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Trump setzt Europa unter Druck: So zockt er mit Ukraine-Hilfen und Zöllen


Tagesanbruch
Er zockt Europa ab

MeinungVon Mauritius Kloft

Aktualisiert am 15.07.2025 - 07:46 UhrLesedauer: 6 Min.
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Donald Trump (Archivbild): Der US-Präsident vollzieht eine Kehrtwende in der Ukraine-Politik. (Quelle: BONNIE CASH/dpa)
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Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

es sind deutliche Worte Richtung Moskau, die der US-Präsident da plötzlich anschlägt. Er sei "enttäuscht von Präsident Putin", sagte Donald Trump am Montag bei einem Treffen mit Nato-Generalsekretär Mark Rutte im Weißen Haus. Und stellt Kremlchef Wladimir Putin jetzt ein Ultimatum.

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Die USA würden sogenannte Sekundärzölle erheben, wenn es in 50 Tagen keine Vereinbarung zur Waffenruhe im Ukraine-Krieg gebe, kündigte der Präsident der Vereinigten Staaten vollmundig an. Die Folge wären Strafzölle in Höhe von 100 Prozent für Russlands Verbündete – auch China und Indien.

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Das ist zunächst eine gute Nachricht, Europa atmet erleichtert auf. Denn neben den Zoll-Drohungen hat Trump ebenfalls angekündigt, mehrere Patriot-Flugabwehrsysteme an Kiew zu liefern. "Wir werden ihnen Patriots schicken, die sie dringend brauchen", sagte Trump.

Doch Europa sollte nicht den Fehler begehen, allzu optimistisch zu sein. Denn auch wenn der US-Präsident mehr Engagement für die Ukraine zeigt – was übrigens auch lange gedauert hat –, gilt für die EU eines: Sie muss aufpassen, sich nicht über den Tisch ziehen zu lassen. Das gilt nicht nur für Trumps vermeintliche Ukraine-Wende, sondern auch beim Zollhammer.

Zumal beides eng miteinander verwoben ist: Trump setzt Europa wirtschaftlich unter Druck – in einem Moment, in dem es militärisch und sicherheitspolitisch nicht anders kann als zu kooperieren.

Abgesehen davon weiß man bei Trump nicht, ob er seine Ankündigung tatsächlich umsetzt. Unser Washington-Korrespondent Bastian Brauns kommentiert treffend: "Die 50-Tage-Frist bleibt ein doppelter Boden. Sie ist Trumps Rückversicherung gegen zu viel Eskalation."

Die USA sind längst nicht mehr der verlässliche Partner, der sie einst waren. Jahrzehntelang galt das transatlantische Verhältnis als Grundpfeiler europäischer Sicherheitspolitik. In der Nachkriegsordnung, während des Kalten Krieges und nach dem Fall der Mauer, standen die USA als Schutzmacht hinter Europa. Die Nato war eine politische Sicherheitsgarantie. Europa lieferte Loyalität – und erhielt im Gegenzug Schutz von den Vereinigten Staaten.

Doch diese Ära ist vorbei. Spätestens mit Trumps Rückkehr ins Weiße Haus wird deutlich: Die USA denken unter ihm zuerst an sich selbst: "America First". Und Europa? Wird zum müden Kunden degradiert.

Die Logik dahinter ist so einfach wie perfide: Donald Trump weiß, dass Europa ohne amerikanische Waffen keine Chance hätte, die Ukraine weiterhin effektiv zu unterstützen. Deutschland und andere europäische Staaten kaufen die Systeme, um sie anschließend an Kiew weiterzugeben. Die Bundesregierung zeigte sich schon bereit, zwei Patriots zu finanzieren. "Wir werden nichts dafür zahlen", es werde ein Geschäft für die USA sein, verkündete Trump stolz.

Was allen Beteiligten dabei klar sein muss: Die Ukraine ist Donald Trump weiterhin ziemlich egal. Er handelt aus purem Eigennutz. Trump will einen Frieden aus Prestigegründen. Und gleichzeitig den besten Deal für die USA schmieden. Der US-Präsident hat mittlerweile begriffen, dass dies nur funktioniert, wenn er Putin und seine Partner wirtschaftlich und militärisch massiv unter Druck setzt. Auch deshalb hat Trump in den vergangenen Wochen eine Kehrtwende in seiner Russland- beziehungsweise Ukraine-Politik vollzogen.

