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Dresdens Grünes Gewölbe: Warum haben die Wachleute den Coup nicht vereitelt?


Grünes Gewölbe geplündert
Warum haben die Wachleute den Coup von Dresden nicht vereitelt?

Von dpa, dru, aj

Aktualisiert am 26.11.2019Lesedauer: 4 Min.
Nach dem Raub: Polizisten nehmen vor der Schinkelwache im Zentrum Dresdens Spuren auf.Vergrößern des BildesNach dem Raub: Polizisten nehmen vor der Schinkelwache im Zentrum Dresdens Spuren auf. (Quelle: Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa)
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Spektakulärer Diebstahl in Dresden: Einbrecher haben Juwelen von unschätzbarem Wert aus dem Grünen Gewölbe gestohlen, von den Tätern fehlt jede Spur. Die Tat wirft viele Fragen auf.

Nach dem Juwelendiebstahl aus dem Historischen Grünen Gewölbe von Dresden haben die Ermittler das Fluchtauto der mutmaßlichen Täter identifiziert. Es handelt sich um den ausgebrannten Wagen, der nach der Tat am Montag in einer Tiefgarage gefunden wurde, wie die Polizeidirektion Dresden am Dienstag mitteilte. An dem Wrack seien Spuren vom Tatort gefunden worden.

Zudem gehen die Ermittler nun eindeutig davon aus, dass der Brand eines Stromverteilerkastens in der Nähe der Augustusbrücke mit dem Einbruch in Verbindung steht. Der Verteilerkasten sei vorsätzlich in Brand gesetzt worden, woraufhin die Straßenbeleuchtung in der Umgebung des Tatorts im Residenzschloss ausfiel.

Bei einem der spektakulärsten Einbrüche der vergangenen Jahrzehnte hatten mehrere Räuber am Montag zahlreiche Kunstschätze aus der berühmten Schatzkammer Grünes Gewölbe in Dresden gestohlen. Vermutlich zwei Täter stiegen über ein Fenster in das Residenzschloss mitten in der Dresdner Altstadt ein. Auf einem von der Polizei veröffentlichten Überwachungsvideo sind zwei Einbrecher zu sehen, die mit Taschenlampen den dunklen Raum betreten und mit einer Axt auf die Vitrine einschlagen.

Die Polizei fahndete auch am Dienstag nach den flüchtigen Tätern. Noch unklar ist das Ausmaß des Verlusts. Selbst Museumsdirektor Dirk Syndram kennt das ganze Ausmaß nicht. Immerhin sei die Vitrine nicht vollständig leergeräumt worden, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "Ich habe ein Foto gesehen, das zeigt, dass nicht alles fehlt."

Museumsdirektor spricht von "Super-Gau"

Eine umfassende Bestandsaufnahme ist erst nach Ende der Spurensicherung möglich. "Sobald der Tatort freigegeben ist, werden wir die Sachen schnellstmöglich bergen und wissen, wie viel von den knapp 100 Objekten, die insgesamt in der Vitrine waren, nicht mehr da sind", sagte Syndram. Die Tat bezeichnete er als "Super-Gau".

Die Spurensuche wurde am Montagabend um 21 Uhr unterbrochen und sollte am Dienstagmorgen um 7 Uhr weitergehen, wie ein Polizeisprecher sagte. "Deswegen bewachen wir das Schloss in der Nacht." Die Suche nach DNA der Diebe sei nicht einfach in einem Museum, in dem ständig Betrieb ist.

Die Täter hatten nach Polizeiangaben im Juwelenzimmer zielsicher die Vitrine mit Brillant- und Diamantschmuck geplündert. "In Gänze dauerte die Tat nur wenige Minuten", hieß es am Montagabend im Polizeibericht. Die Täter seien im Pretiosensaal eingestiegen und durch das Wappenzimmer zum Tatort gegangen. "Sie müssen sich ausgekannt haben", sagte Museumsdirektor Dirk Syndram.

