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Kritik an Aktion gegen Rechts: FDP-Strategin schießt gegen Böhmermanns Reconquista


Kritik an Aktion gegen Rechts
FDP-Strategin schießt gegen Böhmermanns Reconquista

  • Lars Wienand
Von Lars Wienand

Aktualisiert am 08.05.2018Lesedauer: 4 Min.
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Nicola Beer und Jan Böhmermann: Die FDP-Generalsekretärin kritisiert eine Aktion des Satirikers scharf.Vergrößern des Bildes
Nicola Beer und Jan Böhmermann: Die FDP-Generalsekretärin kritisiert eine Aktion des Satirikers scharf. (Quelle: Montage t-online.de/imago-images-bilder)

Die Empörung über die rechte Internet-Troll-Armee von "Reconquista Germanica" war groß. Jan Böhmermanns Antwort darauf ist für die FDP-Generalsekretärin Nicola Beer offenbar nicht viel besser. Sie spricht von "schwarzen Listen".

FDP-Generalsekretärin Nicola Beer kritisiert die von Jan Böhmermann in der ZDF-Sendung "Neo Magazin Royale" initiierte Aktion "Reconquista Internet" als "verantwortungslos". Sie warf Böhmermann auf Twitter "Blockwart-Denke in schlimmster Tradition beider deutschen Diktaturen" vor. Beim Fernsehrat sind zahlreiche Beschwerden eingegangen.

Nicola Beer sagte zu t-online.de, es würden "schwarze Listen" verbreitet, und das könne nicht Aufgabe öffentlich-rechtlich finanzierter Social-Media-Angebote sein. Das ZDF bezieht in dem Streit um seinen Moderator bisher nicht klar Stellung. Nach Angaben der Geschäftsstelle des Fernsehrats sind dort "zahlreiche Eingaben" eingegangen, in denen vielfach die in der Sendung angekündigten Listen kritisiert werden.

50.000 Menschen bei "Reconquista Internet"

Böhmermann hatte im "Neo Magazin Royale" die Gründung von "Reconquista Internet" verkündet. Nach zwischenzeitlichen Serverproblemen sind inzwischen rund 53.000 Menschen in der Chat-App Discord auf einem entsprechenden Server angemeldet, um sich auszutauschen und Aktionen zu besprechen. Dabei gehe es vor allem darum, rechtspopulistischen und hasserfüllten rechten Accounts mit Antworten voller Liebe zu begegnen.

Tatsächlich gibt es seither viele solcher betont freundlichen Reaktionen. Am Montag trommelte "Reconquista Internet" dafür, die freundlichen Seiten von Dresden zu zeigen und positiv zu bewerten. Ärger gibt es aber um eine Liste mit "rechten Trollen".

Video verspricht "Ruhe im Karton"

In dem YouTube-Kanal "Reconquista Internet" war ein Video "Aktion: Ruhe im Karton" mit Listen veröffentlicht worden. Böhmermann hatte das in der Sendung angekündigt und einen Tweet mit den Links verschickt und kurz darauf gelöscht. Es gibt eine archivierte Fassung. Die Links führen zu Listen. Darauf sind der Hauptaccount der AfD, die Führungsspitze und ein Großteil der Bundestagsabgeordneten der Partei, aber auch Medien wie "Junge Freiheit" oder das Roland Tichy (Blog "Tichys Einblick")*.

Im Erklärvideo lädt eine verfremdete Stimme ein, sie sich anzuschauen und "Liebe und Vernunft in diese Blase" zu verbreiten. Alternativ gibt es aber auch den Vorschlag, die Liste zum Blocken der entsprechenden Accounts zu nutzen. Das kommt dann dem Titel des Videos "Ruhe im Karton" nahe. Eine Anleitung zum Blocken der Accounts auf den Listen wird im Kommentar zum Video auch mitgeliefert. Böhmermann hatte auch davon gesprochen, man könne diese Accounts melden.

Auch AfD-Spitze unter 1.270 "rechten Trollen"

Eine Liste umfasst 196 Profile, die die Macher des Videos wegen ihrer Aktivitäten und ihrer Freunde zu den Aktivisten des neurechten Zusammenschlusses "Reconquista Germanica" rechnen. Generalstabsmäßig wurden dort in Chat-Räumen seit der heißen Phase des Wahlkampfs Aktionen geplant, politische Diskussionen und Gegner mit Kommentaren überflutet.

