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Enthüllungen durch "Paradise Papers": Steueroasen kosten Deutschland viele Milliarden


Kampf gegen Steuerflucht
So viel Geld verliert Deutschland jedes Jahr

afp, js

Aktualisiert am 07.11.2017Lesedauer: 3 Min.
Auch Apple war von den Enthüllungen der Paradise Papers betroffen.Vergrößern des BildesAuch Apple war von den Enthüllungen der Paradise Papers betroffen. (Quelle: dpa-bilder)
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Deutschland entgehen jährlich viele Milliarden Euro an Steuern. Mit dem Geld könnten drängende Probleme gelöst werden.

So viel Geld verliert Deutschland

Der Ökonom Gabriel Zucman, der an der Elite-Universität Berkeley forscht, hat für die Berichterstattung über die “Paradise Papers" in der Süddeutschen Zeitung ausgerechnet: 17 Milliarden Euro verliere Deutschland jedes Jahr an Unternehmenssteuern, weil Konzerne ihre Gewinne in Steueroasen verschieben.

Dazu kommt all das Geld, das Privatpersonen an der Steuer vorbeischleusen, sowie die Schattenwirtschaft. Tatsächlich entgehen Deutschland also noch deutlich mehr Steuern.

Wie viel genau, ist schwer zu beziffern. Genaues weiß niemand, man kann nur schätzen. Dabei hängt viel von Annahmen und der meist schlechten Qualität der Daten ab.

Andere Organisationen gehen jedoch von deutlich höheren Summen aus.

Das “Tax Justice Network”, eine Nichtregierungsorganisation, die sich zur Aufgabe gemacht hat, gegen Steuervermeidung vorzugehen, hat vor einigen Jahren eine Zahl veröffentlicht: Deutschland verliere rund 165 Milliarden Euro pro Jahr allein durch Steuerhinterziehung.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt ein Bericht, den die Sozialdemokraten im EU-Parlament vor Jahren bei der britischen Organisation “Tax Research London” in Auftrag gegeben haben. Auch sie setzt sich offen für den Kampf gegen Steuerflucht ein. Demnach werden Deutschland jährlich rund 159 Milliarden Euro vorenthalten.

Der größte Teil gehe durch illegale Steuerhinterziehung verloren, ein kleinerer durch Steuervermeidung, die legal ist, aber eigentlich nicht vorgesehen.

Das könnte man damit bezahlen

Wenn diese hohen Schätzungen tatsächlich stimmen, könnte Deutschland mit dem verlorenen Geld eines Jahres auf einen Schlag alle Investitionen in Straßen, Brücken oder Schulen bezahlen, die sich nach Angaben des Wirtschaftsministeriums in den Kommunen angesammelt haben.

Deutschland könnte mit dem Geld auch die Bildungsausgaben und die Ausgaben für den Ausbau des schnellen Internets verdoppeln. Aktuell gibt der deutsche Staat jedes Jahr etwa 130 Milliarden Euro für Bildung aus. Der Breitbandausbau soll bis 2025 rund 10 Milliarden Euro jährlich kosten.

Alle EU-Staaten zusammen verlieren dem Bericht von “Tax Research London” zufolge jedes Jahr rund eine Billion (nicht Milliarde) Euro. Bis heute wurden für die Rettung von maladen Euro-Staaten rund 1,5 Billionen Euro eingesetzt. Im Gegenzug mussten Staaten wie Griechenland und Portugal viele Sozialleistungen streichen und Angestellte entlassen. Würden alle Steuern gezahlt, wäre die Euro-Krise seit Jahren vorbei.

Wer das Geld verschwinden lässt

Die "Paradise Papers" zeigen unter anderem, wie Großkonzerne Unternehmenssteuern vermeiden, indem sie Geld in Steueroasen schaffen.

In einer anderen Arbeit hat Ökonom Zucman untersucht, ob Reiche mehr Geld auf die Seite schaffen. Sein Ergebnis: eindeutig ja.

Je reicher jemand ist, desto eher hinterzieht er Steuern. In den drei skandinavischen Staaten Dänemark, Schweden und Norwegen, für die er Daten hatte, hinterzogen die Menschen im Schnitt rund drei Prozent Steuern. Die reichsten 0,01 Prozent schafften dagegen mindestens 15, wahrscheinlich sogar 25 bis 30 Prozent beiseite.

Zucman erklärt das so: Normalverdiener hinterziehen kaum, weil sie den Großteil ihres Geldes durch Arbeitseinkommen verdienen, das direkt den Finanzämtern gemeldet wird. Dabei können sie nicht im großen Stil betrügen. Deshalb hinterziehen vor allem die Reichen und Superreichen Steuern.

Gleichzeitig steigt für Banken und Finanzfirmen das Risiko, erwischt zu werden, mit jedem Kunden. Deshalb lohnt es sich für sie, nur mit wenigen besonders reichen Kunden zu arbeiten. So minimieren sie das Risiko und maximieren die Gewinne.

Für diese Studie hatte Zucman mehrere Datensätze zusammengeführt. Er verknüpfte Informationen aus Steuerprüfungen mit denen aus den “Panama Papers” und den so genannten “Swiss Leaks”, sowie mit staatlichen Steuerinformationen aus Norwegen, Schweden und Dänemark.

Konten in Steueroasen sind nicht illegal. Illegal ist nur, wenn das Konto den heimischen Steuerbehörden nicht gemeldet wird. Zucman überprüfte das, wann immer er die nötigen Daten hatte. Zucmans Befund: 90 bis 95 Prozent waren nicht gemeldet. Fast alle dienten, schlussfolgert er, der Steuerhinterziehung.

Den Schaden tragen die Normalverdiener, sagt Zucman: "Werden den Industrienationen Abgaben entzogen, müssen diese die Mittel anderswo besorgen. Meist sind es Angestellte und Arbeiter, die deshalb höhere Steuern zahlen müssen."

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