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Corona: Impfpflicht für Gesundheitspersonal? "Gefahr für unsere Gesellschaft!"


Impfpflicht für Gesundheitspersonal?
"Das wäre eine Gefahr für unsere Gesellschaft!"

  • Saskia Leidinger
Pro & KontraVon Saskia Leidinger, Liesa Wölm

Aktualisiert am 13.07.2021Lesedauer: 1 Min.
Interview
Was ist ein Pro & Kontra?

Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.

Eine Frau wird geimpft: Frankreich führt eine Impfpflicht für das Gesundheitspersonal ein.Vergrößern des Bildes
Eine Frau wird geimpft: Frankreich führt eine Impfpflicht für das Gesundheitspersonal ein. (Quelle: imago-images-bilder)

Die Corona-Zahlen steigen wieder an. Frankreich erhöht deshalb den Druck auf Ungeimpfte und führt für Ärzte und Pflegepersonal eine Impfpflicht ein. Ein Vorbild auch für Deutschland?

Impfung oder faktisches Berufsverbot – vor diese Wahl stellt Frankreichs Präsident Emmanuel Macron jetzt die Mitarbeiter im Gesundheitssystem, denn Frankreich hat eine Impfpflicht für Personal im Gesundheitsbereich eingeführt. Ärzte und Pflegekräfte haben nun bis Mitte September Zeit, sich gegen Corona impfen zu lassen. Wer danach noch keine Spritze erhalten hat, darf vorerst nicht mehr in seinem Beruf arbeiten und wird nicht mehr bezahlt.

"Wir müssen in Richtung einer Impfung aller gehen, weil das vorerst der einzige Weg zurück zu einem normalen Leben ist", sagte Macron. In Italien gilt die Impfpflicht für Gesundheitsberufe bereits seit März. Auch Griechenland kündigte an, dass sich Beschäftigte im Gesundheitssektor ab dem 1. September verpflichtend impfen lassen müssen, in der Altenpflege sogar ab sofort.

Angesichts der hochansteckenden Delta-Variante und der etwas ins Stocken geratenen Impfkampagne stellt sich auch in Deutschland die Frage, wie sich die Impfquote verbessern lassen und eventuell eine Herdenimmunität erreicht werden könnte.

Sollte deshalb auch in Deutschland eine Impfpflicht für das Gesundheitspersonal eingeführt werden?

Pro
Liesa WölmRedakteurin Politik, Wirtschaft und Gesellschaft

Ja, eine Impfpflicht rettet Menschenleben

Die Gefahr durch das Coronavirus ist noch nicht gebannt. Mitte Juni gab es deutschlandweit 40 Ausbrüche in Pflege- und Altenheimen. Damit lag die Zahl im Vergleich zu Ende Januar (450 Ausbrüche) zwar deutlich niedriger – aber immer noch zu hoch. Die Infektionen der Senioren sind laut RKI-Chef Lothar Wieler trotz steigender Impfquote noch mit Krankenhausaufenthalten und Todesfällen verbunden.

Deshalb hilft nur eins: Es müssen noch mehr medizinische Angestellte geimpft werden – und das geht am schnellsten mit einer Impfpflicht. Je länger es dauert, bis das Pflegepersonal komplett durchgeimpft ist, desto größer ist das Risiko für Patienten. Hier heißt es: Leben retten! Menschen, die im Krankenhaus oder beim Arzt Hilfe suchen, sollten sich sicher fühlen, anstatt bei ihrem Besuch die Infektion mit einer potenziell tödlichen Krankheit fürchten zu müssen.

Natürlich sollte eine Impfung auch im Sinne des Gesundheitspersonals selbst sein. Sie schützt nicht nur vor dem Virus, sondern auch vor der Überlastung, wenn Kollegen wegen einer Covid-Erkrankung ausfallen und medizinische Fachkräfte deshalb an ihre Grenzen stoßen. Die Pandemie hat in allen Bereichen des Gesundheitswesens zu einer großen physischen und psychischen Belastung der Mitarbeiter geführt, wie eine aktuelle Studie des "Ärzteblatts" zeigt.

Experten zufolge müsste die Impfbereitschaft im Gesundheitswesen, speziell im Pflegebereich, bei mindestens 80 Prozent liegen, um Covid-19 aus Pflegeeinrichtungen fernzuhalten. Durch die Delta-Variante könnten gar 85 oder 90 Prozent nötig sein. Aktuell steigt zwar die Impfbereitschaft beim Personal, aber Einzelne lehnen die Spritze weiterhin ab – und gefährden potenziell Mitmenschen und sich selbst.

Um alle zu erreichen, scheinen Appelle, bessere Aufklärung oder Impfanreize nicht zu reichen. Deshalb sollte Frankreich als Vorbild dienen – dann können Menschenleben gerettet werden. Und Macrons Strategie fruchtet offenbar: Nach seiner Ankündigung haben sich an einem Tag so viele Franzosen wie noch nie zur Impfung angemeldet. Jede verabreichte Spritze zählt.

Kontra
Saskia LeidingerSaskia Leidinger

Nein, eine Impfpflicht wäre eine Gefahr für unsere Gesellschaft

Wir befinden uns gerade in einem Wettlauf: Impfquote gegen Delta-Variante. Noch ist nicht klar, wer gewinnt. Klar ist allerdings, dass die Delta-Variante selbst für Menschen mit vollem Impfschutz gefährlich sein kann. Betroffen sind erneut vor allem alte und immungeschwächte Menschen – und damit auch ihr Pflegepersonal. Da liegt es nahe, dass Frankreichs Präsident Emmanuel Macron jetzt eine Impfpflicht im Gesundheitswesen einführt, denn dort sind die Impfquoten stellenweise gering. Pflegepersonal ist laut Krankenhausverbund nur zu 40 Prozent vollständig geimpft.

Doch für Deutschland wäre eine Impfpflicht nicht nur der falsche Weg, er wäre auch eine Gefahr für unsere Gesellschaft.

Laut einer Umfrage des Unternehmens Medwing im Juni unter 1.600 Mitarbeitern im Gesundheitswesen sind 53 Prozent dort bereits vollständig geimpft, 27 Prozent stehen auf der Warteliste. Knapp 20 Prozent sind immer noch skeptisch einer Impfung gegenüber, allerdings lag dieser Wert im Mai noch knapp neun Prozentpunkte höher. Einer Studie des Robert Koch-Instituts aus dem Juli zufolge sind vom medizinischen Personal bereits über 83 Prozent einmal geimpft und über 63 Prozent haben den vollen Impfschutz.

Die meisten Mitarbeiter im Gesundheitswesen haben sich also bereits für eine Impfung entschieden. Und diejenigen, die skeptisch sind, fassen zunehmend Vertrauen. Eine Impfpflicht ist somit nicht nötig. Mehr noch: Sie würde mehr Schaden als Nutzen anrichten.

Denn was passiert mit Menschen, die man zu etwas zwingt, das sie nicht wollen? Vor allem, wenn es einen so sensiblen Bereich wie die eigene Gesundheit betrifft? Sie wehren sich zumindest innerlich dagegen, verlieren vielleicht das Vertrauen in den Staat, der ihnen diese Spritze aufzwingt, und werden damit empfänglich für Verschwörungstheoretiker, die schon seit Langem Lügen über angebliche Zwangsimpfungen verbreiten. Die Gefahr, Menschen dauerhaft an diese Demokratiefeinde zu verlieren, darf uns die eine Impfung mehr nicht wert sein. Aufklären, Ängste nehmen, mit gutem Beispiel vorangehen – das sollte unser Weg zu einer höheren Impfquote sein.

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