Eine zweite Liste soll 1.270 Twitter-Profile stark vernetzter "rechter Trolle" umfassen, wie es im Video heißt. Auf dieser Liste stehen auch die hochrangigen Accounts der AfD. Wer auf die Listen geht, findet zunächst nur Twitter-interne Nummern. Lädt man die Listen bei Twitter hoch, werden aber die Twitternamen angezeigt. Es gibt im Netz auch Seiten, die diese Namen sofort zeigen.

Arbeitgeber wegen Name auf Liste kontaktiert?

Ein Nutzer hatte beklagt, nach Veröffentlichung der Listen sei deshalb von Nutzern sein Arbeitgeber kontaktiert worden. Beer empfahl ihm, den Gang zum Anwalt zu prüfen. Sie nannte Böhmermanns Aufruf und Aktion "Blockwart-Denke in schlimmster Tradition beider deutschen Diktaturen".

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Zu t-online.de sagte Beer: "Die FDP verurteilt jegliche schwarzen Listen, egal ob von links oder von rechts. Es kann auch nicht Aufgabe öffentlich-rechtlich finanzierter Social-Media-Angebote sein, diese Listen zu verbreiten, die dann in Folge zugespammt werden." Jeder solle selbst entscheiden, wem er folge oder wen er blocke. Allerdings überlässt "Reconquista Internet" diese Entscheidung weiter den Nutzern.

ZDFneo: Wir waren es ja nicht selbst

ZDFneo lehnte auf Twitter eine Verantwortung für die Veröffentlichung der Listen im Rahmen der auf dem Sender gestarteten Aktion ab: "Das ZDF und ZDFneo haben zu keiner Zeit in den sozialen Netzwerken Listen mit Twitteraccounts öffentlich gemacht und auch nie zur Denunziation aufgerufen", hieß es in einer Stellungnahme auf Twitter. Der YouTube-Kanal, in dem das Video zu den Blocklisten steht, wurde extra angelegt und macht keine Angaben zum Urheber.

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Auch der Fernsehrat sieht keine Veranlassung, Böhmermann-Tweets zu thematisieren. "Der Fernsehrat könnte im Rahmen des Beschwerdeverfahrens mit der Sendung befasst werden", hieß es von der Geschäftsstelle. Dabei könne es jedoch ausschließlich um vom ZDF redaktionell verantwortete Inhalte gehen. "Dazu gehören nicht die Postings von Herrn Böhmermann auf seinen eigenen Plattformen, die vom ZDF nicht redaktionell verantwortet werden."

Beer kommentierte nach dem Tweet von ZDFneo, es sei "gut, dass ZDF und ZDFneo erkennen, dass öffentliche Aufforderung zum Blocken & Spammen der falsche Weg sind." Tatsächlich wurde in offiziellen Accounts des Senders zwar im Vorfeld auf die Sendung hingewiesen, die Listen wurden jedoch nicht thematisiert.

Das ZDF will sich offenbar die Tweets seines bekannten Moderators nicht zurechnen lassen. Auf eine Anfrage vom Montag hat die Pressestelle bis Dienstagmittag nicht geantwortet. Böhmermanns Sendung wird von der Firma bildundtonfabrik produziert, die auf eine Anfrage von t-online.de bisher nicht reagiert hat.

Beer mahnt Aufklärung an und verweist an Fernsehrat

Beer fordert, es "müsste intern geklärt werden, wer für diese unsägliche Aktion verantwortlich ist". Der vollmundigen Erklärung hat sie jedoch keine weiteren Schritte folgen lassen, wie sie auf Nachfrage erklärte. "Aufgrund des Grundsatzes der staatsfernen Medienaufsicht ist es hier Aufgabe des dafür zuständigen ZDF-Fernsehrates und nicht der Politik, die Umstände zu ermitteln und Konsequenzen zu ziehen." Der Fernsehrat prüft nach einer Anfrage von t-online.de noch.

Die FDP-Bundestagsfraktion fand Böhmermanns Einsatz offenbar längst nicht so kritikwürdig wie die Generalsekretärin. Sie hatte den Moderator tags zuvor zur "Person der Woche" gekürt. Erst nach Kritik wurde nachgeschoben, man heiße nicht die Blocklisten und die Einteilung in Trolle gut.

Der Text wurde nach einer Stellungnahme des ZDF-Fernsehrats ergänzt.

*An dieser Stelle war ursprünglich zu lesen, dass der Account des Blogs "Tichs Einblick" auf der Liste steht. Aufgeführt ist dort aber der persönliche Account von Roland Tichy.

Verwendete Quellen
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