VerdÀchtiger nach Amokfahrt in Untersuchungshaft
Trier (dpa) - Nach der tödlichen Amokfahrt in der Trierer Innenstadt hat das Gericht Haftbefehl gegen den dringend tatverdÀchtigen Mann erlassen. Das teilte die örtliche Staatsanwaltschaft am Mittwoch mit. Sie stuft die Tat als mehrfachen Mord, Mordversuch und gefÀhrliche Körperverletzung ein.
Der 51-jĂ€hrige Deutsche soll am Dienstag betrunken einen PS-starken SportgelĂ€ndewagen gezielt in Menschen in der FuĂgĂ€ngerzone gesteuert haben. FĂŒnf Menschen starben, darunter ein neun Wochen altes Baby und sein Vater. 18 Menschen wurden verletzt, darunter sind 6 Schwerverletzte. Die Ermittler gingen davon aus, dass der Amokfahrer ohne organisierten Hintergrund handelte.
Nach EinschÀtzung des rheinland-pfÀlzischen Innenministers Roger Lewentz (SPD) lÀsst sich eine solche Tat schwer verhindern. "Wenn das Auto zur Mordwaffe wird, dann ist es schwierig zu sagen als Staat, das können wir zu 100 Prozent unterbinden. Nein, das können wir nicht", sagte der SPD-Politiker im Deutschlandfunk. "Wie wollen Sie etwas verhindern, wenn ein Mensch sich entscheidet, sich ins Auto zu setzen und gezielt Menschen anzugreifen."
Der HauptgeschĂ€ftsfĂŒhrer des StĂ€dte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, sprach sich fĂŒr zertifizierte Barrieren nach bundesweit einheitlichen, aktuellen technischen Sicherheitsstandards aus. Neben mobilen Pollern könnten auch stĂ€dtebaulich verankerte Barrieren eine Option zum Schutz der PlĂ€tze sein, etwa versenkbare Sperren oder auch BĂ€nke, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Eine komplette Sperrung etwa von FuĂgĂ€ngerzonen und PlĂ€tzen sei aber nicht möglich.
Der Kriminalpsychologe Jens Hoffmann sprach sich fĂŒr ein Netzwerk aus Polizei sowie psychiatrischen und sozialen Einrichtungen zur FrĂŒherkennung möglicher Gefahren aus. "Falls jemand auffĂ€llig ist, haben lokale Teams das gröĂte Potenzial, um gegenzusteuern", sagte der Leiter des Instituts fĂŒr Psychologie und Bedrohungsmanagement in Darmstadt. Im Raum NĂŒrnberg gebe es bereits ein solches Netzwerk.
Lewentz zufolge wurde bisher kein Bekennerschreiben gefunden. Bei der AufklÀrung komme es nun auf die Bereitschaft des VerdÀchtigen an, seine Motive offenzulegen. Der Mann aus dem Kreis Trier-Saarburg hat der Polizei zufolge ausgesagt. "Er spricht mit uns", sagte ein Sprecher. Zu Inhalten könne man aber zunÀchst keine Angaben machen.
Bei einem bewegenden Gedenken am Trierer Wahrzeichen Porta Nigra gedachten Hunderte Menschen der Opfer der Todesfahrt in der Mosel-Stadt. Zahlreiche Kerzen und Blumen an dem frĂŒheren römischen Stadttor erinnerten am Mittwoch an die Toten und Verletzten. "Trier trauert, Trier leidet, Trier resigniert aber nicht", sagte OberbĂŒrgermeister Wolfram Leibe (SPD). Er legte gemeinsam mit der rheinland-pfĂ€lzischen MinisterprĂ€sidentin Malu Dreyer KrĂ€nze nieder.
"Wir trauern mit den Angehörigen der Toten, und wir beten fĂŒr die Verletzten", sagte Dreyer. "Ein Leben lang werden sie die Folgen tragen mĂŒssen dieser vier tödlichen Minuten." Kein Wort könne das Leid der Betroffenen lindern, sagte die SPD-Politikerin, die selbst in Trier wohnt. "Nichts, wirklich gar nichts kann diese brutale und schreckliche Tat rechtfertigen." An dem Gedenken nahm auch der OppositionsfĂŒhrer in Mainz, Christian Baldauf (CDU), teil.
BundesprĂ€sident Frank-Walter Steinmeier bekundete den Familien und Freunden der Opfer sein MitgefĂŒhl. Er sprach von einer "entsetzlichen Gewalttat". Der Vorsitzende des StĂ€dtetages Rheinland-Pfalz, Michael Ebling, sagte, man blicke traurig und erschĂŒttert nach Trier. "Die vollkommen sinnlose Tat eines Einzelnen zerstört in Sekunden und völlig unvorbereitet das Leben vieler Menschen, trifft das Herz einer ganzen Stadt", sagte Ebling, der auch Mainzer OberbĂŒrgermeister ist.
Der WeiĂe Ring forderte, den Blick auch auf die Opfer und ihre Angehörigen zu richten. "Im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses sollten nie der TĂ€ter und seine möglichen Motive stehen, sondern die Menschen, die durch seine Tat Leid erfahren mussten", sagte der Landesvorsitzende der Opferschutzorganisation, Werner Keggenhoff.
Zu den Todesopfern zĂ€hlen neben dem Baby und dem 45-jĂ€hrigen Vater drei Frauen im Alter von 25, 52 und 73 Jahren. Die Mutter des Babys hat ĂŒberlebt und liegt den Behörden zufolge ebenso im Krankenhaus wie ihr eineinhalb Jahre alter Sohn. Der VerdĂ€chtige war der Polizei zufolge vier Minuten nach der Alarmierung festgenommen worden.
Wegen Hinweisen auf eine mögliche psychische Erkrankung war auch die Unterbringung des Mannes in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung infrage gekommen. Es gebe weiter keine Hinweise auf ein politisches Motiv, hieà es. Es gebe auch keine Hinweise auf MittÀter.
OberbĂŒrgermeister Leibe kĂŒndigte an, dass Trier an diesem Donnerstag um 13.46 Uhr noch einmal an alle Opfer erinnern wolle. Dann sollen auch die Kirchenglocken lĂ€uten. 13.46 Uhr war der Zeitpunkt, an dem am Dienstag die Amokfahrt im historischen Stadtzentrum begann.