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Andrij Melnyk: "Deutschland ist unser wichtigster Partner"


Andrij Melnyk
"Befürchte, dass die Zeit gerade auf Russlands Seite ist"


Aktualisiert am 22.02.2023Lesedauer: 3 Min.
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Andrij Melnyk, Botschafter der Ukraine in Deutschland: Melnyk fordert eine Zusage zu weiteren Waffenlieferungen von Scholz.Vergrößern des Bildes
Vize-Außenminister Andrij Melnyk: Bis Oktober 2022 war er Botschafter der Ukraine in Deutschland. (Quelle: Christian Spicker/imago-images-bilder)

Seit Oktober 2022 ist Andrij Melnyk nicht mehr der ukrainische Botschafter in Berlin. Deutschland kann er trotzdem nicht hinter sich lassen. Das hat Gründe.

Sieben Jahre lang war Andrij Melnyk Botschafter für die Ukraine in Deutschland. Im Oktober vorigen Jahres wurde er abgezogen und ist seitdem ukrainischer Vize-Außenminister. Im neuen "Spiegel"-Podcast "Moreno+1" des Journalisten Juan Moreno ist er der erste Gast und spricht über traumatisierte Kinder in der Ukraine, seine Begegnung mit Kremlchef Wladimir Putin und warum er Deutschland einfach nicht hinter sich lassen kann.

In Deutschland wurde Melnyk mit dem Beginn des Ukraine-Krieges einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Dabei trat er vor allem als harscher Kritiker der anfangs zögernden Bundesregierung auf. Nachdem das Kanzleramt eine Reise nach Kiew abgesagt hatte, beschimpfte er Bundeskanzler Olaf Scholz als eine "beleidigte Leberwurst". Er sei dafür bekannt, sich in Deutschland mit wirklich jedem anzulegen, der dafür plädiert, der Ukraine keine Waffen zu liefern, moderiert Moreno seinen ersten Gast an.

Der Journalist wirft ihm "mangelnde Empathie" vor und das, obwohl seine "ganze Aufgabe ist ja genau diese Empathie bei den Deutschen zu wecken, damit sie für die Ukraine empfinden und mitfühlen", sagt Moreno. "In diesen dunklen Zeiten muss man auch manchmal ein bisschen provokanter formulieren, damit die Menschen überhaupt erst merken, dass etwas nicht in Ordnung ist", verteidigt sich Melnyk im Podcast. "Meine Frau sagt mir jeden Tag, kannst du auch mal vergessen und dich nicht mehr einmischen?", so Melnyk. "Aber ich breche immer wieder mein Versprechen."

Deutschlands Rolle im Ukraine-Krieg

Er kann Deutschland einfach nicht loslassen. Im Podcast sagt Melnyk dazu: "Ich wünschte mir, ich könnte loslassen und einfach nicht mehr lesen, was in deutschen Zeitungen geschrieben wird, aber ich habe das bis heute nicht geschafft." Er hänge auch immer noch sehr an Deutschland, da das Land eine große Bedeutung für die Ukraine habe. "Deutschland war, ist und wird auch in der Zukunft unser wichtigster Partner in Europa bleiben."

Von Deutschland seien laut Melnyk all die zukünftigen Entscheidungen abhängig, die von strategischer Wichtigkeit sind, beispielsweise die EU- und Nato-Mitgliedschaft der Ukraine. Außerdem sei die Ukraine auf die Waffenlieferungen aus Europa angewiesen. "Ich befürchte, dass die Zeit gerade auf Russlands Seite ist, weil sich Russland auf einen langen Krieg eingestellt hat", sagt Melnyk. Putin könne sich das trotz der Verluste durch Sanktionen leisten. "Russland kann weiterhin schwere Waffen und Kampfpanzer produzieren. Und er hat leider noch viele Reserven. Wir dagegen sind angewiesen auf die Hilfe unserer Verbündeten."

Einmal in seinem Leben sei Melnyk als junger Diplomat im Jahr 2006 in Kiew Putin begegnet. "So wie ich ihn erlebt habe, war das schon heftig". Der Ton und wie er seinen Willen diktierte, erschrak ihn schon damals, obwohl Putin noch nicht lange an der Macht war.

Zwischen Grundschule und Schutzbunker

Heute ist klar, dass Russland die Ukraine terrorisiert, meint Moreno, "aber ich glaube auch, dass die Gefahr ist, dass er sie langfristig traumatisiert." Der Journalist spricht von der hohen psychischen Belastung der Kinder in Deutschland während der Pandemie und fragt Melnyk, wie die Situation für die Kinder in der Ukraine derzeit ist. Melnyk erzählt daraufhin von seiner Nichte, die in diesem Jahr eingeschult wurde und nur an die Kiewer Grundschule gehen kann, weil sie einen Schutzbunker in der Nähe hat.

"Wenn es zwei-, drei-, viermal am Tag Luftalarm gibt, müssen die Kinder in den Bunker, manchmal eine Stunde, manchmal zwei und nach der Entwarnung gehen sie zurück in die Schule, nur um kurz darauf wieder in den Bunker zu fliehen", erzählt Melnyk. "Man kann sich daran nur vorstellen, wie groß die Belastung für die Kinder ist." Melnyk ist davon überzeugt: "Nach dem Krieg brauchen wir psychologische Betreuung im ganzen Land."

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