"Gesichert rechtsextremistisch" Hessen und Bayern wollen AfD-Beamte überprüfen

Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft die AfD als "gesichert rechtsextremistisch" ein. Dem wollen aber nicht alle Bundesländer folgen.
Die bundesweite Einstufung der AfD als "gesichert rechtsextremistisch" durch das Bundesamt für Verfassungsschutz hat bislang keine einheitlichen Konsequenzen auf Länderebene.
Mehrere Bundesländer signalisierten, der Einstufung nicht Folge zu leisten oder zeigten sich zurückhaltend bei der Übernahme der Bewertung, wie die "Bild"-Zeitung berichtet. Außerdem läuft eine Debatte über die Überprüfung von Beamten innerhalb der AfD und die Parteienfinanzierung.
Hessen und Bayern wollen AfD-Beamte überprüfen
Die beiden Bundesländer Hessen und Bayern wollen nach der Neubewertung der AfD durch den Verfassungsschutz Parteimitglieder in ihrem Staatsdienst überprüfen. Es werde geprüft, inwieweit die Einstufung "Auswirkungen auf AfD-Mitglieder und Funktionäre im öffentlichen Dienst hat", sagte Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) der "Bild" vom Samstag. "Unsere Mitarbeiter in Polizei und Verwaltung müssen die Gewähr dafür bieten, dass sie jederzeit für unsere freiheitlich demokratische Grundordnung eintreten."
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) äußerte sich ähnlich. "Wir müssen auch prüfen, welche Konsequenzen diese Einstufung für die Tätigkeit von AfD-Mitgliedern im öffentlichen Dienst haben muss", sagte er ebenfalls der "Bild".
Niedersachsens CDU-Chef Sebastian Lechner hält es wie Herrmann für notwendig, die AfD-Finanzierung in den Blick zu nehmen. "Die Innenministerkonferenz sollte aber jetzt sorgfältig einen Antrag auf Entzug der Parteienfinanzierung prüfen. Rechtsextreme und verfassungsfeindliche Propaganda aus Steuermitteln zu finanzieren, finde ich unerträglich", sagte Lechner am Freitag.
Brandenburgs Innenministerin Katrin Lange (SPD) betonte, dass die Entscheidung des Bundes keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Arbeit des brandenburgischen Verfassungsschutzes habe. Man werde die neuen Erkenntnisse zwar auswerten, aber die Einstufung der AfD Brandenburg als Verdachtsobjekt bleibe zunächst bestehen. "Diese Einstufungen werden im Föderalismus jeweils gesondert vorgenommen", erklärte sie der Zeitung.
Manche Bundesländer noch ohne Einstufung
Ähnlich äußerte sich Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) auf Anfrage der "Bild". Auch dort bleibe es bei der bisherigen Einordnung der AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall. Die Bundesentscheidung habe keine automatische Wirkung auf die Bewertung des Landesverbandes.
In Nordrhein-Westfalen wurde bislang überhaupt keine offizielle Einstufung der AfD vorgenommen. Das dortige Landesamt für Verfassungsschutz teilte mit, dass weiterhin keine ausreichenden Voraussetzungen für eine öffentliche Bewertung des Landesverbandes vorliegen. Lediglich die mittlerweile aufgelöste Jugendorganisation "Junge Alternative" sei beobachtet worden.
AfD gilt bisher in drei Ländern als "gesichert rechtsextremistisch"
In Bayern wird die AfD ebenfalls nur als Verdachtsfall geführt. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) betonte, dass das Landesamt für Verfassungsschutz prüfen werde, ob das Bundesgutachten Auswirkungen auf die Bewertung habe. Eine Einstufung als gesichert rechtsextremistisch gebe es derzeit nicht.
Auch andere Länder wie Niedersachsen, Bremen, Hessen und Baden-Württemberg halten an der Einordnung als Verdachtsfall fest. In fünf Bundesländern – darunter Nordrhein-Westfalen – existiert derzeit gar keine formelle Einstufung der AfD.
Lediglich in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen wird die AfD bereits als gesichert rechtsextremistisch bewertet. Damit bleibt die Umsetzung der Entscheidung des Bundesamts länderübergreifend uneinheitlich – trotz der Ankündigung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), die Beobachtung auf Bundesebene konsequent umzusetzen.
Innenministerkonferenz nimmt Einstufung auf Tagesordnung
Die Einstufung soll auch Thema bei der nächsten Innenministerkonferenz sein, wie von dem derzeitigen Vorsitzenden, dem Bremer Innensenator Ulrich Mäurer (SPD), bekannt gemacht wurde. "Als Vorsitzender der Innenministerkonferenz wird Herr Senator Mäurer sicherstellen, dass die Thematik Gegenstand auf der Innenministerkonferenz im Juni in Bremerhaven sein wird", sagte eine Sprecherin den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND). Dazu soll demnach auch ein Vertreter des Verfassungsschutzes eingeladen werden.
Umstritten ist unter den Innenministern ein mögliches Verbotsverfahren, das Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung auf den Weg bringen könnten. Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) sagte der "Bild": "Die Einleitung eines Verbotsverfahrens ist die logische Konsequenz aus dieser Entscheidung und muss nun konsequent als Nächstes angegangen werden."
Sein Hamburger Amtskollege Andy Grote (SPD) äußerte sich zurückhaltender. Er sagte der Zeitung, für ein mögliches Verbotsverfahren sei die Einstufung als gesichert rechtsextremistisch – sollte sie gerichtlich bestätigt werden – eine notwendige, aber keine ausreichende Voraussetzung. Ob ein Verbotsverfahren mit der erforderlichen sehr hohen Erfolgsaussicht geführt werden könnte, wäre im nächsten Schritt vom Verfassungsschutz beziehungsweise Bundesinnenministerium zu prüfen.
- bild.de: "Bundesländer drohen mit Blockade"
- Nachrichtenagenturen dpa und AFP
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