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Robert Habeck verteidigt Ministerposten für Cem Özdemir


"Ein schmerzhafter Prozess"
Habeck verteidigt Ministerposten bei den Grünen

Von afp, dpa
27.11.2021Lesedauer: 3 Min.
Robert Habeck: Der Grünen-Chef rechtfertigte die Nichtberücksichtigung der beiden Fraktionsvorsitzenden Anton Hofreiter und Katrin Göring-Eckardt.Vergrößern des BildesRobert Habeck: Der Grünen-Chef rechtfertigte die Nichtberücksichtigung der beiden Fraktionsvorsitzenden Anton Hofreiter und Katrin Göring-Eckardt. (Quelle: imago-images-bilder)
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Die Besetzung der Ministerposten führte bei den Grünen zu Diskussionen. Chef Habeck begründet nun, warum seine Partei so entschied. Die Grüne Jugend kritisiert den Koalitionsvertrag.

Der Grünen-Vorsitzende und designierte Vizekanzler Robert Habeck hat die Personalentscheidungen seiner Partei für die künftige Ampel-Regierung verteidigt. Der als Landwirtschaftsminister vorgesehene Cem Özdemir sei "ein begnadeter Kommunikator", was besonders im Agrarressort wichtig sei, sagte Habeck. Özdemir markierte derweil bereits Themenfelder, die er in seinem neuen Amt angehen will. So kündigte er striktere Auflagen für die Fleischindustrie an. Zudem will er die Bauern für mehr Klimaschutz gewinnen.

Habeck sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", Özdemir verstehe es gut, "unterschiedliche Interessen zusammenzubringen". Dies sei eine wichtige Fähigkeit für das Agrarressort: "Die Landwirtschaft ist ein Gebiet, in dem unterschiedliche Erwartungen sehr hart aufeinanderprallen." Das wisse er aus eigener Erfahrung in Schleswig-Holstein, fügte Habeck hinzu, der dort sechs Jahre Agrarminister war.

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Özdemir habe "in seiner politischen Karriere immer vor allem an der Versöhnung von Ökonomie und Ökologie gearbeitet". Beides gehöre "in kaum einem Bereich so eng zusammen" wie in der Landwirtschaft, betonte Habeck.

"Die Auswahl ist immer ein schmerzhafter Prozess"

Auch für die gesamte grüne Partei sei Özdemirs Nominierung ein Aushängeschild: "Erstmals wird ein Kind einer türkischen Einwandererfamilie deutscher Bundesminister – und zwar nicht in einem Bereich, der mit Migrationsfragen verbunden ist, sondern im deutschesten Ressort überhaupt, wenn man so will."

Der Grünen-Chef rechtfertigte auch die Nichtberücksichtigung der beiden Fraktionsvorsitzenden: "Toni Hofreiter und auch Katrin Göring-Eckardt haben große Verdienste und die Fraktion über Jahre erfolgreich geführt", sagte er. "Aber wenn man viele gute Leute hat und nur eine begrenzte Anzahl an Ressorts, dann ist die Auswahl immer ein schmerzhafter Prozess, der manchmal schwierige Entscheidungen erfordert." Hofreiter war im Vorfeld als Landwirtschaftsminister gehandelt worden, Göring-Eckardt als Familienministerin.

Habeck äußerte sich auch zu den weiteren Grünen-Kabinettsposten. "Mit Steffi Lemke kommt eine Ostdeutsche ins Kabinett, die profunde Kenntnisse im Umweltbereich hat", sagte er. Die designierte Familienministerin Anne Spiegel habe sich bereits in Rheinland-Pfalz im selben Amt bewährt. Und die bisherige Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth werde "als Kulturstaatsministerin eine starke Stimme sein", weil sie "seit vielen Jahren die Kulturszene" präge. Habeck übernimmt das neue Ministerium für Klimaschutz und Wirtschaft, Ko-Parteichefin Annalena Baerbock wird Bundesaußenministerin.

