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Geplatzte Pkw-Maut: Anton Hofreiter fordert Rücktritt von Verkehrsminister Scheuer


Geplatzte Pkw-Maut
Anton Hofreiter fordert Rücktritt von Verkehrsminister Scheuer

Von afp, dpa, nhr

23.08.2019Lesedauer: 3 Min.
Anton Hofreiter: Der Grünen-Fraktionschef fordert den Rücktritt von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer.Vergrößern des BildesAnton Hofreiter: Der Grünen-Fraktionschef fordert den Rücktritt von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer. (Quelle: imago-images-bilder)
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Wird das Maut-Debakel Andreas Scheuer sein Amt kosten? Wenn es nach Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter geht, sollte der Verkehrminister zurücktreten. Der konkrete Vorwurf: Verstoß gegen das Grundgesetz.

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter hat im Zusammenhang mit der Pkw-Maut den Rücktritt von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer gefordert. Der CSU-Ressortchef sei untragbar für die Bundesregierung, sagte Hofreiter der "Passauer Neuen Presse". Scheuer habe dem Staat "mit seinem Maut-Murks einen Verlust von mehreren hundert Millionen Euro eingebrockt".

Der Verkehrsminister habe die Maut-Verträge abgeschlossen, "obwohl klar war, dass die Pkw-Maut vom EuGH kassiert werden könnte", kritisierte Hofreiter. "Die massiven Risiken im Fall einer Kündigung hat er dabei dem Bundestag verheimlicht. Damit hat er vorsätzlich die Verfassung gebrochen", fügte der Grünen-Fraktionschef hinzu.

Zu dem Schluss, dass der Verkehrsminister gegen die Verfassung verstoßen habe, kommt ein Gutachten zweier Rechtsexperten der Hamburger Helmut-Schmidt-Universität, das die Bundestagsfraktion der Grünen in Auftrag gegeben hatte. Demnach hätte der CSU-Politiker die gesetzliche Erlaubnis des Bundestags gebraucht, um den Vertrag zur Erhebung der Pkw-Maut mit seinen Regelungen zum Schadenersatz für die geplanten Betreiber abzuschließen. Denn das Parlament hat das Sagen über den Haushalt.

Gutachten: Scheuer hätte Genehmigung gebraucht

Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer forderte am Freitag ebenfalls Scheuers Rücktritt: Dieser sei "als Minister untragbar". Das Gutachten werde nun in der Fraktion bewertet – man prüfe, den Fall vors Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zu bringen, und arbeite weiter daran, "dass es einen Untersuchungsausschuss gibt". Auch FDP und Linke hatten Scheuer mit einem Untersuchungsausschuss gedroht. Scheuer hat bereits die Maut-Verträge und viele weitere Dokumente veröffentlicht und "vollständige Transparenz" zugesagt. Eine Reaktion des Verkehrsministeriums auf die Vorwürfe stand am Freitagnachmittag noch aus.

In dem Gutachten der beiden Professoren Ulrich Hufeld und Florian Wagner-von Papp heißt es, Scheuers Ministerium habe mit dem Vertrag zur Erhebung der Pkw-Maut vom 30. Dezember 2018 "ein Risiko ohne haushaltsrechtliche Deckung übernommen". Garantieversprechen des Bundes – in diesem Fall gegenüber den geplanten Betreibern der Pkw-Maut – bedürften aber einer gesetzlichen Ermächtigung, über die der Bundestag zu entscheiden habe. Die Schlussfolgerung: "Das Handeln der Bundesregierung im Dezember 2018 war daher eine unerlaubte Risikoübernahme und verletzte das Grundgesetz."

Scheuer hatte die Verträge zur Kontrolle und zur Erhebung des CSU-Prestigeprojekts Pkw-Maut unterzeichnen lassen, bevor das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vorlag. Im Juni kippte das EU-Gericht die Maut, Scheuer ließ die Verträge umgehend kündigen. Den eigentlich geplanten Betreibern Kapsch und CTS Eventim könnte deswegen Schadenersatz zustehen – die Rede ist oft von einem dreistelligen Millionenbetrag, allerdings liegen noch keine Forderungen vor. Die Kündigung wird am 30. September wirksam.

Scheuer: Schlechte Leistungen der Vertragspartner

Der Wirtschaftsrechtler Wagner-von Papp erklärte, der Vertrag zur Maut-Kontrolle enthalte erwartbare Entschädigungsregelungen für den Fall einer Kündigung aus EU-rechtlichen Gründen. Die Entschädigungsklausel im Vertrag zur Maut-Erhebung setze dagegen den "Brutto-Unternehmenswert" als Schadenersatz an. Es werde also die gesamte Vergütung und der gesamte Gewinn über die reguläre Laufzeit von zwölf Jahren fällig. Der Bund habe das gesamte Risiko einer Kündigung aus ordnungspolitischen Gründen, zu denen das EU-Urteil zählt, einseitig und vollständig übernommen.

Es sei kaum nachvollziehbar, dass der Bund sich auf dieses Garantieversprechen eingelassen habe, sagte Wagner-von Papp. Die Wahrscheinlichkeit, dass der EuGH die Maut als diskriminierend und damit europarechtswidrig einstufen würde, sei relativ hoch gewesen. So kam es am 18. Juni dann auch. Nach Scheuers Darstellung hat der Bund die Verträge zwar auch aufgrund des Urteils gekündigt – es habe aber weitere Gründe gegeben, darunter schlechte Leistungen der Vertragspartner.


Im Haushaltsrecht gebe es einen Fundamentalsatz, und zwar: "Der Haushalt des Bundes gehört dem Bundestag", sagte Hufeld, der Professor für Öffentliches Recht ist – der "haushaltsrechtliche Parlamentsvorbehalt". Für politisch gewollte Risiken und ungewisse Ausgaben brauche es nach eine Artikel 115 des Grundgesetzes eine gesetzliche Ermächtigung des Parlaments. "Die fehlt."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa und AFP
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