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Coronavirus-Lockerungen: "Ein bisschen Googeln à la Trump reicht nicht"


Presse zu Corona-Lockerungen
"Ein bisschen Googeln und Protzen à la Trump reicht nicht"

Von dpa, aj

Aktualisiert am 16.04.2020Lesedauer: 6 Min.
Markus Söder und Angela Merkel: Bei einer Pressekonferenz haben die Kanzlerin und der CSU-Chef über Deutschlands Exitstrategie informiert.Vergrößern des BildesMarkus Söder und Angela Merkel: Bei einer Pressekonferenz haben die Kanzlerin und der CSU-Chef über Deutschlands Exitstrategie informiert. (Quelle: Bernd von Jutrczenka/dpa)
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Deutschland diskutiert über die Beschlüsse der Kanzlerin und Ministerpräsidenten zum weiteren Fahrplan in der Corona-Krise. Und auch die Presse nimmt die Ergebnisse unter die Lupe. Ein Überblick.

Nach fast vier Wochen werden erste Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus in Deutschland gelockert – das private und öffentliche Leben bleibt dennoch stark eingeschränkt. Ein Überblick darüber, was die deutsche Presse von den Ergebnissen von Bund und Ländern hält:

"Frankfurter Allgemeinen Zeitung": "Die Ausgangsbeschränkungen noch einmal um zwei Wochen zu verlängern, stellt die Geduld der meisten Bürger auf eine harte Probe. Sie ist aber die beste Versicherung dagegen, dass Lebensgefahr, Notstand und Enttäuschung anschließend umso größer wären. (...) Verhältnismäßig ist dieser erste Schritt auch deshalb, weil vor dem neuen magischen Datum, dem 3. Mai, zwar keine großartigen Lockerungen, aber doch Lockerungsübungen möglich sind. Dabei handelt es sich um Erleichterungen, die schon längst hätten erlaubt sein können – weil sie in einzelnen Ländern schon längst funktionierten. Das gilt besonders für den Einzelhandel. Baumärkte blieben mancherorts geöffnet, warum dann nicht auch andere Geschäfte mit einem Publikumsverkehr, der Hygiene und Abstand nicht gefährdet?"

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"Rhein-Neckar-Zeitung": "Wirtschaftlich gesehen ist das, was die Bundeskanzlerin und die Länder gestern beschlossen, eine Katastrophe. Viele Veranstalter, Gastronomen, Hoteliers werden durch den bis Spätsommer verlängerten Shutdown in die Knie gezwungen. Ebenso der Einzelhandel, sofern er sich auf große Ladenketten, Einkaufszentren oder Kaufhäuser erstreckt. Ohne großzügige Hilfen des Staates werden sie in den Konkurs getrieben. Die Coronakrise wird damit zur teuersten Herausforderung seit der deutschen Einheit. Aber wer wollte das Risiko eingehen und das Gegenteil einer rigiden Schutzpolitik testen? Merkel und die Länderchefs haben sich folglich auf eine Tippelschritt-Strategie geeinigt. Das ist ein sehr deutsches, weil vorsichtiges Verfahren, das Risiken zu minimieren versucht."

Liebe Leserinnen und Leser, Sie haben eine Infektion mit dem Coronavirus überstanden? Welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Wie ist die Krankheit verlaufen? Wie wurden Sie von Ärzten und im Krankenhaus behandelt? Schreiben Sie Ihre persönliche Geschichte kurz und knapp in wenigen Sätzen auf und schicken Sie uns diese per E-Mail an leseraufruf@t-online.de. Eine Auswahl der Einsendungen werden wir mit Nennung des abgekürzten Namens veröffentlichen.

