Der Kreis der VerdĂ€chtigen wird gröĂer
Der erschĂŒtternde Fall des massenhaften Kindesmissbrauchs in LĂŒgde zieht weitere Kreise. 31 Opfer sind identifiziert. Die HaupttatverdĂ€chtigen sollen Helfer gehabt haben.
Nach dem massenhaften sexuellen Missbrauch von Kindern auf einem Campingplatz im nordrhein-westfĂ€lischen LĂŒgde hat sich der Kreis der VerdĂ€chtigen auf sechs erweitert. Drei MĂ€nner sitzen bereits als HauptverdĂ€chtige in Untersuchungshaft.
Gegen einen weiteren Beschuldigten sei ein Verfahren wegen Verdachts der Strafvereitelung eingeleitet worden, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) im Innenausschuss des Landtags. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa steht die Person in dringendem Tatverdacht, Daten manipuliert zu haben. Sie sitzt nicht in U-Haft. DarĂŒber hinaus liege derzeit gegen zwei weitere Personen ein Tatverdacht vor, sagte Reul. In diesen beiden FĂ€llen geht es offenbar um Beihilfe, nicht um MittĂ€terschaft.
31 minderjÀhrige Opfer identifiziert
Wegen des Verdachts des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern und der Verbreitung von Kinderpornografie sitzen als HauptverdĂ€chtige ein 56-JĂ€hriger aus LĂŒgde, ein 33-JĂ€hriger aus Steinheim in Nordrhein-Westfalen und ein 48-JĂ€hriger aus Stade in Niedersachsen in Untersuchungshaft. Bislang sind 31 minderjĂ€hrige Opfer identifiziert.
In einem weiteren Ermittlungsstrang wird das Verhalten der Behörden untersucht. Dabei werde gegen zwei Polizeibedienstete ermittelt, sagte Reul. AuĂerdem wird gegen verantwortliche Mitarbeiter der JugendĂ€mter der Kreise Hameln-Pyrmont und Lippe wegen Verletzung der FĂŒrsorgepflicht ermittelt, wie aus einem vertraulichen Bericht Reuls fĂŒr den Innenausschuss hervorgeht, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Um wie viele Personen es sich handelt, ist unklar.
"Meine Oma hÀtte gemerkt, dass da was nicht stimmt"
Die Staatsanwaltschaft prĂŒft, ob die beiden Beamten nach Hinweisen im Jahr 2016 Ermittlungen hĂ€tten einleiten mĂŒssen. Sie hatten nach dem bisherigen Stand zwar die JugendĂ€mter informiert, waren aber ansonsten nicht tĂ€tig geworden. Erst im November 2018 war der Fall nach neuen Hinweisen aufgeflogen.
Reul bekrĂ€ftigte im Innenausschuss seinen Vorwurf des Behördenversagens. "Meine Oma hĂ€tte gemerkt, dass da was nicht stimmt", sagte er. Mit einer Bewertung der Ermittlungen gegen die Polizeibeamten und Mitarbeiter der JugendĂ€mter hielt sich Reul aber zurĂŒck. "Beide Polizisten sind tĂ€tig geworden, aber nicht vollstĂ€ndig", sagte der Minister. Es sei aber "nicht so, dass sie nichts getan haben". Gegen beide Beamte seien Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Zugleich werde gegen sie strafrechtlich ermittelt.
Anders als Reul sieht die Generalstaatsanwaltschaft Hamm in einer ersten vorlĂ€ufigen Bewertung von Anfang Februar keine GrĂŒnde fĂŒr Ermittlungen gegen die beiden Polizeibeamten und Mitarbeiter von JugendĂ€mtern. Diese EinschĂ€tzung steht in dem vertraulichen Bericht Reuls.
Ermittlungen dauern an
Die Aufsichtsbehörde der ermittelnden Staatsanwaltschaft Detmold betont aber, dass die Ermittlungen gegen die Beamten und Amtsmitarbeiter noch nicht abgeschlossen seien. Die Staatsanwaltschaft Detmold mĂŒsse noch einen ergĂ€nzenden Bericht nach Hamm liefern. "Dieser Bericht liegt noch nicht vor", sagte ein Sprecher.
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Reul will den Kampf gegen Kinderpornografie verschĂ€rfen. In der Vergangenheit sei die Anschaffung von unterstĂŒtzender Auswertesoftware fĂŒr die Polizeibehörden vernachlĂ€ssigt worden, sagte er im Innenausschuss. In diesem Bereich werde jetzt aufgerĂŒstet. Er habe veranlasst, dass das PolizeiprĂ€sidium Bielefeld unverzĂŒglich eine solche Software bekomme. AuĂerdem habe er dem Landeskriminalamt weitere 20 Stellen zur StĂ€rkung der zentralen Auswertung von kinderpornografischem Material zugewiesen.