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Russische Propaganda hetzt immer stärker gegen Juden: "Riecht Blut mit seiner Nase"


"Riecht Blut mit seiner Nase"
Wie die russische Propaganda sich selbst entlarvt

Von t-online, mk

Aktualisiert am 29.09.2022Lesedauer: 3 Min.
Wladimir Solowjow ist einer der bekanntesten Propagandisten Russlands: Auch er bediente sich schon antisemitischer Hetze in seiner TV-Sendung.Vergrößern des BildesWladimir Solowjow ist einer der bekanntesten Propagandisten Russlands: Auch er bediente sich schon antisemitischer Hetze in seiner TV-Sendung. (Quelle: Screenshot/Twitter@visegrad24)
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Seit dem Überfall auf die Ukraine haben Tausende Juden Russland den Rücken gekehrt. Und die Furcht vor dem Staat wächst.

Für die jüdische Gemeinschaft in Russland war Wladimir Putin lange ein Hoffnungsträger. Nicht nur rhetorisch unterschied sich der Kremlchef deutlich von vielen seiner Vorgänger, auch die Verfolgung antisemitischer Straftaten bekam unter seiner Ägide eine neue Priorität. Doch je mehr sich der Krieg gegen die Ukraine zum Debakel für Russland entwickelt, desto häufiger greift die Propaganda auf antisemitische Stereotype zurück.

Jüngstes Beispiel ist der Ukraine-Besuch des französischen Autors Bernard-Henri Lévy vorige Woche. In Charkiw forderte der jüdische Philosoph zum wiederholten Male mehr Waffenlieferungen für das angegriffene Land. Russische Medien zitierten daraufhin die Hetzschrift eines konservativen Thinktanks, die so auch im "Stürmer" hätte erscheinen können, dem Hetzblatt der Nazis: "Dieser 74-jährige Franzose aus einer Familie algerischer Juden riecht Blut mit seiner Nase und fliegt ohne Verzögerung herbei, um es aufzulecken – und das nur für Geld", zitiert die "Jerusalem Post" aus dem Text.

Propaganda spricht Juden Loyalität zum Staat ab

Aufgeschreckt habe viele jüdische Russen auch ein Text in der staatsnahen Zeitung "Moskovskij Komsomolets" vom 18. September, schreibt die israelische Zeitung. In dem Text listet der Autor eine Reihe prominenter Juden auf, die er als "ausländische Agenten" bezeichnet – ein Ausdruck, mit dem die russische Propaganda häufig vermeintliche Staatsfeinde diffamiert. In sarkastischem Ton fügt der Autor an, dass "die Juden eines Tages die Regierung im schönen Russland der Zukunft" bilden würden – im russischen Kontext ein bekanntes Versatzstück antisemitischer Rhetorik, das Juden die Loyalität zum Staat abspricht.

Laut Roman Bronfman nimmt die antisemitische Rhetorik in der russischen Propaganda seit etwa zwei Monaten zu – einhergehend mit aus russischer Sicht immer düstereren Nachrichten vom Krieg gegen die Ukraine. Besonders irritierend ist die antisemitische Hetze innerhalb Russlands vor dem Hintergrund, dass der völkerrechtswidrige Überfall durch den Kreml mit einer "Entnazifizierung" des Nachbarlandes begründet wird. Der autoritär regierende Wladimir Putin rechtfertigt seinen imperialistischen Angriffskrieg auf die Ukraine immer wieder mit der Behauptung, in Kiew sei ein "Nazi-Regime" an der Macht, das es zu beseitigen gelte.

Der frühere israelische Abgeordnete Bronfman arbeitet zurzeit an einem Buch über die jüdische Gemeinschaft in Russland nach dem Ende der Sowjetunion. Er sagt: "In dem Moment, als die Stabilität des Regimes in Gefahr geriet, suchte man sich die Juden als Ziel. Das hat es in der russischen Geschichte immer wieder gegeben, auch in den letzten Tagen von Josef Stalin." Der gefürchtete Sowjetherrscher starb 1953 nach 26 Jahren Terrorherrschaft mit Millionen von Opfern.

"Mache mir Sorgen um die jüdische Gemeinschaft"

Die antisemitische Propaganda dürfte den Exodus jüdischer Russen noch befeuern. Der "Jerusalem Post" zufolge sind seit dem Überfall auf die Ukraine schon 20.000 Juden allein nach Israel ausgewandert, etwa 15 Prozent aller jüdischen Einwohner Russlands. Und die Regierung in Israel bereite sich auf viele weitere Neuankömmlinge vor. Der frühere Moskauer Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt deutet die Auswanderungswelle auch als politische Stellungnahme vieler Juden gegen den Überfall auf die Ukraine.

Der Gelehrte selbst kehrte Russland schon Anfang März den Rücken. Nach Angaben seiner Schwiegertochter hatten die russischen Behörden den 58-Jährigen unter Druck gesetzt, die Invasion öffentlich zu loben – doch Goldschmidt soll sich geweigert und das Exil vorgezogen haben. "Die Stimmung in russischen jüdischen Gemeinden ist bedrückend. Viele Juden sind ausgewandert, ein Teil der Menschen sitzt auf gepackten Koffern", sagte Goldschmidt im Juni der "Jüdischen Allgemeinen". Gebessert hat sich die Lage aus seiner Sicht seither nicht, im Gegenteil.

"Ich mache mir Sorgen um die jüdische Gemeinschaft in Russland und ich bin nicht der Einzige", sagte Goldschmidt kürzlich dem Sender Deutsche Welle. "Es gibt viele Gründe, das Land zu verlassen, vor allem der wachsende Antisemitismus und die Möglichkeit, dass der Eiserne Vorhang sich wieder schließt und es dann unmöglich wird, das Land noch zu verlassen."

Verwendete Quellen
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