Süddeutsche Zeitung": "Wichtig ist die Art und Weise, in der die Politiker vorgehen: dass sie ihre Schritte schnell, klar in der Sprache sowie nachvollziehbar im Inhalt erklären. Und besser, sie sind zu vorsichtig als zu forsch. Jede Lockerung, jede Aufhebung eines Verbots werden die Menschen als Gewinn an Freiheit empfinden, jedes hingegen hastig wieder eingeführte Verbot als zermürbenden Verlust derselben; und womöglich auch als Indiz dafür, dass ihre gewählten Repräsentanten die Orientierung verloren haben. Zu den nie enden wollenden Debatten der vergangenen Jahre gehörten die über Entfremdung zwischen Wählern und Gewählten, über schwindendes Vertrauen in Politiker. Alles weg derzeit. So viel Vertrauen aus so vielen Teilen des Volkes wie jetzt gab es schon lange nicht mehr – was vielleicht auch daran liegt, dass sich vor Migranten immer nur die einen fürchten, und vor der Klimakrise die anderen, vor Corona aber alle. Dieses Vertrauen ist das größte Kapital, das Politiker derzeit haben."

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"Badische Tagblatt": "Mit der Erlaubnis, dass kleinere und mittlere Geschäfte unter Auflagen wieder öffnen dürfen, startet die Politik einen Versuchsballon: So lässt sich in einem einigermaßen beherrschbaren Schutzraum analysieren, wie sich die Infektionszahlen entwickeln, wenn sich wieder mehr Menschen in einer begrenzten Öffentlichkeit begegnen. Dieses Experiment mag glücken oder scheitern, eines aber ist klar: Das Coronavirus wird den Alltag in Deutschland noch monatelang prägen."

t-online.de-Chefredakteur Florian Harms schreibt im Tagesanbruch: "Merkel tastet sich in kleinen Schritten durch die Corona-Krise, und der mächtige CSU-Fürst Markus Söder reitet als ihre Schildwache voraus, da sein Bayernland besonders stark heimgesucht wird: "Wir setzen weiter auf Vorsicht", ertönt sein Schlachtruf. Früher wurde Merkel für ihren visionslosen Pragmatismus gescholten, nun schützt sie das Land mit dieser Taktik: abwägen, abstimmen, abtasten und im Zweifel auf Nummer sicher gehen."


"Schwäbische Zeitung" schreibt: "Ob nun Angela Merkel gemeinsam mit Markus Söder den Kollegen aus Düsseldorf ausgebremst hat oder auch nicht, ist für Politikstrategen spannend. Viele Menschen wollten jetzt einfach wissen: Wann können die Angehörigen in Altersheimen wieder besucht werden? Wann gehen die Kinder in die Schule? Normalisiert sich das Leben in den Städten und ist auch mal wieder der Besuch eines Biergartens oder gar Fußballspiels möglich? Auf diese Fragen gab es keine befriedigenden Antworten. Es konnte sie auch gar nicht geben. Die nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina beschreibt recht gut die ganze Krux. Die Frage sei nicht in erster Linie, wie Wissen in unterschiedlichen Disziplinen abgerufen werden könne. Wichtig sei, wie die politischen Entscheider mit den notwendigerweise unterschiedlichen Wissensbeständen umgehen und in welchen Abwägungsverfahren sich folgerichtige Entscheidungen treffen lassen. Ein bisschen Googeln und Protzen à la Trump reicht nicht. Es hilft nur eine nüchterne Analyse."

"Ostfriesen-Zeitung" ist zu den Corona-Lockerungen zu lesen: "Trotz aller klaren und guten Corona-Entscheidungen von Bund und Land an diesem denkwürdigen Mittwoch: Den großflächigen Einzelhandel bei den Ladenöffnungen zu beschränken bedeutet eine klare Benachteiligung jener Branchen, die für ihre Produkte mehr Raum benötigen. Das ist unlogisch. Schwer auszuhalten ist auch das anhaltende Verbot von Sportfesten. Das wird so manchen Verein in finanzielle Nöte bringen und also besonders den ländlichen Raum treffen. Und nicht zuletzt: Gebeutelt sind zusätzlich noch jene Regionen, die vom Tourismus leben. Warum man demnächst zwar wieder zum Friseur darf, nicht aber in eine Ferienwohnung, ist kaum zu begreifen."

