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Vorzug für Lehrer: Polizisten fühlen sich beim Impfen übergangen


"Auch Polizisten früher impfen"
Ärger um Impf-Vorzug für Lehrer – Seehofer schaltet sich ein

Von dpa, afp, dru

Aktualisiert am 23.02.2021Lesedauer: 3 Min.
Polizisten im Einsatz bei einer Corona-Leugner-Demo in Berlin: Innenminister Seehofer fordert, dass die Beamten beim Impfen nicht schlechter gestellt werden als Grundschullehrer und Erzieher.Vergrößern des BildesPolizisten im Einsatz bei einer Corona-Leugner-Demo in Berlin: Innenminister Seehofer fordert, dass die Beamten beim Impfen nicht schlechter gestellt werden als Grundschullehrer und Erzieher. (Quelle: Hans Lucas/imago-images-bilder)
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Dass nun Grundschullehrer und Kita-Erzieher früher geimpft werden sollen, sorgt für Kritik. Innenminister Seehofer sieht dadurch Polizisten benachteiligt. Markus Söder will nochmal an den Impfplan ran.

In Deutschland ist eine Diskussion um die Reihenfolge der Personengruppen entbrannt, die vorrangig gegen das Coronavirus geimpft werden sollen. Am gemeinsamen Beschluss der Länder mit Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), Grundschullehrer und Kita-Erzieher vorzuziehen, wird deutliche Kritik laut. Innenminister Horst Seehofer (CSU) fordert die gleiche Vorzugsbehandlung auch für Polizisten.

Seehofer sagte der "Bild": "Wir müssen die schützen, die uns schützen. Neben Lehrern und Erziehern muss auch unsere Polizei früher geimpft werden." Die Polizistinnen und Polizisten wüssten morgens nicht, auf wen sie im Laufe des Tages treffen würden, führte der Minister weiter aus. "Wer jemanden festnehmen soll, kann keinen Abstand halten."

Sonderregeln in einigen Ländern

Bislang sind Polizisten wie auch Lehrkräfte in der dritten Impfgruppe mit "erhöhter Priorität" erfasst. Eine Ausnahme bilden Einsatzkräfte, "die im Dienst, etwa bei Demonstrationen, einem hohen Infektionsrisiko ausgesetzt sind", wie es auf der Seite des Gesundheitsministeriums heißt. Zugleich haben einige Bundesländer eigene Regelungen getroffen. In Berlin etwa können sich 12.000 Polizisten schon jetzt freiwillig impfen lassen. In Sachsen sollen unter anderem Polizisten ungenutzte Astrazeneca-Impfdosen gespritzt bekommen.

Bund und Länder hatten sich am Montag bei einer Gesundheitsministerkonferenz darauf geeinigt, die Lehrkräfte an Grund- und Förderschulen sowie die Kita-Beschäftigten von Priorität drei auf zwei hochzustufen. Betroffene können sich bereits ab Mittwoch impfen lassen. Eine entsprechende Verordnung des Gesundheitsministeriums tritt dann in Kraft, teilte Ressortchef Spahn am Dienstagabend mit.

Gewerkschaft der Polizei: "Moment der Wahrheit"

Die Kritik an dem Entschluss von Bund und Ländern ließ nicht lange auf sich warten. Der Ethikrat warnte davor, die Systematik der bisherigen Priorisierungen aufzugeben. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in NRW zeigte sich gar entsetzt und sprach von einem "Moment der Wahrheit".

"Dass jetzt die Polizisten nach hinten rutschen sollen, macht mich fassungslos", sagte der NRW-Landesvorsitzende der GdP, Michael Mertens, der "Rheinischen Post". "Ich bin darüber total verärgert." Die Polizei habe keine einzige Wache geschlossen, keinen Einsatz abgesagt, obwohl Polizisten im Einsatz bespuckt und angeschrien würden, sagte Mertens weiter. "Das hier ist der Moment der Wahrheit: Wie steht die Politik zur Polizei?"

Reul: Ordnung "nicht Woche für Woche infrage stellen"

Auch NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) übte Kritik an dem Beschluss, verwahrte sich aber grundsätzlich gegen Änderungen an der Impfreihenfolge. "Die Ständige Impfkommission hat eine Reihenfolge und die Prioritätengruppen erarbeitet. Dem ist das Bundesgesundheitsministerium gefolgt. Diese Ordnung sollten wir im Sinne der Glaubwürdigkeit beibehalten und nicht Woche für Woche infrage stellen", sagte Reul.

Der Minister betonte: "Es stehen derzeit nur begrenzte Mengen Impfstoff zur Verfügung. Ich halte diesen Wettlauf, der jetzt ausbricht, für falsch. Ich werde mich daran nicht beteiligen."

Söder: Impfpriorität überdenken

Anders sieht dies Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Er forderte, die Impfpriorität noch einmal zu überdenken. "Ehrlich gesagt, schon in den nächsten Wochen, wenn man sieht, wie viel bleibt da übrig von Astrazeneca", sagte Söder in einem Online-Gespräch der "Bild"-Zeitung mit Kindern. "Es ist ja echt absurd, dass wir Impfstoff haben, den keiner will."

Söder fand deutliche Worte: "Das ist ziemlich ätzend, diese Geschichte mit Astrazeneca. Dieser Eindruck, dass der nicht wirksam sei, und dann liegt er rum." Wegen der Altersbeschränkung werde der Impfstoff des britisch-schwedischen Pharmakonzerns inzwischen auch an Lehrkräfte und Erzieherinnen vergeben. "Aber das wird wahrscheinlich nicht reichen."

Ethikrat: Kein besonderer Schutzbedarf bei Lehr- und Kitakräften

Die Vorsitzende des Ethikrats, Alena Buyx, schloss sich den kritischen Stimmen an, plädierte aber gegen Änderungen am Impfplan. Sie betrachte die Entscheidung der Gesundheitsminister von Bund und Ländern mit "sehr gemischten Gefühlen", sagte Buyx im Deutschlandfunk. Dadurch würde ein Stück weit die Systematik der bisherigen Priorisierungen aufgegeben – nämlich "dass diejenigen, die besonders hohe Risiken haben, schwer zu erkranken oder zu versterben, oder die sich solchen Risiken im Beruf besonders aussetzen, bevorzugt werden".

Die Ständige Impfkommission habe in ihren Empfehlungen zur Priorisierung "ganz klar" befunden, dass es die Datenlage nicht hergebe, Lehr- und Kitakräfte in Gruppe zwei einzuordnen, sagte Buyx. Diese Gruppe sei eigentlich für Bürgerinnen und Bürger mit ganz besonderem Schutzbedarf reserviert: "Da reden wir tatsächlich ja von Patientinnen und Patienten, die aktiv in der Chemotherapie sind, oder von Menschen, die in Arztpraxen arbeiten." Dass nun auch Lehr- und Kitakräfte dort eingruppiert werden sollen, "macht mir Bauchschmerzen", so Buyx weiter.

Der Deutsche Lehrverband begrüßte die Entscheidung von Bund und Ländern hingegen als überfällig. Bei der bisherigen Einordnung von Lehrern in die dritte Gruppe der Impfkandidaten wäre diese Berufsgruppe erst ab Mai geimpft worden – "viel zu spät für das aktuelle Schuljahr", sagte Verbandschef Heinz-Peter Meidinger der "Bild". Er merkte an, wünschenswert wäre gewesen, wenn die Schulen erst nach der Impfung eines Großteils der Lehrerschaft geöffnet worden wären.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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