Özdemir will als Agrarminister Klimaschutz vorantreiben

Özdemir kündigte bereits an, striktere Auflagen für die Fleischindustrie einführen zu wollen. Dem "Spiegel" sagte Özdemir, er wolle den Klimaschutz in der Landwirtschaft vorantreiben. "In der Vergangenheit war es doch immer so im Kabinett: Die Umweltministerin gab eigentlich ganz gute Klima- und Umweltziele vor, dann kam der damalige Wirtschaftsminister, der Verkehrsminister oder eben die damalige Landwirtschaftsministerin und hat den Klima- und Artenschutz in die Tonne getreten."

Das werde die künftige Ampel-Regierung anders machen, sagte Özdemir. "Klimaschutz ohne Landwirtschaft kann nicht gelingen, Gesellschaft ohne Landwirtschaft auch nicht." Özdemir hatte sich bislang auf Verkehrs- und Außenpolitik konzentriert. Er verwies aber auf familiäre Verbindungen in die Landwirtschaft: "Bevor mein Vater als Gastarbeiter nach Deutschland gekommen ist, war er Landwirt aus einfachsten Verhältnissen."

"Ampel-Euphorie gibt es bei uns nicht"

Derweil haben die beiden Chefs der Grünen Jugend, Sarah-Lee Heinrich und Timon Dzienus, trotz inhaltlicher Kritik für den Koalitionsvertrag der Grünen mit SPD und FDP geworben. "Der Koalitionsvertrag ist nicht das, was gesellschaftlich notwendig ist", sagte Dzienus bei einer Konferenz der Grünen-Nachwuchsorganisation mit Delegierten aus den Ländern am Samstag in Berlin. "Ampel-Euphorie gibt es bei uns nicht. Niemand steht hier mit ampelfarbenen Konfetti-Kanonen."

Dennoch gebe es mit den Absprachen zwischen den Ampel-Parteien Chancen, argumentierte Dzienus. "Dieser Koalitionsvertrag eröffnet ein erstes Fenster für Verbesserungen." Diese müssten die Grünen nun nutzen. "Diese Ampel muss verdammt noch mal antreten, um für Klima und Gesellschaft spürbar etwas zu verbessern."

Wenn sich herausstelle, dass die Fortschritte beim Klimaschutz nicht ausreichten, müsse die Ampel-Regierung nachbessern. "Das Pariser Klimaziel ist definitiv wichtiger als die Einhaltung des Koalitionsvertrags." Laut Pariser Klimaabkommen will die internationale Staatengemeinschaft die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter begrenzen. Auch Heinrich bemängelte: "Dieser Koalitionsvertrag wird wahrscheinlich für 1,5 Grad noch nicht reichen."

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Grüne Jugend wünschte sich ein linkes Bündnis

Auch Heinrich warb trotz Vorbehalten für die Zustimmung für die Vereinbarungen mit SPD und FDP. "In diesem Koalitionsvertrag gibt es deutliche Verbesserungen in fast jedem Bereich", sagte sie. Dennoch mahnte sie: "Dieser Vertrag wird den gesellschaftlichen Notwendigkeiten nicht gerecht." Heinrich bedauerte, dass die sich aus der Bundestagswahl ergebenden Mehrheiten nicht für ein linkes Bündnis ausreichten – Wunschpartner der Grünen Jugend waren SPD und Linke gewesen. Die sozialpolitischen Pläne der Ampel reichten nicht aus, so Heinrich. "Das ist eine politische Niederlage."

Beide Grüne Jugend-Chefs riefen die Mitglieder auf, gemeinsamen mit Bewegungen und Verbänden weiter für linke Politik zu kämpfen. "Wir dürfen nicht in eine Schockstarre verfallen", appellierte Heinrich. "Wir müssen jetzt handeln."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen AFP und dpa
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