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Corona in Frankfurt am Main | Laborleiter: "In Hotspots brennen die Labore"


PCR-Tests auf Allzeithoch
"Labor-Mitarbeiter schlagen sich Tag und Nacht um die Ohren"


19.01.2022Lesedauer: 3 Min.
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Eine Labormitarbeiterin bei der Arbeit (Archivbild): Durch die neuen Quarantäne-Regeln kommt das Personal in den Laboren an seine Grenzen.Vergrößern des Bildes
Eine Labormitarbeiterin bei der Arbeit (Archivbild): Durch die neuen Quarantäne-Regeln kommt das Personal in den Laboren an seine Grenzen. (Quelle: Future Image/imago-images-bilder)

Die Omikron-Welle lässt nicht nur die Infektionszahlen in die Höhe schnellen – sondern auch die Anzahl der durchgeführten PCR-Tests. Ein negativer Test verspricht Freiheit. Doch wie lange wird es die Tests für alle noch geben können?

Seit Anfang Januar gilt: Wer nach einem positiven Corona-Test in Quarantäne muss, kann sich ab dem siebten Tag freitesten lassen. Das sicherste Ergebnis liefert ein PCR-Test. Die Nachfrage ist entsprechend hoch.

In der vergangenen Woche wurden laut dem Verband Akkreditierte Labore in der Medizin (ALM) 1,95 Millionen PCR-Tests analysiert. Das entspricht einer Auslastung der Labore von 86 Prozent. Ein Allzeithoch, aber eben noch keine Vollauslastung.

Ist die PCR-Testlage also nicht so dramatisch, wie der Leiter des Corona-Krisenstabs, Generalmajor Carsten Breuer, in der vergangenen Woche befürchtet hatte?

Angesprochen auf die aktuelle Auslastung der Labore sagt Martin Stürmer, Leiter des IMD Labors in Frankfurt am Main: "Die Auslastung der PCR-Labore ist regional sehr unterschiedlich. In den Hotspot-Regionen, wie etwa hier in Frankfurt, brennen die Labore."

Frankfurt am Main: Alternativen sollen PCR-Labore entlasten

"Ja, unsere Kapazitäten sind endlich", bestätigt auch Michael Müller, Vorstandsvorsitzender des ALM. Er selbst halte die nationale Teststrategie dennoch für gut und richtig. Es sei aber auch klar, dass man sich nicht aus der Pandemie "heraustesten" könne.

"Die PCR-Belastungsgrenze der Labore ist bekannt und nicht das allein vordringliche Thema. Die nationale Teststrategie sieht alternative Möglichkeiten bei knappen PCR-Kapazitäten vor, auf die wir zurückgreifen können, um die PCR-Labore zu entlasten", erklärt Müller. Dazu zählten etwa das Syndromische Surveillance-Werkzeug und Antigentests.

Das Syndromische Surveillance-Werkzeug ist ein Instrument in Form einer Excel-Tabelle, welche medizinischen Versorgungsstellen in Massenunterkünften für Asylsuchende eine Hilfestellung geben soll, um mögliche Infektionsausbrüche zeitnah zu erkennen. Das Werkzeug wurde 2016 in Zusammenarbeit mit Massenunterkünften in Berlin entwickelt und erfolgreich pilotiert.

"Priorität hat die Testung von medizinischem Personal zum Erhalt der kritischen Infrastruktur", so Müller. "Bei Notfällen ziehen die Labore solche Tests im Tagesablauf vor."

Freitesten verdoppelt die Last in den Laboren

Stürmer steht der aktuellen Teststrategie kritisch gegenüber. "Die Möglichkeit, sich freitesten zu lassen, verdoppelt die Last, die die Labore schultern müssen. Das können wir in den Laboren nicht leisten", sagt er. "Als Labor-Chef bin ich froh über die Entlastung durch Antigen-Tests. Als Virologe schlage ich die Hände über dem Kopf zusammen, weil die Antigen-Tests im Vergleich zu PCR-Tests weniger valide sind."

Das führt zu einem weiteren Problem: Laut nationaler Teststrategie müssen positive Ergebnisse von Antigen-Tests durch einen zusätzlichen PCR-Test verifiziert werden. "Wenn bereits ein positives Testergebnis vorliegt und der Antigen-Test bei dem Versuch, sich freizutesten, positiv anschlägt, halte ich es nicht für notwendig, sich zusätzlich mit einem PCR-Test abzusichern", sagt Stürmer. "Wenn eine Infektion dagegen noch unklar ist, ergibt das natürlich Sinn."

Andreas Bobrowski, Vorsitzender des Berufsverbandes Deutscher Laborärzte (BDL), sieht den Einsatz von Antigenschnelltests zur Entlastung der Labore kritisch. "Die erwischen höchstens Ausreißer und erfüllen nur eine Alibifunktion. Am besten funktionieren diese Tests eigentlich nur bei Ungeimpften."

BDL-Vorsitzender: "Der Faktor Mensch ist entscheidend"

Doch neben der Masse an Tests gebe es noch ein Problem, meint Stürmer mit Blick auf die Personalsituation. "Es wird immer von den Belastungen im Pflegebereich geredet, aber wir müssen auch an die Labormitarbeiter denken, die sich Tag und Nacht die Zeit um die Ohren schlagen", sagt Stürmer. "Die können diese Last langfristig nicht bewältigen."

Auch Bobrowski ist der Ansicht, dass in den Laboren fachkundiges Personal fehlen würde. "Der Markt wurde in den vorherigen Wellen schon abgegrast. Tests und Material haben wir genug, der Faktor Mensch ist entscheidend. Und das Menschliche hat nun mal seine Grenzen."

Um Team-Ausfällen aufgrund von Infektionen vorzubeugen, hat Stürmers Labor in Frankfurt am Main längst Maßnahmen getroffen. "Unsere Mitarbeiter tragen durchgehend FFP2-Masken und sind zu einem Großteil durchgeimpft und sogar geboostert", berichtet Stürmer.

"Außerdem führen wir bei jedem dreimal die Woche einen PCR-Test durch, um sich anbahnende Infektionen frühzeitig zu erkennen." Schichtdienst und die Aufteilung von Mitarbeitern seien in einem kleinen Labor dagegen nicht umsetzbar.

Mit Priorisierung und Vorbereitung durch die vierte Welle

Was also besser machen? In Bezug auf die nationale Teststrategie wünscht sich Stürmer eine regionalere Abfrage der Laborkapazitäten. "Große Laborketten können die Proben bei hoher Auslastung auch an andere Standorte weiterleiten. Wir als Einzelkämpfer haben dagegen nicht die Möglichkeit und müssen die Last nahezu allein tragen."

Bobrowski hält die Priorisierung der Tests für einen guten Weg, um die Labore zu schonen, und gibt sich zuversichtlich: "Wir sind gut aufgestellt und werden auch diese Welle überstehen. Schließlich ist Omikron zwar höchst ansteckend, aber nicht so tödlich."

Mit der nationalen Teststrategie als Schlüssel sieht auch Michael Müller der vierten Welle optimistisch entgegen. "Im Vergleich zu 2020 stehen uns deutlich mehr PCR-Tests zur Verfügung. Es gibt Ausweichmöglichkeiten", sagt er. "Wir stehen Omikron weder macht- noch hilflos gegenüber."

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Gespräche mit Dr. Michael Müller, Dr. Martin Stürmer und Dr. Andreas Bobrowski via Telefon
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