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Großkampftag in Warburg-Affäre: Das war's noch nicht für Olaf Scholz


Das war's noch nicht für Olaf Scholz

  • Johannes Bebermeier
Von Johannes Bebermeier

Aktualisiert am 09.09.2020Lesedauer: 3 Min.
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Olaf Scholz: Der Vizekanzler hat sich am Mittwoch dreimal erklärt. Zufrieden ist die Opposition mit seinen Antworten nicht.Vergrößern des Bildes
Olaf Scholz: Der Vizekanzler hat sich am Mittwoch dreimal erklärt. Zufrieden ist die Opposition mit seinen Antworten nicht. (Quelle: Michael Kappeler/dpa-bilder)

Dreimal musste sich Olaf Scholz heute rechtfertigen – dreimal war die Opposition nicht zufrieden. In der Warburg-Affäre sind die Fronten verhärtet. Für den Vizekanzler ist sie noch nicht ausgestanden.

Erst um 9.30 Uhr, dann um 13 Uhr und nochmal um 15 Uhr: Vizekanzler Olaf Scholz musste heute im Bundestag viele Fragen zum Cum-Ex-Skandal um die Hamburger Warburg-Bank beantworten. Im Finanzausschuss, in der Regierungsbefragung und dann auch noch in einer Aktuellen Stunde. Für Scholz ist die Sache klar. Für die Opposition weiterhin gar nicht. Auch nach diesem Warburg-Marathon. Der Überblick:

Worum geht es?

Im Kern um zwei Fragen: Hat Olaf Scholz in seiner Zeit als Erster Bürgermeister Hamburgs Einfluss darauf genommen, dass die Finanzverwaltung 2016 Steuern in Höhe von 47 Millionen Euro von der Hamburger Warburg-Bank nicht zurückgefordert hat? Und: Hat Olaf Scholz Treffen mit Warburg-Mitinhaber Christian Olearius verschwiegen, also den Bundestag belogen?

Gegen die Warburg-Bank und Olearius liefen damals Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der schweren Steuerhinterziehung. Sie war in Cum-Ex-Geschäfte verwickelt, eine Praxis, durch die Anleger sich gezahlte Kapitalertragssteuern vom Finanzamt gleich mehrfach haben erstatten lassen. Scholz hat zuletzt mindestens drei Treffen und ein Telefonat mit Banker Olearius in den Jahren 2016/2017 eingeräumt – allerdings erst als Medien darüber berichtet hatten.

Die Opposition äußert nun den Verdacht, dass sich Scholz dafür eingesetzt haben könnte, die Bank zu schonen. Scholz selbst hat schon vor den Befragungen an diesem Mittwoch jegliche Einflussnahme bestritten.

Was hat Scholz im Bundestag erklärt?

Im Wesentlichen ist SPD-Kanzlerkandidat Scholz bei seiner Verteidigungslinie geblieben: Es habe Treffen mit Banker Olearius gegeben. Zu Details könne er nichts sagen. Politischen Einfluss habe es nicht gegeben. Mögliche Gesetzeslücken würden geschlossen.

Am Vormittag im Finanzausschuss hielt sich Scholz nach Informationen von t-online etwa offen, ob es noch mehr Treffen mit dem Banker Olearius gegeben haben könnte. In der Regierungsbefragung im Bundestag sagte er zu den Treffen: "Ein guter Bürgermeister, ein guter Minister ist jemand, der sehr viele Gespräche führt." Da sei es plausibel, dass man sich nicht an jedes erinnern könne. Treffen mit Unternehmern gehörten zum Alltag von Politikern. "Dass man innerlich klar und fest genug ist, sich davon nicht beeindrucken zu lassen und das tut, was man richtig findet, gehört allerdings auch zu dem von mir gewünschten Alltag der Politik."

Den Vorwurf, dass er Einfluss auf die Entscheidung genommen haben könnte, das Steuergeld 2016 von Warburg nicht zurückzufordern, wies er erneut von sich. Finanzämter würden darüber unabhängig entscheiden. "Eine politische Intervention soll es nicht geben und hat es in Hamburg auch nicht gegeben", sagte Scholz im Bundestag.

Ist die Opposition mit Scholz Erklärungen zufrieden?

Nein. Sie bemängelt vor allem Gedächtnislücken. "Olaf Scholz konnte die Zweifel einer möglichen politischen Einflussnahme im Fall der Warburg-Bank nicht ausräumen", sagt die Grünen-Finanzpolitikerin Lisa Paus. "Die Antwort, er könne sich an nichts erinnern, ist angesichts der Bedeutung der Gespräche wenig plausibel."

Auch Linken-Finanzpolitiker Fabio De Masi bemängelt Erinnerungslücken in "allen wesentlichen Fragen". De Masi verweist zudem auf einen Vorgang aus dem Jahr 2017, um den Vorwurf der möglichen Einflussnahme zu untermauern. Damals trieb die Hamburger Finanzverwaltung eine zweite Steuerrückforderung an die Warburg-Bank in Höhe von 43 Millionen Euro anders als im Jahr zuvor nämlich ein – allerdings erst, nachdem das Bundesfinanzministerium mehrfach darauf gedrängt hatte.

De Masi sagt nun: "Es ist unglaubwürdig, dass eine Finanzbeamtin sich auf eigene Faust Weisungen des Finanzministeriums über Wochen widersetzte, wenn es für Hamburg um zig Millionen ging." Soll heißen: ohne politische Rückendeckung in Hamburg. Also Einflussnahme.

Wie geht es jetzt weiter?

Olaf Scholz hat seine Rolle als Kämpfer gegen Steuervermeidung betont. "Überall, wo wir eine Gesetzeslücke entdecken, versuchen wir das nachzuschärfen", sagte er in der Regierungsbefragung, und später in der Aktuellen Stunde: "Sie können sich darauf verlassen, dass ich an vorderster Stelle derjenigen stehe, die diesen Kampf führen." Er stellte eine Gesetzesänderung in Aussicht, um Gewinne aus Cum-Ex-Betrug auch nach einer Verjährung noch zurückfordern zu können. Linken-Finanzpolitiker De Masi wertete das als positives Signal.

Die Opposition fordert jedoch weiterhin mehr Transparenz. Grünen-Finanzpolitikerin Lisa Paus sagte, wenn Scholz es ernst meine, müsse er "den gesamten Schriftverkehr in der Sache zur Verfügung stellen". Scholz liefere weiterhin "Aufklärung scheibchenweise".

Der FDP-Finanzpolitiker Florian Toncar sieht die nötige Aufklärung nun vor allem in Hamburg selbst. Er forderte die CDU in der Hamburger Bürgerschaft auf, den Weg für einen Untersuchungsausschuss zur Warburg-Affäre frei zu machen. Auch der könnte dann Details ans Licht bringen, die für Scholz unangenehm sind.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Livestream aus dem Bundestag
  • Mit Infos der Nachrichtenagenturen dpa, Reuters
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