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Bundeshauptstadt: Wie kriegt man die Pannenstadt Berlin wieder flott?


Wie kriegt man die Pannenstadt Berlin wieder flott?

Von dpa
Aktualisiert am 14.10.2021Lesedauer: 3 Min.
Die Berliner haben es nicht leicht mit ihrer Stadt.Vergrâßern des BildesDie Berliner haben es nicht leicht mit ihrer Stadt.(Archivbild). (Quelle: Christoph Soeder/dpa./dpa)
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Berlin (dpa) - Armes Berlin, immer wieder Ziel von Spott und HΓ€me. Erst das endlose Drama um den Bau des Hauptstadtflughafens BER, wo es nun auch im Betrieb gewaltig holpert.

Und dann auch noch das Chaos am Wahltag 26. September. Heute stellte die Landeswahlleitung noch einmal ganz offiziell fest, dass Wahlzettel fehlten oder vertauscht wurden, dass zeitweise die AblÀufe stockten, dass es in fast jedem zehnten Wahllokal UnregelmÀßigkeiten gab. Wahlberechtigte standen sich stundenlang die Beine in den Bauch und zogen teils unverrichteter Dinge wieder von dannen.

Die Wahlleitung hΓ€lt die Probleme selbst fΓΌr so schwerwiegend, dass sie Einspruch beim Landesverfassungsgericht einlegen will, allerdings nur gegen Ergebnisse in zwei Wahlkreisen. Die AfD will ebenfalls vor das Gericht ziehen mit dem Ziel, die ganze Wahl zu wiederholen. Das mΓΌssen die Verfassungsrichter nun prΓΌfen.

Was besser ist fΓΌr die Berliner? Viele haben wohl gemischte GefΓΌhle. Ohne Neuwahl hΓ€tten sie womΓΆglich schneller eine neue Landesregierung - zumal die designierte Regierende BΓΌrgermeisterin Franziska Giffey (SPD) am Donnerstag auch erste Weichen fΓΌr eine neue Koalition mit GrΓΌnen und Linken stellte. Umso schneller kΓΆnnte der kΓΌnftige Senat die Aufgabe angehen, die Hauptstadt wieder flott zu bekommen.

Denn auch einfache Dienstleistungen werden in Berlin gern mal zum Hindernislauf. Wer zum Beispiel am Donnerstag online einen Termin beim BΓΌrgeramt zur Beantragung eines Personalausweises suchte, bekam angezeigt: Alles ausgebucht bis 13. Dezember. Findige wissen, dass sie frΓΌhmorgens - oder besser noch den ganzen Tag ΓΌber - online auf abgesagte Termine lauern mΓΌssen, um womΓΆglich doch frΓΌher dran zu kommen. Die Ausstellung einer Geburtsurkunde, die Bestellung des Aufgebots, die Anmeldung eines Autos - alles GlΓΌckssache.

"Das sind zum Teil schlicht skandalΓΆse UmstΓ€nde", sagt der Konstanzer Verwaltungswissenschaftler Wolfgang Seibel. "Ich habe mich ΓΌber die Geduld der Berliner immer gewundert. Wenn man tagelang fΓΌr einen Kita-Platz anstehen muss, wenn man keinen Termin im BΓΌrgeramt bekommt oder keine Geburtsurkunde, dann sind das unfassbare ZustΓ€nde."

Seibel war Mitglied einer Reformkommission um den frΓΌheren Vorstand der Bundesagentur fΓΌr Arbeit, Heinrich Alt. Die legte 2018 einen hundertseitigen Bericht mit VorschlΓ€gen fΓΌr Verbesserungen vor. Zentrale Punkte: Verwaltung besser steuern, Genehmigungsverfahren beschleunigen, Digitalisierung nutzen. Die SchwΓ€chen des Apparats - der Berliner ΓΆffentliche Dienst beschΓ€ftigt knapp 211 000 Menschen - waren schon damals legendΓ€r. Alt selbst erinnerte in seinem Vorwort an ReformbeschlΓΌsse von 1994, die leider nur halbherzig umgesetzt worden seien.

Viel besser erging es auch Alts Empfehlungen nicht, obwohl der damalige Senat einen eigenen StaatssekretΓ€r fΓΌr zustΓ€ndig erklΓ€rte, den SPD-Politiker Frank NΓ€gele. Die Berliner IHK startete 2019 zusammen mit etwa 70 Gruppen und VerbΓ€nden die Kampagne "Eine Stadt - Eine starke Verwaltung", um die Reformen voranzutreiben. Dann kam Corona und offenbarte zusΓ€tzliche SchwΓ€chen vor allem bei der Digitalisierung.

Die Bilanz des Wirtschaftsverbands zur eigenen Kampagne klingt verhalten. Die Verwaltung hâre jetzt eher Hinweise der Wirtschaft, heißt es bei der IHK. Teils laufe es auch besser, etwa bei der Kfz-Zulassung durch gewerbliche Zulasser. Teils wirke das Verwaltungshandeln aber immer noch wie aus der Zeit gefallen, etwa wenn BauantrÀge in zwei- bis vierfacher Papierausführung verlangt würden. Fazit: "Die Modernisierung der Berliner Verwaltung bleibt eine Dauerbaustelle."

Verwaltungswissenschaftler Seibel sieht allerdings einen großen Knackpunkt. "Solange man die Bezirksverwaltung nicht integriert in eine einheitliche Landesverwaltung, kânnen die Probleme nicht bewÀltigt werden", ist der Konstanzer Professor überzeugt. Da liegt für ihn "der Hase im Pfeffer". Dass jeder Bezirk die Verwaltung selbst organisiert und der Senat keine verbindlichen Vorgaben machen kann, sei ein "vâllig absurder Umstand" und eben grundsÀtzlich anders als in München, Hamburg oder Kâln.

"Wenn man eine Empfehlung geben soll, dann kann die eigentlich nur heißen: eine Verfassungsreform", meint Seibel. FΓΌr den neuen Senat wΓ€re dies eine Kraftprobe: "Die Bezirke wollen sich diese Macht nicht nehmen lassen." Lohnend wΓ€re eine Reform aber aus Seibels Sicht allemal, gerade fΓΌr eine Mitte-Links-Regierung. Vor allem Γ„rmere seien auf funktionierende ΓΆffentliche Dienste angewiesen. "Nur die Starken kΓΆnnen sich einen schwachen Staat leisten", sagt der Experte.

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