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Tornado in Kiel: "Auch schwere Tornados können auftreten"


Windhose in Kiel
"Schwere Tornados können auch hier auftreten"

Von t-online, law

29.09.2021Lesedauer: 3 Min.
Tornado über Kiel: Es ist wenig im Bewusstsein der Menschen in Deutschland".Vergrößern des BildesTornado über Kiel: Es ist wenig im Bewusstsein der Menschen in Deutschland". (Quelle: Philipp Brandl/dpa-bilder)
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Mehrere Menschen werden verletzt, als ein Tornado in Kiel wirbelt. Es gab keine Vorwarnung, sagt ein Feuerwehrsprecher. Aber völlig ungewöhnlich sind die Wirbelstürme in Deutschland nicht.

Ein Tornado in Kiel sorgt für Schrecken und Gesprächsstoff: Mehrere Menschen wurden zum Teil schwer verletzt, als sie an der Kiellinie, der Promenade, einen Ruder-Achter sichern wollten und mit dem Boot ins Wasser geschleudert wurden. Im markant rotierenden Schlauch des Sturms wurden Möwen mitgerissen, Dächer in der Nähe wurden abgedeckt. In sozialen Netzwerken wurde das Phänomen sofort mit dem Klimawandel und mit der Klimakrise in Verbindung gebracht. Das ist aber voreilig: Tornados gibt es in Deutschland immer wieder – und es gab schon deutlich stärkere.

Thomas Sävert, Experte für Wirbelstürme und Betreiber der "Tornadoliste" in Deutschland, sagt: "Es ist wenig im Bewusstsein der Menschen in Deutschland, dass schwere Tornados auch hier auftreten können und auftreten." Nach dem schweren Tornado in Tschechien vor einigen Monaten hatte er t-online berichtet, wie oft das Phänomen vorkommt. Erst Mitte August hatte ein Tornado in Ostfriesland auf zwölf Kilometern Länge Hausgiebel weggerissen, Zäune weggerissen und Fahrzeuge umgeworfen und Schäden in Millionenhöhe angerichtet. Der Tornado von Kiel am Mittwoch dürfte da schwächer gewesen sein. Es gab keine Vorwarnung, sagte Feuerwehrsprecher Markus Brandau den "Kieler Nachrichten".

Wie häufig sind Tornados?

Insgesamt werden im Jahr 30 bis 60 Tornados in Deutschland registriert, sagt der Experte. "Das ist der Schnitt, es kann auch Ausreißer geben – 2006 waren es über 120." In Europa seien Tornados nicht unbedingt ungewöhnlicher als in den USA. "Es ist ein Klischee, dass dort starke Tornados viel häufiger vorkommen, dort gibt es sie auch nicht so oft." Aber am falschen, dicht besiedelten Ort können auch vergleichsweise schwache Tornados große Schäden anrichten: "2004 hatten wir im Ruhrgebiet auch einen F2-Tornado mit 100 Millionen Euro Schaden." F2 ist die zweitschwächste Kategorie. Über Wasser hält eine Großthrombe, wie die Tornados auch heißen, meist länger durch als an Land – da ist die Bodenreibung stärker. Auch in Kiel war das zu beobachten.

Kann es in Deutschland auch sehr starke Tornados geben?

Kann es nicht nur, es gibt sie auch immer wieder, so Sävert. F3-Tornados werden in Deutschland ein bis zwei Mal im Jahr registriert. Diese Kategorie gilt bei schweren Schäden und Windgeschwindigkeiten zwischen 254 und 332 Stundenkilometern. Sävert hat ausgerechnet, dass bei einem Tornado in Brandenburg bei Bad Liebenwerda am Himmelfahrtstag 1979 Windgeschwindigkeiten von 350 Kilometer in der Stunde erreicht wurden. "Da flogen Mähdrescher durch die Luft." Das war ein F4-Tornado. Auf der Erde sind bisher Tornados bis zur Stärke F5 registriert worden.

In Brandenburg starb damals wie durch ein Wunder niemand. Im Juli 1968 legte ein F4-Tornado 35 Kilometer bis Pforzheim zurück, beschädigte auf seinem Weg in Deutschland mehr als 3.000 Gebäude.

Nehmen die Tornados zu?

Durch den Klimawandel werden mehr Extremwettereignisse erwartet. Deshalb sehen in sozialen Netzwerken manche Menschen darin ein Alarmsignal, wenn ein Tornado auftritt. Tatsächlich nehmen Extremwetterereignisse zu. Es gibt jedoch keine Anzeichen, dass das Tornadoaufkommen insgesamt zugenommen hat oder Tornados durch den Klimawandel häufiger werden, sagt Sävert.

Was es dagegen häufiger gebe: Verdachtsmeldungen, die er jährlich im dreistelligen Bereich erhalte. Durch Handykameras und soziale Netzwerke würden mehr Phänomene auffallen, oft handle es sich aber um Verwechslungen.

Womit können Tornados verwechselt werden?

Verdachtsmeldungen kommen häufig vor, weil Menschen eine Trichterwolke am Himmel sehen, wie sie auch bei Tornados auftritt. Wenn die Verwirbelung aber keinen Bodenkontakt hat, handelt es sich nicht um einen Tornado. Nach erheblichen Schäden wird manchmal auch ein Tornado vermutet, auch wenn es sich um einen sogenannten Downburst gehandelt hat.

Das sind schwere Fallböen in Gewittern, die lokal große Zerstörung anrichten können. Daneben gibt es Verwechselungen mit Verwirbelungen, die aber von Sand-, Heu- oder Wasserteufeln herrühren. Luft dreht sich schnellkreisförmig – aber durch Hitze am Boden. "Das hat mit Tornados nichts zu tun", sagt Sävert.

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Thomas Sävert
  • kn-online.de: Lebensgefahr an der Kiellinie in Kiel: Windhose reißt Menschen ins Wasser (Abo-Inhalt)
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