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Alice Weidel im ARD-Sommerinterview: Alles falsch gemacht


Tagesanbruch
Alles falsch gemacht

  • Annika Leister
MeinungVon Annika Leister

Aktualisiert am 21.07.2025 - 07:56 UhrLesedauer: 4 Min.
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Verständigungsprobleme: AfD-Chefin Alice Weidel, ARD-Journalist Markus Preiß. (Quelle: IMAGO/dts Nachrichtenagentur/imago)
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Es hätte ein spannendes Gespräch werden können: Am Sonntag war Alice Weidel zum ARD-Sommerinterview geladen. Ihre Aussagen sind derzeit stärker von Interesse als die anderer Parteivorsitzender – denn Weidels AfD sendet gerade Signale, die von Beobachtern sehr unterschiedlich gedeutet werden. Und die Parteichefin befindet sich, wie für sie in solchen Phasen nicht unüblich, auf Tauchstation.

Wie eine schillernde Hydra, das vielköpfige Wesen aus der griechischen Mythologie, erscheint die AfD deswegen: Jedem zeigt sie ein anderes Gesicht – abhängig davon, aus welcher politischen Richtung und mit wie viel Wohlwollen er auf sie schaut. Es hätte Aufgabe der ARD sein können, ein paar Nebenköpfe abzuschlagen und den unsterblichen Hauptkopf der Partei herauszuarbeiten.

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Doch dazu gab es keine Gelegenheit. Denn die ARD scheiterte schon am Setting. Wie bei dem Format üblich, nahm Weidel unter freiem Himmel auf rotem Sessel Platz, Spree und Reichstag direkt im Hintergrund. Vom anderen Flussufer aber spielten Gegendemonstranten mit "FCK AFD"-Transparent lautstarke Chormusik ab – die TV-Zuschauer verstanden deswegen wenig, Weidel und der Interviewer verstanden einander noch weniger.

Szenen wie in einem Loriot-Sketch beförderte das: Warum die AfD – wie aus einem gerade publik gewordenen Papier der Fraktion hervorgeht – das Land weiter polarisieren wolle, wurde Weidel gefragt. Doch das polarisierte Land schrie zu laut vom anderen Ufer. Weidel verwies auf ein Echo im Ohrstecker, auf den Krach im Hintergrund. "Jetzt geht gar nichts mehr."

Die Gegendemonstranten klopften sich nach dem Auftritt in den sozialen Medien fleißig auf die Schultern und feierten eine gelungene Störaktion im Namen der Demokratie. Ein gewaltiger Irrtum. Denn das Gegenteil ist richtig.

Video | Dieses Interview versinkt im Chaos
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Quelle: reuters

Erstens nämlich wurde vor allem kritischer Journalismus unterbunden, was nie ein Grund zu feiern ist. Unter ging dank der Krakeeler zum Beispiel, dass Weidel ihre Partei keinesfalls auf einem Pfad der "Mäßigung" sieht, den ihr manch Journalist zurzeit zuschreibt. "Ich sehe nicht die geringste Veranlassung, dass wir uns mäßigen. Warum?", fragte Weidel da. Eine für manchen Wähler sicherlich wichtige Information. Weidel hätte aber auch "Abrakadabra" oder "Heil Hitler" sagen können – es kam nicht mehr darauf an.

Zweitens zehrt und profitiert die AfD von solch rabiaten Aktionen. Es verblüfft, dass man das im antifaschistischen Lager noch nicht begriffen hat. Denn ganz ähnlich läuft es ja, wenn die AfD Bundesparteitage im Westen abhält. In Essen protestierten 2024 Zehntausende gegen die AfD. Die Demonstrationen sind selbstverständlich legitim, die Methoden, die manche dabei anwenden, aber sind es nicht: Parteifunktionäre wurden auf dem Weg in die Halle festgesetzt, Polizisten verletzt und auch Journalisten eingekesselt und bedrängt. In der Halle inszenierten sich die AfD-Funktionäre derweil als die wahren Demokraten.

