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Grünen-Parteitag | Dank und Lob an Christian Lindner – das gab es noch nie


Grünen-Parteitag
Das gab es wohl noch nie

  • Johannes Bebermeier
Von Johannes Bebermeier

24.11.2023Lesedauer: 3 Min.
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Parteitag: Grüne bestätigen Lang und Nouripour als Parteivorsitzende (Quelle: Reuters)

Das Milliardenproblem der Regierung beschäftigt die Grünen. Auch auf dem Parteitag in Karlsruhe lässt es ihnen keine Ruhe. Wie gehen sie damit um?

Omid Nouripour wagt etwas. Der Grünen-Chef hat am Donnerstagabend schon mehr als eine Viertelstunde geredet, hat die Ampel gefeiert und die Union gescholten, als er etwas tut, was Grüne auf Parteitagen nicht so oft tun. Eigentlich nie. Omid Nouripour lobt Christian Lindner, den FDP-Chef, den Hüter der knappen Kassen.

Die Schuldenbremse müsse natürlich dieses Jahr ausgesetzt werden, sagt Nouripour. "Und es ist gut, dass Christian Lindner das heute getan hat. Herzlichen Dank dafür!" Hunderte Grüne im Saal applaudieren. Für Nouripour – und für Lindner.

Es ist ein merkwürdiger Parteitag für die Grünen. Bis vor wenigen Tagen erwarteten viele von ihnen noch, dass die Migrationskrise das Treffen in Karlsruhe dominieren würde. Seit dem Mittwoch vergangener Woche aber ist die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit weitergezogen. Jetzt ist Haushaltskrise. Und das Lob für Christian Lindner ist bei den Grünen noch immer die Ausnahme von der Regel.

Lindner spricht "Schuldenbremse" nicht mal aus

Das wird selbst in der Rede von Nouripour deutlich. Denn außer dem Dank enthält sie wenig anderes, das Christian Lindner gefallen könnte. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts müssten sich alle bewegen, sagt Nouripour. Und formuliert dann zwei Forderungen, wie es nun weitergehen müsse.

"Erstens: Kaputtsparen geht nicht", sagt Nouripour. Es brauche Investitionen. "Wir können nicht einfach sagen, wir sparen. Erst recht nicht an der sozialen Infrastruktur."

"Zweitens: Wir müssen natürlich die Schuldenbremse reformieren."

Es sind die zwei Bedingungen, die hier in Karlsruhe eigentlich alle führenden Grünen formulieren. Und sie sind genau das Gegenteil von dem, was Christian Lindner in diesen Tagen sagt. Oder eben nicht sagt.

Als der Finanzminister am Donnerstag in Berlin vor die Presse tritt, um anzukündigen, was Nouripour später in Karlsruhe lobt, fällt ein Wort streng genommen gar nicht: Schuldenbremse. 70 Sekunden lang spricht Lindner in die Kameras und kündigt dabei eigentlich nur an, dass er für dieses Jahr einen Nachtragshaushalt vorlegen werde. Dass er damit die Schuldenbremse noch einmal aussetzt, will er offensichtlich nicht in Bild und Ton dokumentiert haben.

Wie gut können da die Chancen stehen, dass Lindner noch einen Schritt weitergeht? Sich sogar an die Idee gewöhnen könnte, die Schuldenbremse zu reformieren?

Lindner widerspricht Nouripour in allen Punkten

Was manche Grüne in Karlsruhe schon ahnten, sagte Lindner am Freitag noch einmal schwarz auf weiß im "Handelsblatt": Die Chancen stehen schlecht. Der FDP-Chef sagt und will genau das Gegenteil von den Grünen.

Nouripours "Kaputtsparen geht nicht" setzt Lindner ein ambitioniertes Sparziel für die Ampel entgegen: "Wir reden über zweistellige Milliardenbeträge, um beispielsweise die ambitionierten Pläne zur Erneuerung der Infrastruktur und für Investitionen in Technologie umzusetzen." Jedes Jahr.

Und Nouripours "Wir müssen natürlich die Schuldenbremse reformieren" beantwortet Lindner mit einem simplen: "Nein. Die Schuldenbremse ist geltendes Verfassungsrecht."

Wer in Karlsruhe im Vertrauen mit Grünen spricht, der bemerkt abseits der markigen Forderungen deshalb auch immer wieder Zweifel und Ratlosigkeit, wie die Koalition das Milliardenloch in den nächsten Jahren stopfen kann.

Eine kleine Hintertür lässt sich Lindner im "Handelsblatt" jedoch noch offen. Auf die Frage, ob er auch 2024 die Notlage ausrufen und damit die Schuldenbremse aussetzen werde, antwortet der Finanzminister lediglich: "Gegenwärtig beschäftige ich mich nur mit 2023." Und schließt es damit nicht aus. Es ist etwas, das die SPD fordert und auch bei den Grünen diskutiert wird.

Doch auch das wäre eben nur: mittelfristige Abhilfe für ein grundsätzliches Problem.

Verwendete Quellen
  • Gespräche und Beobachtungen auf dem Grünen-Parteitag in Karlsruhe
  • handelsblatt.de: "Es ist für mich eine Frage der Ehre, dass wir reinen Tisch machen"
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