verweigern, schon wegen der dann zu erwartenden Ausschreitungen als politisch nicht gewollt. Ein Umstand, der sich nun ändern könnte. Zumindest die Autonomen selbst scheinen damit bereits zu rechnen. So mutmaßen sie, es könnte jetzt auch darum gehen, "sich öffentlichkeitswirksam Rückendeckung zu holen für das, was von Politik und Sicherheitsapparat gegebenenfalls als repressive Antwort noch kommen wird".

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