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Stefan Raab gegen Regina Halmich: Was wirklich entscheidend ist


Tagesanbruch
Der Kampf des Jahres hat eigene Regeln

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 04.04.2024Lesedauer: 5 Min.
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Fernsehkönig Stefan Raab plant ein spektakuläres Comeback.Vergrößern des Bildes
Fernsehkönig Stefan Raab plant ein spektakuläres Comeback. (Quelle: Matthias Balk/dpa)

Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

es ist ja nicht so, dass es keine fesselnden Themen gäbe. Abgesehen vom ununterbrochenen Krisengewitter produziert auch der tägliche Unterhaltungszirkus jede Menge Schlagzeilen. Dessen Protagonisten blinken heller als jeder Stern. Der 91-jährige Richard Lugner, in einschlägigen Publikationen auch als "Baulöwe" oder "Mörtel" tituliert, ist wieder mit seinem 49 Jahre jüngeren "Bienchen" liiert, lesen wir gerührt. Die 41-jährige Stefanie Hausen wiederum, weltbekannt aus dem Straßenfeger "Bauer sucht Frau", liebt ebenfalls einen Jüngeren und teilt ihr Glück in sämtlichen verfügbaren Kanälen mit allen Interessierten (und außerdem auch mit uns). Bei den Royals ist dito immer was los, wenngleich uns aus dem Palast zuletzt eher betrübliche Nachrichten erreichten. Aber als eingefleischte Nachrichtenjunkies wissen wir ja: In der Aufmerksamkeitsökonomie sind auch Bad News total mega aufregend.

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In diesem Sinne war eine der badesten News der vergangenen Jahre das Abtauchen des Entertainers Stefan Raab. Nachdem er mit Fernsehspektakeln wie der "Wok-WM" und "Schlag den Raab" jeden erdenklichen Einschaltquotenrekord geknackt hatte, verschwand er vor achteinhalb Jahren spurlos von den Bildschirmen. Ein herber Verlust für die dauererregte Fernsehbranche und für Abermillionen Dauerglotzer in deutschen Wohnzimmern. Ersatzgestalten wie die Konzeptkünstler Joko und Klaas und die Dauerkreischnudel Heidi Klum mühten sich redlich, konnten aber nie die Lücke füllen, die der Unterhaltungskönig mit seinem Abgang gerissen hatte. Zu viel Eitelkeit, zu wenig Spontaneität. Auch deshalb torkeln die Programme des größten Privatsenders RTL und seines Kontrahenten ProSieben der Bedeutungslosigkeit entgegen, sinken Quoten und Werbegelder.

Doch jetzt keimt Hoffnung auf dem abgegrasten Acker des TV-Trashs. Stefan Raab hat sein Comeback angekündigt – und er macht dabei wie früher keine halben Sachen: Am 14. September – geschickt zwischen dem Olympia-Rummel und dem absehbaren Ostwahlen-Frust platziert, steigt er gegen Regina Halmich in den Ring. Schon dass er sich das mit seinen 57 Lenzen zutraut, ist eine Eilmeldung wert. Schon zweimal stand er der ehemaligen Boxweltmeisterin behandschuht gegenüber. Zu sagen, dass er diese Kämpfe in den Jahren 2001 und 2007 verloren hätte, wäre eine Untertreibung. Vielmehr wurde er nach Strich und Faden vermöbelt. Beim ersten Kampf zermalmte Frau Halmich seine Nase. Beim zweiten nahm sie sich den Rest seines Gesichts vor, das hinterher einer überreifen Tomate glich. Raab lachte trotzdem. Weil wahre Unterhaltungskönige immer lachen. Sieben Millionen Menschen vor den Empfangsgeräten schauten gebannt zu. So müssen sich die Gladiatorenkämpfe im alten Rom angefühlt haben.

Ähnlich groß dürfte das Interesse nun wieder ausfallen. Es lockt nichts Geringeres als das größte Showspektakel des Jahres. Fußball-EM? Killefitz. Olympia? Pfff. Wenn der König in den Ring steigt, verblassen alle anderen Events, von denen sich krisengeplagte Zeitgenossen berieseln lassen. Zumal Frau Halmich den Mund erfrischend voll nimmt: "Ich habe Bock auf den Kampf! Es wird knallen!"

Ich habe die 47-Jährige vor einigen Wochen kennenlernen dürfen. Was soll ich sagen: Selten bin ich so einem mitreißenden Menschen begegnet. Die pure Energie. Wenn sie redet, schweigen alle anderen. Wenn sie gestikuliert, geht man vorsichtshalber in Deckung. Nachts im Dunkeln möchte man ihr lieber nicht begegnen. Wenn sie sich den Raab vornimmt, davon dürfen wir ausgehen, wird sie ihn auch ein drittes Mal gepflegt verdreschen. Und der König wird hinterher trotzdem lachen, weil er erstens ein guter Verlierer ist und zweitens weiß: Entscheidend ist nicht der Triumph, sondern die Show.