"Das Leben geht weiter im Modus großer Unsicherheit"

"Hannoversche Allgemeine Zeitung": "Wer sich ein großes Aufatmen erhofft hatte, gar die Rückkehr in die Vor-Corona-Normalität, wurde enttäuscht. Das Leben geht weiter im Modus großer Unsicherheit und kleiner Bewegungsfreiheit. Zwar stellen Bund und Länder eine zaghafte Wiederbelebung des öffentlichen Lebens in Aussicht, doch die Lockerungen stehen nicht für einen Alltag nach dem Virus. Sie stehen für einen Alltag mit dem Virus."

"Neuen Osnabrücker Zeitung": "Es ist Fingerspitzengefühl gefragt, wenn es um das Hochfahren von Wirtschaft und Gesellschaft geht, das ja derzeit nicht nach, sondern inmitten einer für Risikogruppen gefährlichen Pandemie beginnt. Das öffentliche Leben wieder zuzulassen braucht ebenso Akzeptanz und Gewöhnung wie seine Einschränkung. Es ist und bleibt wichtig, vorsichtig, aber nicht zaghaft zu sein. Bund und Länder haben dies jetzt versucht. Positiv bleibt festzuhalten, dass in diesen Wochen die Demokratie ihre Handlungsfähigkeit beweist, sehr wohl auch der Föderalismus. Die Länder sind verschieden, ihre Betroffenheit von der Pandemie ist es, der Stil ihrer Regierungen ebenfalls. Wer Akzeptanz haben will, kommt um die dezentrale Umsetzung und regionale Gestaltung nicht herum. Es ist gut so, wie es ist."

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"Westfälischen Nachrichten": "Nein, der erhoffte Schluss-Spurt lässt weiter auf sich warten. Wer da gehofft haben mag, die ersten Dämme der Corona-Krisen-Quarantäne würden ab Montag brechen, der wird die aktuellen politischen Entscheidungen wohl enttäuscht zur Kenntnis nehmen. Denn: Die Republik biegt erst langsam auf die Zielgerade ein: Noch zweieinhalb Wochen Ausgangsbeschränkung, dann erwacht das Land aus dem zwangsverordneten Corona-Schlaf."

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"Nürnberger Nachrichten": Offensichtlich werden inzwischen Versäumnisse nicht nur der deutschen Politik: Erkenntnisse über drohende Auswirkungen von Pandemien gab es spätestens seit Planspielen 2012. Doch die Konsequenzen – mehr Vorräte bilden etwa – blieben aus. Weil immer erst etwas passieren muss, bevor tatsächlich etwas passiert. Und: Auch die deutsche Politik hat im März zu spät ernsthaft auf Corona reagiert. Die alten Fehler rächen sich, weil es zu wenig Schutzmasken gibt – und auch daher keine Masken-Pflicht, die logischer wäre.

"Volksstimme": " Ein wichtiges, notwendiges, allerdings mühsam erkämpftes Signal, das die Kanzlerin gestern nach einer ausgedehnten kontroversen Absprache mit den Ländervertretern präsentierte. Vorsichtige Lockerungen bei kleinen Geschäften machen zumindest Mut, dass es wieder bergauf geht. Öffentliche Sportveranstaltungen oder Konzerte und auch Urlaubsreisen werden wohl noch länger tabu bleiben. Verständlich, denn die Pandemie ist noch lange nicht überwunden. Alles in allem ein schwieriger Kompromiss, in dem zumindest die nötige Portion Hoffnung auf ein normales Leben nach der Krise mitschwingt. Hinter den Kulissen tobte ganz offensichtlich ein erbitterter Kampf unter den Ministerpräsidenten um Details und Geschwindigkeit der Lockerung. Wichtig ist hier, dass eine gemeinsame Lösung einen Flickenteppich verhindert. Zudem bleibt es unvermeidlich, dass menschliche Kontakte weiterhin nur eingeschränkt stattfinden werden."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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