Das Muster wiederholte sich auch am Sonntag: Dutzendfach teilten Weidel, ihre Parteikollegen und rechte Medien sofort im Anschluss die lautesten Szenen aus dem Interview – und verdammten den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, angeblich bezahlte Demonstranten sowie den "gezielten Versuch, demokratische Stimmen zu unterdrücken". Weidels Post allein wurde binnen zwei Stunden 6.000 Mal geliked, auf der Plattform X trendete das Gespräch gleich mit mehreren Suchbegriffen.

Herzlichen Glückwunsch, kann man den Störern da nur ausrichten. Alles falsch gemacht. Genau das ist die Polarisierung, von der die AfD profitiert. Auch bei der ARD zieht man daraus hoffentlich Konsequenzen und setzt beim nächsten Mal auf Inhalt statt malerische Kulisse.


Ohrenschmaus

Sie waren Vorreiter der Riot-Grrl-Bewegung: Die rein weibliche Band "The Runaways", passend zum Sommerinterview mit ihrem Song "Queens of Noise".


Was steht an?

Minister an der Grenze: Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) trifft sich mit seinem polnischen Kollegen Tomasz Siemoniak an der Grenze Polens zu Belarus. Dobrindt will sich ein Bild von den Schutzmaßnahmen an der EU-Außengrenze machen.


Norwegen zu Besuch in Berlin: Kanzler Friedrich Merz (CDU) empfängt den Ministerpräsidenten des Königreichs Norwegen, Jonas Gahr Støre, mit militärischen Ehren. Um 18.45 Uhr wollen beide gemeinsam vor die Presse treten.


Ehrendoktor für Seehofer: Bayerns ehemaliger Ministerpräsident und früherer Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) wird von der Medizinischen Fakultät der Universität Augsburg für sein Engagement für den Aufbau der Universitätsmedizin ausgezeichnet.


Wann dürfen AfD- und JA-Mitgliedern Waffen entzogen werden? In Ansbach starten ab 11 Uhr zwei Prozesse um den Widerruf einer Waffenbesitzkarte und eines kleinen Waffenscheins bei zwei Mitgliedern der inzwischen aufgelösten Jugendorganisation der AfD "Junge Alternative" (JA). Grundsätzlich geklärt werden soll die Frage, ob der Widerruf wegen Unzuverlässigkeit auch dann rechtmäßig ist, wenn zum Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht feststand, dass die JA verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt.


Das historische Bild

1972 verübte die IRA einen ihrer brutalsten Anschläge. Mehr erfahren Sie hier.


Lesetipps

Schlechte Nachrichten aus der deutschen Wirtschaft gibt es zuhauf. Das hat seinen Grund, wie Wirtschaftsjournalist Wolfgang Münchau im Interview mit Marc von Lüpke erklärt: Deutschlands Modell funktioniere schlicht nicht mehr.


Künstliche Intelligenz erlebt gerade eine Hochzeit. Ihre volle Entfaltung könnte die Technologie jedoch in der Medizin zeigen – und dabei mehr als hilfreich sein, sagt Expertin Ulrike Attenberger im Interview mit Christiane Braunsdorf.

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Nordkorea will mit einem neuen Mega-Resort Touristen anziehen. Russland rührt dafür die Werbetrommel. Doch die Realität hinkt den Träumen von Diktator Kim Jong Un hinterher, berichtet Ellen Ivits hier.


Zum Schluss

Zeit für Urlaub, Zeit für Wahrheiten:

Ich wünsche Ihnen einen störungsfreien Start in die Woche. Morgen schreibt Florian Harms wieder für Sie.

Herzlichst

Ihre Annika Leister
Politische Reporterin im Hauptstadtbüro von t-online
X: @AnnLei1

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Mit Material von dpa.

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