Panorama Neue Bilder zeigen die dramatische Rettung
Neue Bilder, die kurz nach der Katastrophe aufgenommen worden sind, zeigen Dramatik pur auf der "Costa Concordia". Das Kreuzfahrtschiff ist noch voll beleuchtet aber schon ziemlich zur Seite geneigt. Menschen laufen in Panik auf die Decks, versuchen, Plätze in den Rettungsbooten zu ergattern. Viele springen ins Wasser, die nahe Insel Giglio vor Augen. Bis zu 150 Menschen werden von Rettungsmannschaften aus dem Wasser gefischt, mindestens 16 Menschen ertrinken.
Sicher ist, dass mindestens vier Deutsche bei dem Schiffsunglück ums Leben gekommen sind. Das bestätigte das Auswärtige Amt am Donnerstag. Außerdem würden acht weitere Bundesbürger vermisst. Unter den geborgenen Leichen sind ein 74-jähriger Mann aus Maintal in Hessen und eine 52-jährige Frau aus Mittelfranken in Bayern, wie die örtliche Polizei bestätigte.
Überlebende zu finden wäre "ein Wunder"
Aus Sicht von Einsatzleiter Franco Gabrielli gibt es kaum noch Hoffnung, Überlebende zu finden. Dazu wäre "ein Wunder nötig", sagte er. Gabrielli ging davon aus, dass einige Leichen vermutlich erst gefunden werden, wenn die "Costa Concordia" entweder wieder flottgemacht oder in Teile zerschnitten wird.
Rückblick: Es sollte eine Traumreise im Mittelmeer werden, acht schöne Tage unter dem Motto "Duft der Zitrusfrüchte" mit Stationen in Barcelona, Palma de Mallorca und Palermo. Für die mehr als 4200 Passagiere und Besatzungsmitglieder des Kreuzfahrtriesen gerät die Luxusfahrt zum nächtlichen Alptraum. Das Schiff läuft an einem Felsen auf Grund.
Szenen wie auf der "Titanic"
Das Unglück geschieht während des Abendessens. Es gibt einen Knall, der Strom fällt aus, während viele fein gekleidete Passagiere gemeinsam mit dem Kapitän die Vorspeise genießen. Der Gigant der Meere hat einen Felsen gerammt, Wasser dringt ein. Es kommt später dann zu Szenen "ähnlich wie im Film 'Titanic'", berichtet ein 38-jähriger deutscher Passagier von der gefährlichen Schräglage des Schiffes. Wer abergläubisch ist, der erinnert sich: Es ist Freitag, der 13.
Vielen an Bord des 290 Meter langen und knapp 36 Meter breiten Kreuzfahrtriesen kommt als erstes die Katastrophe der "MS Titanic" in den Sinn: "Das Essgeschirr ist von den Tischen gerutscht, und die Gläser kippten um", so berichtete der Ansa-Agenturjournalist Luciano Castro von der Kreuzfahrt. Augenzeugen und Betroffene berichten nach der Rettung von dramatischen Szenen - denn das Schiff neigt sich schnell in die Schieflage. Mütter hätten nach ihren Kindern geschrien, und manchem sei die Todesangst ins Gesicht geschrieben gewesen. Es habe an den richtigen Schwimmwesten gefehlt. Verzweifelt sprangen Dutzende Menschen über Bord ins Mittelmeer, das im Januar eiskalt ist.
Der Kapitän verlässt das Schiff
Der Kapitän des Luxusliners, Francesco Schettino, ist bei den Rettungsmaßnahmen offenbar alles andere als hilfreich. Statt als letzter von Bord zu gehen, hat er nach Augenzeugenberichten bereits um kurz nach Mitternacht das Schiff verlassen. Bei der offiziellen Vernehmung gibt er an, versehentlich in ein Rettungsboot gefallen zu sein. In einem abgehörten Telefongespräch gesteht er einem Freund allerdings, sich "hinuntergestürzt" zu haben.
Die Verantwortung für den Schiffbruch liege "mit Sicherheit" bei Schettino, sagte der Generalkommandant des zuständigen Hafenamtes, Admiral Marco Brusco, am Donnerstag in einer Anhörung des Senats in Rom. Bei einem rechtzeitigen Alarm hätte es wahrscheinlich keine Toten gegeben. Schettino habe bei der Havarie vor zwei Wochen eine "kostbare Stunde" verstreichen lassen.
Auch die Costa-Reederei widersprach Schettino, der gesagt hatte, ein Manager habe die Unglücks-Route nahe der Insel Giglio verlangt. "Dieses Manöver war nicht autorisiert. Wir waren darüber nicht informiert", erklärte Costa-Chef Pierluigi Foschi im Senat. Schettino habe das allein entschieden. Der Costa-Manager Roberto Ferrarini gab an, Schettino habe ihn gebeten, eine gemeinsame Version für den Ablauf der Ereignisse den Behörden gegenüber abzustimmen. Das habe er abgelehnt. Schettino habe angeben wollen, dass das Schiff nach einem Stromausfall auf Grund gelaufen sei, erklärte Ferrarini.
Die Ermittlungsrichterin legte in dem Beweissicherungsverfahren eine erste Anhörung auf den 3. März - vermutlich ist Schettino auch dabei. Wegen des erwarteten Andrangs wird ein Theater in Grosseto der Schauplatz für den Termin sein, teilte Valeria Montescarchio mit. Dabei dürfte es vor allem um die Blackbox gehen, die auch die Kommunikation auf der Kommandobrücke am Abend der Havarie vom 13. Januar aufgezeichnet hat.
Erste Verschmutzung gemessen
Unterdessen sind fast zwei Wochen nach der Havarie im Meeresschutzgebiet vor der italienischen Küste erste Verschmutzungen gemessen worden. Die Situation sei zwar noch "tragbar", aber für eine vom Tourismus und der Fischerei abhängige Region "heikel", sagte ein Sprecher der Umweltorganisation WWF. Auch den Tauchern bereitet verfaulter Müll Schwierigkeiten bei der Suche nach den Vermissten.
Das Meerwasser um die Insel Giglio ist mit zwei bis drei Milligramm Tensiden pro Liter verschmutzt, während die Konzentration in der Region für gewöhnlich gegen null tendiert, wie die Umweltbehörden der Toskana mitteilten. Damit herrscht in dem Meeresparadies ein Grad an Verschmutzung wie an dem Industriehafen in Marghera nahe Venedig.
Der WWF zeigte sich besonders besorgt über feuerbeständige Flüssigkeiten an Bord des Wracks, Batterieflüssigkeiten, Öle, Reinigungs- und Lösungsmittel. "Man muss nicht in Alarmismus verfallen, aber man muss die Aufmerksamkeit darauf lenken", ergänzte der Sprecher.
Neben Müll, Putzmittel und Farbe befinden sich auch immer noch fast 2400 Tonnen Schweröl in der "Costa Concordia", die immer noch nicht abgepumpt wurden und somit den sogenannten Toskanischen Archipel bedrohen. Das Naturschutzgebiet ist geprägt von einer beispiellosen Artenvielfalt und beherbergt auch seltene Tierarten.
In den tiefen Gewässern tummeln sich auch Thunfische, die bis zu drei Meter groß werden können, Barrakudas und Unmengen an Muränen, riesige Muscheln und Krabben. Im Frühling und im Sommer können vor der Küste Delfine, Finnwale und Pottwale beobachtet werden.