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Corona: Verkürzung der Quarantäne? Experte warnt vor Fahrlässigkeit


Vor Bund-Länder-Runde
Experte warnt vor Verkürzung der Corona-Quarantäne

Von afp, dpa
03.01.2022Lesedauer: 5 Min.
Wird die Quarantänezeit verkürzt? Darüber beraten Bund und Länder in wenigen Tagen.Vergrößern des BildesWird die Quarantänezeit verkürzt? Darüber beraten Bund und Länder in wenigen Tagen. (Quelle: aal.photo/imago-images-bilder)
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Die Corona-Lage in Deutschland ist weiter angespannt. Aus Sorge vor vielen Krankheitsausfällen werden die Rufe nach einer verkürzten Quarantänezeit lauter – zumindest für Geboosterte. Doch die Meinungen sind gespalten.

Wenige Tage vor den entscheidenden Bund-Länder-Beratungen mehren sich die Forderungen nach einer Verkürzung der Quarantänezeiten. Der Städte- und Gemeindebund warb am Montag für einen Verzicht auf die Quarantäne bei infizierten Geboosterten ohne Krankheitssymptome, die in zentralen Bereichen arbeiten. Das Robert Koch-Institut (RKI) will im Laufe der Woche eine Empfehlung dazu abgeben, bevor Bund und Länder am Freitag darüber beraten. Das Gesundheitsministerium stellte für die Bund-Länder-Beratungen zudem genauere Infektionszahlen in Aussicht.

Bund und Länder sollten sich auf entsprechende Vorgehensweisen verständigen, da unklar sei, wie sich der Krankenstand in den kommenden Wochen entwickeln werde, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, zur Frage der Quarantänedauer. Derzeit sei die Lage aber "nicht dramatisch", alle Aufgaben könnten noch erfüllt werden.

Dahmen gegen generelle Verkürzung der Quarantänezeit

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sprach vom Ziel, die kritische Infrastruktur aufrechtzuerhalten. Er nannte im ARD-"Morgenmagazin" die Bereiche Strom, Wasser, Gesundheit, Feuerwehr und Polizei. Insbesondere bei den dreifach Geimpften müsse auf die Quarantänezeit geschaut werden.

Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen wandte sich gegen eine generelle Verkürzung der Quarantänezeit für Menschen mit Booster-Impfung. Es müsse verhindert werden, dass eine infizierte Krankenschwester zum Risiko für Schlaganfall- oder Herzinfarktpatienten wird, sagte er in der Sendung "Frühstart" von RTL/ntv.

Es könne jedoch über verkürzte Quarantänezeiten für geimpfte und geboosterte Menschen nachgedacht werden, die in der kritischen Infrastruktur arbeiten, sagte Dahmen. Er nannte als Beispiel Wasserwerke, in denen es hochspezialisierte Fertigkeiten brauche, aber wenig Kontakte gebe.

Vor allem für den Fall, dass Belastbarkeitsgrenzen erreicht werden, könnten bei den Quarantäneregeln verkürzte Zeiten erforderlich werden, sagte ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums. Auf diesen Fall müssten sich die Behörden vorbereiten. Die Empfehlungen des RKI seien im Laufe dieser Woche zu erwarten.

Entscheidung über Quarantäne liegt beim Gesundheitsamt

Momentan gilt bei Kontaktpersonen grundsätzlich: Bei engem Kontakt zu einer positiv auf Corona getesteten Person soll man für zehn Tage in häusliche Quarantäne. Diese kann mit einem negativen Antigen-Schnelltest auf sieben Tage verkürzt werden, mit einem negativen PCR-Test auf fünf Tage.

Die Entscheidung über die Quarantäne liegt beim zuständigen Gesundheitsamt. Wenn das überlastet ist und sich zunächst nicht damit befasst, soll man selbstständig zu Hause bleiben. Zu unterscheiden ist davon die Isolierung: Wer selbst infiziert ist, soll 14 Tage nach Symptombeginn in Isolierung – vollständig Geimpfte fünf Tage, wenn sie danach symptomfrei und negativ PCR-getestet sind.

Experte kritisiert: "Das würde ich für fahrlässig erachten"

Eine mögliche Verkürzung der Isolations- und Quarantänedauer hält Immunologe Carsten Watzl im Kampf gegen das Coronavirus nur in Kombination mit einem negativen PCR-Test für verantwortbar. "Das kann man nur seriös machen, wenn das mit einem negativen Test begleitet ist", sagte der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie der Deutschen Presse-Agentur.

"Einfach so zu verkürzen, weil man sagt, sonst fallen zu viele Leute aus, dann lassen wir lieber Leute nach sieben Tagen raus, mit oder ohne Test – das würde ich für fahrlässig erachten." Schließlich könnten einige Menschen dann noch immer ansteckend sein und die Virus-Verbreitung beschleunigen.

