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Corona-Pandemie: Frank-Walter Steinmeier über Lockdown: "Die Lage ist bitterernst"


Warnung bei Bürgergespräch
Steinmeier über Lockdown: "Die Lage ist bitterernst"

dpa, Ulrich Steinkohl und Sascha Meyer

11.12.2020Lesedauer: 4 Min.
Berlin: In einer "Bürgerlage" spricht Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier über die aktuelle Corona-Lage per Video-Livestream.Vergrößern des BildesBerlin: In einer "Bürgerlage" spricht Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier über die aktuelle Corona-Lage per Video-Livestream. (Quelle: Bernd von Jutrczenka/dpa-bilder)
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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier will die Sorgen der Bürger in der Corona-Krise ergründen. Das erste Gespräch wird überschattet von den steigenden Zahlen und dem drohenden Lockdown.

Katrin Andres ist eine gestandene Geschäftsfrau. Das Hotel "Zur Post", das sie und ihr Mann Thomas in Freyung im Bayerischen Wald betreiben, führt die Familie mittlerweile in der fünften Generation. "Seit 1889 zum Wohle unserer Gäste", steht stolz auf der Homepage des Hauses. Das Problem der Familie Andres: Seit Wochen gibt es keine Gäste, um deren Wohl sie sich kümmern könnten. "Bei uns sieht's ziemlich düster aus. Im Moment läuft hier eigentlich gar nichts", berichtet Katrin Andres am Freitag einem prominenten Zuhörer: Frank-Walter Steinmeier.

Der Bundespräsident hat sich mit sieben Frauen und Männern per Video zusammengeschaltet. "Bürgerlage" lautet das neue Format, mit dem er die Corona-Stimmungslage in der Gesellschaft ergründen will. "Sprechen Sie offen aus, was Sie bewegt, was Ihre persönliche Situation ausmacht, welche Unterstützung Sie erwarten von Politik, von Gesellschaft", ermuntert Steinmeier seine Online-Gäste.

Andres macht aus ihrer Verzweiflung keinen Hehl. Am Ende des Jahres wird ihr Familienbetrieb gezwungenermaßen an 20 von 52 Wochen geschlossen gewesen sein. Und die Zukunft ist ungewiss. Andres spricht von "Perspektivlosigkeit", von "Planungsunsicherheit", von "Aussichtslosigkeit": "Die komplette Familie ist irgendwie, wie soll man das erklären, existenzangst-belastet", sagt sie.

Steinmeier: "Die Lage ist bitterernst"

Der harte Lockdown, den die Hotelier-Familie aus Niederbayern und ihre Kollegen im ganzen Land seit Wochen erleben, er dürfte bald für das ganze Land Realität werden. Denn der weiche Lockdown, der für die meisten Menschen und Branchen in Deutschland seit Anfang November gilt, bringt zu wenig. 29.875 Neuinfektionen und 598 Tote meldet das Robert Koch-Institut am Freitag. Beides sind Höchstwerte. "Zu viele Menschen infizieren sich in diesen Tagen in zu kurzer Zeit. Zu viele ringen in den Krankenhäusern auf den Intensivstationen um ihr Leben. Zu viele, viel zu viele Menschen sterben. Tag für Tag. Die Lage ist bitterernst", mahnt Steinmeier am Freitag.

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Die Zahlen lösen in den Ländern unverkennbar Alarmstimmung aus. Inzwischen ist den Staatskanzleien quer durch die Republik klar geworden, dass Handlungsbedarf besteht. Da ist Sachsen mit extremen 313 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen. In Bayern gibt es schon rund 4.700 Tote. Das ist der höchste Wert unter allen Ländern. Selbst im relativ wenig betroffenen Norden entfernen sich Schleswig-Holstein (68) und Mecklenburg-Vorpommern (71) von dem Niveau um die 50, auf das Bund und Länder das Infektionsgeschehen drücken wollen, um die Pandemie wieder unter Kontrolle zu bekommen. Der letzte bundesweite Stand lautet: Anstieg auf 156.

Lauterbach: "So können wir nicht Weihnachten feiern"

"Mit dem, was im Moment ist, erreichen wir unser gemeinsames Ziel nicht", konstatiert Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Dabei zählt jetzt auch der Faktor Zeit. Für den SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach steht fest: "So können wir nicht Weihnachten feiern." Nichts sei christlich daran, erst zu shoppen und zu feiern, bevor man handele.


Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Janosch Dahmen, bis vor kurzem Arzt im Corona-Krisenmanagent in Berlin, sagt: "Jeder Tag ohne weitere Schutzmaßnahmen wird die Lage verschlimmern. Wir müssen sofort, nicht erst nach Weihnachten handeln." Das heiße: schließen eines Großteils der Geschäfte schon ab diesem Montag, früherer Beginn der Weihnachtsferien, Mobilität runter. In einigen Regionen greifen tatsächlich ab kommender Woche Verschärfungen, darunter in Sachsen.

Virus nimmt keine Rücksicht auf Weihnachtseinkäufe

Doch ist das überall so schnell machbar? Was sollen Eltern machen, vor allem alleinerziehende Berufstätige, wenn ihre Kinder von jetzt auf gleich nicht mehr in die Schule gehen? Wie viele krisenbedingt schon angeschlagene Einzelhändler können es verkraften, wenn ihnen noch das Weihnachtsgeschäft wegbricht? Wie viele Menschen infizieren sich womöglich gerade deshalb, weil alle – im wahrsten Sinn des Wortes – kurz vor Ladenschluss noch in die Geschäfte rennen? Das Virus nehme "nur bedingt Rücksicht darauf, ob wir alle schon unsere Weihnachtseinkäufe fertig haben oder nicht", gibt Spahn zu bedenken.

Fragen wie diese werden die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten abwägen müssen, wenn sie an diesem Wochenende die Corona-Notbremse ziehen wollen. Beim Treffen Anfang Dezember hatte Angela Merkel (CDU) gesagt, man könne jederzeit zusammenkommen, wenn "die Hütte brennt". Da ging die Debatte noch um gelockerte Kontaktregeln zu Weihnachten, dann um Verwandten-Übernachtungen in Hotels. Die werden jetzt nach und nach wieder einkassiert. Denn nun sehen die meisten: Das Feuer lodert lichterloh, die "Hütte" muss gelöscht werden.

Katrin Andres vom Hotel "Zur Post" hofft, dass die Politik beim Lockdown nun endlich konsequent handelt. "Wir würden es schon befürworten, wenn es jetzt wirklich knallhart gemacht wird", sagt sie auf eine Frage Steinmeiers. Ihre Hoffnung: "Jeder zieht an einem Strang. Keiner ist irgendwie Querdenker. Und zack, im März, April, Mai ist dann wieder Normalbetrieb möglich. Das wäre wünschenswert."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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