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Razzien bei Hamas und Samidoun: Polizeigewerkschaft kritisiert Nancy Faeser


Durchsuchungen bei Samidoun und Hamas
"Wir können froh sein, dass keine Sprengfalle an der Tür war"

Von Laura Mielke

Aktualisiert am 23.11.2023Lesedauer: 3 Min.
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Polizisten stehen bei einer Razzia in Berlin-Friedrichshain am Eingang eines Gebäudes: Sie haben im Zusammenhang mit dem Verbot der Terrororganisation Hamas und des internationalen Netzwerks Samidoun mehrere Objekte der Hauptstadt durchsucht.Vergrößern des Bildes
Polizisten stehen bei einer Razzia in Berlin vor einem Gebäude: Die Polizei durchsucht mehrere Objekte von Anhängern der Terrororganisation Hamas und des Netzwerks Samidoun. (Quelle: Paul Zinken/dpa)

Mit den Durchsuchungen bei Anhängern islamistischer Gruppen setze das Bundesinnenministerium das "konsequente Vorgehen" fort, sagt zumindest Nancy Faeser. An diesem gibt es aber harsche Kritik der Polizeigewerkschaft.

Seit drei Wochen sind die Terrororganisation Hamas und das Netzwerk Samidoun in Deutschland verboten. Doch erst am Donnerstag durchsuchte die Polizei Wohnungen vermeintlicher Anhänger der extremistischen Gruppen. Am Vorgehen des Bundesinnenministeriums gibt es Kritik. Auch aus Reihen der Polizei.

Schwerpunkt der 15 bundesweiten Durchsuchungen war die Hauptstadt. Sieben der elf in Berlin erfolgten Durchsuchungen richteten sich gegen die Hamas und vier gegen Samidoun. Überwiegend waren Wohnungen betroffen, aber auch die Räume eines palästinensischen Vereins im Bezirk Neukölln. "Wir setzen unser konsequentes Vorgehen gegen radikale Islamisten fort", sagte Innenministerin Nancy Faeser (SPD) dazu.

Die Abläufe allerdings hätten besser laufen können, heißt es von Vertretern der Polizei. Der Chef der Berliner Gewerkschaft der Polizei (GDP), Stephan Weh, nannte es "desaströs". Denn in der Regel geht ein Verbot mit gleichzeitigen Durchsuchungen einher. Das ist am 2. November bei der Verkündigung des Verbots allerdings nicht geschehen. "Das gibt den Gruppen natürlich Zeit, Beweismaterial zu entsorgen", sagt Benjamin Jendro, Sprecher der Berliner GDP im Gespräch mit t-online. Seit drei Wochen hätten die radikalislamische Hamas und Samidoun die Möglichkeit gehabt, belastende Dokumente, Waffen oder Ähnliches aus ihren Wohnungen und Vereinsräumen zu entfernen.

"Behörden wurden nicht informiert"

"Die Durchsuchungen an sich sind richtig", sagt Jendro. "Es handelt sich um terroristische Gruppierungen und wir müssen eventuelle Anschläge verhindern." Allerdings kündigten sowohl Bundeskanzler Olaf Scholz als auch Innenministerin Faeser ein Verbot an, das so noch nicht umgesetzt war.

Ein Betätigungsverbot der Hamas fordere die Gewerkschaft schon länger. Es gebe keinen deutschen Ableger, aber sehr wohl Sympathisanten. Bei Samidoun gehe es um ein direktes Vereinsverbot. Eine Verfügung müsse aber immer an Konsequenzen geknüpft und ausgearbeitet sein. Danach werden die zuständigen Behörden informiert und Maßnahmen organisiert. "Die Sicherheitsbehörden wurden über die angedachte Verbotsverfügung ebenso wie alle anderen über Presseverlautbarungen der Bundespolitik informiert", sagt Jendro.

Sicherheit der Polizei gefährdet?

Außer eventuellem Beweismaterial, das dann verschwinden könnte, hat dieses Vorgehen auch Auswirkungen auf die Sicherheit der Polizistinnen und Polizisten. "Wir können froh sein, dass nicht die ein oder andere Sprengfalle an der Tür war", sagt Jendro. Die Extremisten hätten sich entsprechend vorbereiten können. Das betreffe nicht nur Islamisten, sondern auch sogenannte Reichsbürger. "In der Regel werden vor diesen Einsätzen so wenig Personen wie möglich informiert, damit nichts nach außen dringt." Er hoffe dennoch, dass die Kolleginnen und Kollegen genug Beweismaterial sammeln konnten, um etwaige Straftäter vor Gericht bringen zu können.

"Es war absolut unüblich und nicht optimal, aber vermutlich wollten sowohl Frau Faeser als auch Herr Scholz ein Zeichen setzen", mutmaßt der Gewerkschaftssprecher. Vor allem mit Blick auf die Gewalt, die Einsatzkräften in den vergangenen Wochen bei Demonstrationen entgegengebracht wurde. Wie sehr das unübliche Vorgehen des Bundeskanzlers und der Ministerin die Ermittlungen beeinträchtigt hat, wird sich zeigen.

Kritik an Medieninformation

Die Bundesinnenministerin wurde bereits im vergangenen Jahr heftig kritisiert. Vor einer bundesweiten Razzia gegen "Reichsbürger" wurden zahlreiche Medien vorab informiert, wann welche Person und wo von der Polizei aufgegriffen wird. Damit gelangten vertrauliche Informationen an eine große Gruppe an Menschen, die die Arbeit der Polizistinnen und Polizisten und sie selbst möglicherweise hätten gefährden können. Ob durch die Herausgabe dieser Informationen Personen gewarnt wurden, lässt sich nicht sagen. Tatsache ist aber, dass alle Haftbefehle damals vollstreckt wurden.

Das Netzwerk Samidoun gilt als einer der führenden Organisatoren der pro-palästinensischen Proteste der vergangenen Wochen. Die Vereinigung bestreitet das Existenzrecht Israels und hat ihren Ursprung in einer Gruppe, die die Freilassung palästinensischer Gefangener in Israel fordert.

Samidoun ist im Gegensatz zur Terrororganisation Hamas nicht religiös geprägt. Laut Verfassungsschutz gibt es in Deutschland rund 450 Anhängerinnen und Anhänger der radikalislamischen Hamas. Diese fielen bislang nicht durch Gewalttaten auf, sondern durch Sympathiebekundungen der Terrororganisation und Propaganda. Die Anhänger sammeln aber auch in Deutschland Geld, um Gruppen im Ausland zu unterstützen.

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Gewerkschaftssprecher Benjamin Jendro
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