Erst vergangenen Donnerstag sagte Trump, Putin rede viel "Bullshit". Und am Sonntag legte er nach: "Putin hat viele Leute wirklich überrascht. Er redet nett und dann bombardiert er abends jeden." Sollte der Kremlchef sich innerhalb der Trump'schen Frist nicht gesprächsbereit zeigen, sollen massive Sekundärzolle greifen.

Diese sind Teil eines Gesetzespakets, das der US-Senat bereits seit Wochen vorbereitet. Hier ganz vorne: Der Republikaner Lindsey Graham, der als entschiedener Unterstützer der Ukraine gilt. Graham war es auch, der am Sonntag in einem Interview mit dem US-Sender CBS einen "Wendepunkt" in der amerikanischen Russlandpolitik andeutete. Dieser ist nun wohl gekommen.

Doch gleichzeitig schürt Trump neue Ängste: Mitten in den Waffenverhandlungen kündigt er Zölle auf europäische Produkte an – 30 Prozent auf wichtige Exportgüter. Die neuen Abgaben sollen vom 1. August an gelten, was noch etwas Zeit für Verhandlungen lässt.

Die EU hatte nach Trumps Zolldrohung bereits angekündigte Gegenmaßnahmen auf Anfang August verschoben, um den Handelskonflikt nicht weiter zu verschärfen. Dabei geht es um Gegenzölle der EU als Antwort auf US-Zölle auf Stahl und Aluminium. Die EU will dafür Zölle auf amerikanische Produkte im Wert von 21 Milliarden Euro erheben. Ein zweites Maßnahmenpaket würde im Fall der Fälle dann auf US-Exporte im Wert von 72 Milliarden Euro angewendet werden. Ob es dazu kommt, ist offen.

Klar ist jedoch: Für viele Unternehmen, die in die USA exportieren, wäre ein solcher Aufschlag, wie Trump ihn ankündigte, existenzgefährdend. Exporte in die USA wären dann unrentabel, Zehntausende Arbeitsplätze bedroht.

Das Problem dabei ist weniger Trump selbst – er handelt, wie er immer gehandelt hat: als Dealmaker. Auch Jürgen Matthes vom Institut der deutschen Wirtschaft sagte meinem Kollegen Jakob Hartung: "Trump verhandelt wie ein Immobilienmogul. Er erhöht jetzt den Einsatz und versucht, auf den letzten Drücker das Beste herauszuholen."

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Das eigentliche Problem ist Europas eigene Schwäche. Die Wahrheit ist unbequem: Trump nutzt die Ängste Europas. Weil er nicht mehr das denkt, was frühere US-Präsidenten dachten: dass ein stabiles, starkes Europa auch im amerikanischen Interesse liegt.

Die Angst, die Ukraine fallen zu lassen. Die Angst, wirtschaftlich beschädigt zu werden. Diese Ängste macht er zur Währung seiner Außenpolitik. Und solange die EU ihre Rolle als Juniorpartner akzeptiert, wird sich daran nichts ändern.

Warum das funktioniert? Weil Europa abhängig ist. Von amerikanischer Technik, von amerikanischem Schutz, von amerikanischem Wohlwollen. Dabei wäre es Zeit, Nein zu sagen. Europa müsste sich aus der Angstspirale lösen. Nicht jeder Deal mit Washington ist ein Erfolg. Nicht jede Waffenlieferung rechtfertigt wirtschaftliche Selbstaufgabe.

Auch Nato-Generalsekretär Mark Rutte sollte das verstehen. "Am Ende seid ihr der Weltpolizist", sagte Rutte am Montag zu Trump. Doch damit liegt er falsch.

Europas Sicherheit, und auch die Sicherheit der Ukraine, verdient eine klare Strategie – und keine Rabattschlacht. Das bedeutet vor allem: selbstbewusst sein, eine breite Brust zeigen und Trump klare Grenzen setzen, statt Zugeständnisse aus Angst vor Eskalation zu machen.