Ich finde, das ist ein tolles Motto, das sich auch andere Protagonisten des täglichen Schlagzeilenrummels zu Herzen nehmen sollten. Das würde manches vertrackte Problem im Handumdrehen lösen. Christian Lindner könnte zum Beispiel Robert Habeck zu einem Ringkampf unter Männern auffordern: zwölf Runden live im ZDF, und der Sieger darf entscheiden, wie es mit dem Bundeshaushalt weitergeht. Auch Alice Weidel und Marie-Agnes Strack-Zimmermann gäben im Ring bestimmt eine gute Figur ab. Nicht zu vergessen Toni Hofreiter und Rolf Mützenich, die auch noch ein Hühnchen miteinander zu rupfen haben. Auf den Fight Donald Trump gegen Joe Biden hingegen verzichten wir lieber, das wäre wohl ein kurzes Kämpfchen. Viel lieber würden wir sehen, wie der muskelgestählte Obereuropäer Emmanuel Macron den dumpfbackigen Donald auf die Bretter schickt.

Sie sehen: Spannende Duelle gäbe es zur Genüge. Man muss sich nur trauen. Und den ganzen Zirkus im Übrigen nicht so ernst nehmen. Mit Humor, und sei es deftiger, lassen sich die täglichen Krisenschlagzeilen nämlich leichter ertragen. Ebenso übrigens wie ein etwas überdrehter Morgen-Newsletter.


Was steht an?

Stand jetzt ist die Bundeswehr nicht in der Lage, Deutschland im Kriegsfall zu verteidigen. Verteidigungsminister Boris Pistorius will das schleunigst ändern. Heute stellt der SPD-Politiker die neue Kommandostruktur vor. Wie zu hören ist, will er die vier Teilstreitkräfte Heer, Luftwaffe, Marine sowie Cyber- und Informationsraum einem gemeinsamen Operativen Führungskommando unterstellen. In der notorisch reformunfähigen Truppe käme dieser Schritt einer Revolution gleich. Dementsprechend ist mit massivem Widerstand zu rechnen. Und Uniformträger wissen ebenso wie Beamte: Die effektivste Form des Widerstands ist das Aussitzen.


In Brüssel feiert die Nato ihr 75-jähriges Bestehen. Bei der Zeremonie im Hauptquartier werden Generalsekretär Jens Stoltenberg und die Außenminister der nun 32 Mitgliedstaaten den Zusammenhalt beschwören. Hinwegtäuschen können sie über das existenzielle Problem des Militärbündnisses aber nicht: Ziehen die Amis im Fall eines Trump-Wahlsieges der Allianz den Stecker, war's das mit der Abschreckung.


Eine größere Gefahr als in Russland sehen viele US-Politiker in China. Umso brisanter ist der Besuch von US-Finanzministerin Janet Yellen im Reich der Mitte. In der südchinesischen Metropole Guangzhou und in der Hauptstadt Peking trifft sie Xi Jinpings Apparatschiks, Wirtschaftsexperten und Vertreter von US-Unternehmen. Falls es ihr gelingt, den eskalierenden Streit um Auto-Zölle und Mikrochips ein wenig zu entschärfen, wäre schon viel gewonnen.


Fünf Menschen wurden beim Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Straßburg 2018 getötet, elf weitere verletzt. Polizisten erschossen den Angreifer zwei Tage später. Die Terrormiliz "Islamischer Staat" bekannte sich zu der Tat. Seit Ende Februar müssen sich vier mutmaßliche Helfer des Täters vor Gericht verantworten; heute wollen die Richter ihr Urteil sprechen.

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Ureinwohner aus Neuseeland und Polynesien haben einen bemerkenswerten Schritt durchgesetzt: Künftig werden Wale als juristische Personen anerkannt. Eine entsprechende Erklärung hat die Verwaltung der Cook-Inseln unterzeichnet. So wollen sie die Meeresriesen besser schützen.


Ohrenschmaus

Die größte Band aller Zeiten? Natürlich die Beatles. Heute vor 60 Jahres stellten sie einen ewigen Rekord auf: Fünf ihrer Songs belegten die ersten fünf Plätze der amerikanischen Hitparade: "Can't Buy Me Love", "Twist And Shout", "She Loves You", "I Want To Hold Your Hand" und "Please Please Me". Einer besser als der andere.


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Die russische Armee rückt in der Ukraine langsam vor, verzeichnet aber hohe Verluste. Was das für den weiteren Kriegsverlauf bedeutet, erläutert Ihnen mein Kollege Patrick Diekmann.


Immer mehr Jugendliche benutzen gefährliche Anti-Aging-Cremes. Der Wahn muss ein Ende haben, meint unsere Kolumnistin Nicole Diekmann.


Zum Schluss

Die Bauern haben keinen Bock mehr auf Kämpfchen.

Ich wünsche Ihnen einen kraftvollen Tag.

Herzliche Grüße

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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