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Greta Thunberg, Fridays for Future und der Nahostkrieg: Geht das so?


Thunberg und der Nahostkrieg
So nicht!

MeinungVon Lucas Maier

Aktualisiert am 13.11.2023Lesedauer: 3 Min.
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Greta Thunberg bei einer Klimademo am Wochenende in Amsterdam: Ein Mann kam auf die Bühne, um ihr zu widersprechen. (Quelle: James Petermeier/imago images)

Natürlich darf und muss eine Klimabewegung politisch sein. Doch Greta Thunberg zeigt, wie es nicht geht.

Am Wochenende entriss ein Aktivist Greta Thunberg vor 85.000 Menschen das Mikrofon. Der Demonstrant sagte bei dem Protest in Amsterdam: "Ich bin für eine Klimademonstration gekommen, nicht für eine politische Sichtweise."

Bereits mehrfach fiel die junge Schwedin und Ikone der Bewegung Fridays for Future mit einer einseitigen Positionierung zum Krieg zwischen Israel und der Hamas auf, flankiert von antisemitischen Instagrambeiträgen der vermeintlichen Vertretung der internationalen Klimabewegung. (Mehr dazu lesen Sie hier.) Seit Wochen wird der Diskurs um Fridays for Future von der Nahost-Debatte bestimmt – Klimathemen bleiben dabei auf der Strecke.

Es braucht politisch geführte Debatten

Folgt daraus, dass der Klimaprotest unpolitisch und unparteiisch sein muss, so wie der Aktivist es forderte? Nein – mit Sicherheit nicht. Nachhaltigkeit und Klimawandel sind hochkomplexe Themen, die nicht losgelöst von politischen Entscheidungen und Machtverhältnissen diskutiert werden dürfen. Wasserknappheit, steigende Meeresspiegel und ein Klima, das in einigen Jahren Teile der Welt unbewohnbar machen könnte, wird Tausende in die Flucht treiben. Dass hier eine politische Debatte nicht hinten anstehen darf, liegt auf der Hand.

Video | Eklat um Greta Thunberg bei Klimademo
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Quelle: t-online

Denn bereits Anfang des Jahres warnte der Weltklimarat (IPCC), dass wir das selbst gesetzte 1,5-Grad-Ziel verpassen werden. Um den weiter voranschreitenden Klimawandel noch eindämmen zu können, werden Maßnahmen notwendig sein, die nicht allen schmecken dürften. Ohne eine politisch geführte Debatte – unmöglich.

Die Klimabewegung ist sich dessen bewusst. Der Aktivist, der in Amsterdam das Mikrofon ergriff, erntete für seine Aussage "Klima ist politisch"-Rufe aus der Menge. Auch der Forderungskatalog von Fridays for Future zeigt, dass die mehrheitlich jungen Aktivistinnen und Aktivisten sich ihrer politischen Verantwortung bewusst sind. So wollen sie beispielsweise nicht auf Biegen und Brechen den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen, sondern einen sozialverträglichen Weg einschlagen.

Postkolonialismus ja – aber mit Bedacht

Bei dem Krieg in Nahost aber verhält es sich anders. Natürlich kann sich eine Bewegung mit politischem Anspruch zu den Bildern äußern, die seit dem 7. Oktober die Nachrichtensender und Talkshows füllen. Allerdings erscheint ein solch einseitiges Parteiergreifen, wie zuletzt von Thunberg, mehr als schädlich. Ein nüchternes Verurteilen der Gewalt gegen Zivilisten und eine klare Haltung gegen die Massaker der Hamas wären angebracht gewesen. Ein Fokus auf die klimatischen Probleme infolge von Krieg scheint zudem mehr als überfällig zu sein. Dass Thunberg ihre Meinung so stark in den Fokus rückt und sie somit auch Millionen von Aktivistinnen und Aktivisten unterstellt – ob sie diese nun teilen oder nicht –, wird zwangsläufig zur Spaltung führen.

 
 
 
 
 
 
 

Dass Greta Thunberg nicht für ganz Fridays for Future spricht, zeigt ein Blick auf die deutsche Sektion. Seit Wochen arbeiten sich Luisa Neubauer und Co. mit Stellungnahmen zur Hamas und Antisemitismus ab – der Nahostkonflikt ist dabei, Klimathemen den Rang abzulaufen.

Dabei ist der Grundgedanke hinter Thunbergs Aussagen gar kein falscher. Postkoloniale Ansätze sind gerade im Kontext von Klimapolitik unverzichtbar. Die europäische Kolonialisierung des afrikanischen Kontinents und anderer Teile der Welt gingen meist mit Ressourcenausbeutung einher – die teils bis heute besteht und fortgeführt wird. In der heutigen Welt leidet der globale Süden am stärksten unter dem menschengemachten Klimawandel – und wieder ist der Norden schuld.

Im Fall des aktuellen Konflikts hinkt diese postkoloniale Sichtweise allerdings. Schlimmer noch: Greta Thunberg erregt den Anschein, sich in der aktuellen Situation hinter die Hamas-Schlächter des 7. Oktober zu stellen.

Das aber muss nicht das Ende einer starken Klimabewegung bedeuten. Zwar deutet sich eine zunehmende Distanz zwischen einzelnen Sektionen und der globalen Führung an. Doch das muss nichts Schlechtes sein. Eine stärkere Regionalisierung könnte eine bessere Bindung zur Basis garantieren. Als weltweite Marke hat Fridays for Future zwar für einige Jahre gut funktioniert. Doch zurzeit muss ohnehin der Druck in den einzelnen Ländern steigen, damit mehr Klimapolitik gemacht wird. Bevor also die globale Klimabewegung unterzugehen droht, sollte die deutsche Sektion um Neubauer die schmelzende Eisscholle verlassen und retten, was noch zu retten ist.

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