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Amoklauf auf Zeugen Jehovas 2009: 82-Jähriger scheitert bei Mordversuch


Hass auf Zeugen Jehovas
Ein glücklicher Zufall verhinderte 2009 ein Blutbad

  • Lars Wienand
Von Lars Wienand

Aktualisiert am 10.03.2023Lesedauer: 3 Min.
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2009 bei den Zeugen Jehovas in Bielefeld: Ein Amoklauf scheitert, weil der Täter Probleme mit der Maschinenpistole hat.Vergrößern des Bildes
2009 bei den Zeugen Jehovas in Bielefeld: Ein Amoklauf scheitert, weil der Täter Probleme mit der Maschinenpistole hat. (Quelle: dpa)

Die Zeugen Jehovas sollten schon einmal Opfer einer Amoktat werden. 2009 verhinderte wohl ein Zufall, dass es zum Blutbad kam.

Die Bluttat im Hamburger Königreichssaal der Zeugen Jehovas ruft Erinnerungen an eine andere Tat bei der Religionsgemeinschaft wach: Am 30. Juli 2009 war in Bielefeld ein 82-Jähriger mit Maschinenpistole in die Dienstversammlung der Gemeinde geplatzt – mit 39 Schuss und 81 potenziellen Opfern im Saal. Damals gab es keine Opfer.

Ein Ordner hatte den Mann mit Sturmmaske vor dem Eingang beim Hantieren mit der Waffe gesehen und "alle raus hier" geschrien, erinnerte sich im Westfalen-Blatt Matthias Tews, damals einer der Gemeindeleiter. Im Saal brach Panik aus, Menschen sprangen über Stühle. Tews stand dem Täter gegenüber, drei Meter von diesem entfernt. Der Mann habe abdrücken wollen.

Die Waffe war voll funktionsfähig, stellt sich später heraus. Doch der Mann schaffte es nicht, zu schießen. Sein Handschuh könnte zu dick gewesen sein, vermutete die Polizei später. Mehrere Gemeindemitglieder schafften es, ihn zu überwältigen. Dieser versuchte Amoklauf bei den Zeugen Jehovas war gescheitert.

Als der Mann aus Halle in Westfalen im April 2010 wegen 39-fachen versuchten Mords vor Gericht steht, wird das Motiv deutlich: 40 Jahre lang hatte er Hass aufgestaut auf die Glaubensgemeinschaft. Die hatte ihm nach seiner Ansicht die Tochter geraubt. Mit 19 Jahren hatte diese sich bei einem Auslandsaufenthalt den Zeugen Jehovas angeschlossen, entzog sich daraufhin völlig dem Willen ihres herrischen Vaters. Er verzieh ihr nie, hieß es im Prozess. Er hatte sogar gedroht, ihren Verlobten zu erschießen, als die Tochter den Mann vorstellen wollte. Auch er ist Zeuge Jehovas.

Die Tochter war nie Mitglied der Gemeinde in Bielefeld. Wieso er dort Rache nehmen wollte, blieb unklar. Aber in seinen Aufzeichnungen wurde deutlich, dass er die Tat geplant und darauf hingefiebert hatte. Es ist ein Brief an seinen Sohn, den er nie abschickte und den die Polizei fand. Sein Gesundheitszustand werde schlechter, schrieb er da, und darum bereite er sich auf den "Tag" vor, "noch in diesem Jahr". Im Kampf sei der größte Vorteil die "völlige Ahnungslosigkeit des Gegners".

Der Mann, der in der Wehrmacht in Frankreich und an der Ostfront eingesetzt war, sagte über sich: "Was man bekämpft, sollte man kennen". Er habe deshalb schon einige Jahre zuvor den Kontakt zu den Zeugen Jehovas gesucht, um sie auszuspionieren. Sein "Baby" – er meinte seine tschechische Maschinenpistole – habe er auf dem Schwarzmarkt besorgt.

Im Prozess wollte er davon nichts mehr wissen, tischte eine Erzählung auf, von der die Richterin sagte: Man könne sie "der Rubrik Roman zuordnen". Der Mann habe "die Ahnungslosigkeit der Gemeindemitglieder ausnutzen und ein Blutbad in dem Gebetssaal anrichten" wollen.

Zu elf Jahren Haft wurde der 83-Jährige verurteilt – und stirbt zwei Jahre später im Gefängnis. Der damalige Gemeindeleiter Tews fühlt sich immer wieder erinnert, wenn es Berichte über Amokläufe gibt. Dem Westfalen-Blatt sagte er: "In so einer Situation kann man gut mit den Opfern nachempfinden und weiß, was sie durchmachen müssen. Da kommen bei mir dann die Erinnerungen wieder hoch."

Am Donnerstag hat sich dann in Hamburg jene Bluttat ereignet, die in Bielefeld damals gescheitert war. Über den Täter und dessen Motiv war zunächst nichts bekannt.

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