Sicherlich: In der derzeitigen Situation mögen diese Worte wohlfeil klingen. Aktuell geht es ausschließlich darum, der Ukraine beizustehen. Aber künftig sollten wir uns aus der Abhängigkeit lösen: Weitere Konflikte, etwa mit China, stehen erst bevor.

Zumal das alles keineswegs von jetzt auf gleich geht. Es ist schmerzhaft. Doch es ist entscheidend, dass diese Strategie angestoßen wird. Denn am Ende gilt: Wer seine Sicherheit und seine Wirtschaft gleichzeitig verkauft, der wird irgendwann beides verlieren.


Was steht heute an?

Warum musste er fallen? Freunde des Robin-Hood-Klassikers "König der Diebe" mit Kevin Costner, Morgan Freeman, Mary Elizabeth Mastrantonio und dem legendären Alan Rickman in den Hauptrollen werden den ikonischen Bergahorn neben dem britischen Hadrianswall kennen. Im September 2023 fällten zwei Männer den Baum. Doch warum der Akt des Vandalismus? Unklar. Im Mai wurden sie schuldig gesprochen, am Dienstag wird das Strafmaß verkündet.


Drohnenurteil aus Karlsruhe: Das Verfassungsgericht entscheidet über eine Beschwerde gegen die Nutzung der US Air Base Ramstein für Drohneneinsätze der amerikanischen Streitkräfte im Ausland. Die Beschwerdeführer sind zwei Jemeniten, deren Verwandte 2012 bei einem US-Drohneneinsatz in ihrem Heimatort getötet wurden. Im Fokus steht die Frage: Gilt die grundrechtliche Schutzpflicht Deutschlands auch für Ausländer im Ausland, wenn Einsätze von deutschem Boden aus unterstützt werden?


Ausreichend Schutz vor Judenhass? Der jüdische Student Lahav Shapira, Bruder des Satirikers Shahak Shapira, verklagt die Freie Universität Berlin. Am Dienstag startet die Verhandlung: Shapira wirft der Hochschule vor, sie unternehme nicht genug gegen antisemitische Diskriminierung. Shapira war im Februar 2024 von einem Kommilitonen in Berlin-Mitte angegriffen und verletzt worden. Das Amtsgericht Tiergarten geht von einer antisemitischen Tat aus, es verurteilte den Mann im April zu einer Haftstrafe von drei Jahren. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.


Schöne Fotos: CSU-Ministerpräsident Markus Söder hat seinen Unionskollegen Friedrich Merz eingeladen, und zwar nicht irgendwohin: Auf der 2.962 Meter hohen Zugspitze empfängt das bayrische Kabinett den Bundeskanzler. Da wird es sicherlich auch einen netten Instagram-Beitrag des Nürnberger Politfluencers geben – samt Hashtag "#Söderisst".


Historisches Bild

Eine gigantische Mine in Südamerika erlangte einst traurige Berühmtheit. Mehr lesen Sie hier.


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Komplizierte Vorgaben, unklare Zuständigkeiten – und wenig Digitalisierung: Deutschland ist bekannt für seine ausgeprägte Bürokratie. Nun gibt es konkrete Ideen, die das Land grundlegend verändern könnten. Meine Kollegin Julia Naue berichtet über die "Initiative für einen handlungsfähigen Staat".


Die Koalition spekulierte auf eine Mehrheit bei der Richterwahl, die sie allein nicht beschaffen konnte. Unser Kolumnist Gerhard Spörl fragt sich daher: Auf wen baute eigentlich Jens Spahn?


Die russischen Drohnenangriffe auf die Ukraine befinden sich seit Beginn der Vollinvasion im Februar 2022 auf einem Allzeithoch. Zum Einsatz kommen dabei die für ihr lautes Brummen berüchtigten Shahed-Drohnen. Die Ukraine stellt dies vor immense Herausforderungen, schreibt mein Kollege Finn Michalski.


Zum Schluss

Mario Lars bringt das Dilemma der EU ganz gut auf den Punkt ...

Morgen schreibt mein Kollege David Schafbuch für Sie. Ich wünsche Ihnen einen aufrichtigen Dienstag.

Ihr Mauritius Kloft
Ressortleiter Politik und Wirtschaft
X: @Inselkloft

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Mit Material von dpa.

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