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Mit Blick auf die schon jetzt sehr rasche Ausbreitung der Omikron-Variante, könne es durchaus Sinn ergeben, dass sich jemand nach fünf oder sieben Tagen freitesten könne, sagte Watzl – gerade, wenn es um die kritische Infrastruktur gehe. Schließlich könnten besonders vollständig Geimpfte, die sich infizierten, durch die Immunreaktion das Virus auch schneller und früher bekämpfen.

Watzl: Antigen-Schnelltest reicht nicht aus

Allerdings sei dabei ein PCR-Test dringend angeraten, so Watzl. "Ganz klar: Ein Antigen-Schnelltest würde meiner Meinung nach nicht ausreichen." Entsprechende Pläne erforderten also zwingend, dass genügend PCR-Tests zur Verfügung stünden und durchgeführt werden könnten, betonte der Experte.

Eine möglicherweise verkürzte Inkubationszeit bei Omikron, wie sie vielfach beobachtet werde, könne zwar dafür sorgen, dass die Menschen schon nach kürzerer Zeit virusfrei seien als bei anderen Virusvarianten und dann auch schneller wieder am alltäglichen Leben teilnehmen könnten. Allerdings, so betonte Watzl, gebe es noch nicht genügend Daten zur tatsächlichen Dauer der Omikron-Infektionen.

"Die Fallzahlen werden sehr stark steigen"

Das RKI wird im Laufe der Woche belastbare Daten über den aktuellen Infektionsstand in Deutschland nach den Feiertagen vorlegen. Offiziell gab es zum Wochenstart 232,4 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und sieben Tagen. Somit stieg die Inzidenz laut RKI am fünften Tag in Folge an. Binnen eines Tages gab es 18.518 Corona-Neuinfektionen und 68 Todesfälle.

Lauterbachs Sprecher bekräftigte, dass die Zahlen tatsächlich etwa zwei bis drei Mal höher ausfallen dürften. Bis Ende der Woche werde es "sehr valide Zahlen" geben. Lauterbach sagte am Sonntagabend bei RTL/ntv: "Die Fallzahlen werden sehr stark steigen, und das wird dann auch viele Ungeimpfte treffen, und die sind nicht geschützt. Daher mache ich mir da große Sorgen."

Der Expertenrat der Bundesregierung wird am Dienstag auf einer Videokonferenz über aktuelle Fragen zur Corona-Pandemie beraten. Ob das Gremium eine Stellungnahme zur Quarantäne abgibt, ist aber noch offen, wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte.

Wüst: "Die Impfpflicht muss kommen"

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte am Sonntagabend gesagt, dass er wegen der Omikron-Variante über verkürzte Quarantäne- und Isolierungszeiten nachdenke. Rechtlich sind die Länder zuständig, die die Quarantäne über Landesverordnungen regeln. Auf der Grundlage der RKI-Empfehlung werden die Spitzen von Bund und Ländern am Freitag voraussichtlich einen Beschluss fassen.

Bei den Bund-Länder-Beratungen soll es nach den Angaben von Wüst zudem über die Fortsetzung der Boosterkampagne gehen. Zudem wolle er hören, was die Bundesregierung bei der Impfpflicht wolle. Er sehe zu wenig Erst- und Zweitimpfungen. "Die Impfpflicht muss kommen", sagte Wüst.

Impfkampagne zieht langsam wieder an

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) rechnet mit einem breiten Spektrum an Gruppenanträgen bei den anstehenden Beratungen zur Impfpflicht im Bundestag. Beispielsweise werde es vermutlich einen Antrag geben, der eine allgemeine Impfpflicht für alle vorsieht, sagte er der "Welt".

Eine weitere Vorlage werde sich um eine "gestufte Impfpflicht" für diejenigen drehen, "die ein sehr hohes Risiko haben, ins Krankenhaus zu kommen". Ein dritter Antrag werde sich gegen die Impfpflicht wenden.

Nicht geimpft sind laut RKI aktuell 21,5 Millionen Menschen in Deutschland. Darunter sind vier Millionen Kinder bis vier Jahren ohne Impfmöglichkeit. 59,2 Millionen Menschen sind zweifach geimpft oder haben die Einzelimpfung von Johnson & Johnson erhalten. Das sind 71,2 Prozent der Gesamtbevölkerung. Mindestens 32,3 Millionen Menschen – 38,9 Prozent – haben zusätzlich eine Auffrischungsimpfung erhalten. Gegen die Omikron-Variante nimmt der Immunschutz ohne eine solche Boosterimpfung mit der Zeit stark ab.

Die Corona-Impfkampagne zieht im neuen Jahr langsam wieder an. Am Sonntag wurden mindestens 129.069 Impfungen verabreicht. Am Neujahrstag waren es demnach bundesweit gerade einmal 25.582 gewesen. Auch bei den Impfdaten gibt es laut RKI eine Untererfassung.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen AFP und dpa
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