Syndram: Kann man nicht einfach zu Geld machen

Die Brillant- und Diamantgarnituren in dem Schatzkammermuseum, das Sachsens Kurfürst August der Starke (1670-1733) eingerichtet hatte, sind für das Museum unersetzlich und für die Diebe unverkäuflich, wie Syndram erklärte. "Das sind alles Schliffe des 18. Jahrhunderts, man kann solche Steine nicht einfach zu Geld machen." Die Historizität und der Erhalt der Schmuckstücke machten deren Wert aus, herausgebrochene Diamanten entwerteten sie. "Es wäre eine Dummheit, das zu machen."

Anhand von Polizeifotos konnte Syndram sehen, dass prominente Stücke der Brillant- und Diamantrosengarnitur sowie vom Brillantschmuck der Königinnen fehlen: ein Kleinod und ein Bruststern des polnischen Weißen Adler-Ordens, die Große Brustschleife, eine Kette aus sächsischen Perlen, eine Epaulette (Schulterstück) und ein mit über 770 Diamanten besetzter Degen.


SKD-Generaldirektorin Marion Ackermann sprach von einem "Staatsschatz". Die Schadenshöhe blieb zunächst unklar. Für die Schäden haftet der Freistaat, eine eigene Versicherung gibt es nicht. Am Abend wurde bekannt, dass nicht alle Teile der betroffenen Garnituren entwendet wurden. Nachdem der Tatort nochmal untersucht worden sei, sei klar, "dass zum Glück doch eine ganze Menge Objekte noch da sind", sagte Ackermann im rbb-Interview von radioeins.

Zum Wert des Diebesguts ließ sich Generaldirektorin Ackermann am Nachmittag nicht ein. Das mit dem Wert sei so eine Sache, sagte sie. Sie könne das nicht "in einem Wert" auflösen. Die besondere Bedeutung liege weniger im Materialwert als in der Vollständigkeit des Ensembles. Sie hofften, dass das Diebesgut aufgrund der "internationalen Bekanntheit" dem Kunstmarkt entzogen sei. Andererseits zeigte sie sich besorgt, die Garnituren könnten zerstört und deren Steine einzeln veräußert werden.

Das Residenzschloss soll laut den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden nach dem regulären Schließtag am Dienstag mittwochs wieder für Besucher öffnen. Das Historische Grüne Gewölbe bleibt indes auf unbestimmte Zeit geschlossen.

Neben der Spurensuche am Tatort muss geklärt werden, wie ein solcher Coup gelingen konnte - trotz der Sicherheitsmaßnahmen. Der Präsident des Deutschen Museumsbundes, Eckart Köhne, wies darauf hin, dass Museen in Deutschland im Zwiespalt zwischen Sicherung der Objekte und Zugang für die Öffentlichkeit steckten.

"Museen sind öffentliche Institutionen, wir wollen öffentliche Häuser sein, die natürlich Besucherinnen und Besucher ansprechen möchten", sagte er der dpa in Berlin. "Wir sind eben kein Banksafe. Und das bringt ein gewisses Risiko mit sich."

Zudem gibt es laut Köhne "eine spezielle Art von Kriminalität mittlerweile, die einem wirklich Sorgen macht." Es sei üblich, das Sicherungspersonal nicht selbst eingreift. "Die Täter gehen manchmal auch mit großer Brutalität vor." Das Gewaltpotenzial sei sehr hoch, "und die Wachleute sind ja keine ausgebildeten Einzelkämpfer. (...) Da sind ja keine Trickdiebe unterwegs, sondern da wird mit roher Gewalt vorgegangen."

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Der Raub der Juwelen erinnerte viele Dresdner an einen ähnlichen Coup im Jahr 1977. Damals wurde der Sophienschatz aus dem Dresdner Stadtmuseum gestohlen. Er war nur mangelhaft gesichert. Teile davon sind bis heute verschollen.


Sachsens Kurfürst August der Starke (1670–1733) ließ die Schatzkammer zwischen 1723 und 1730 anlegen. Heute wird sie in zwei Abteilungen präsentiert. Der historische Teil befindet sich im Erdgeschoss des Residenzschlosses in den authentisch wiederhergestellten Räume der Sammlung. Eine Etage weiter oben zeigt das Neue Grüne Gewölbe besondere Einzelstücke.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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